Kristallisierende Wassertropfen
Teil 4/2
ethische Probleme der Luzidität

Werner Zurfluh
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Wassertropfen Teil 4/1

AI = aktive Imagination
LD = luzider Traum (LD - lucid dream, Klartraum)
OOBE = ausserkörperliche Erfahrung (AKEl, out of body exxperience)
BK = Ich-Bewusstseins-Kontinuität


CG = Beiträge von Christoph Gassmann (Homepage)
CR = Beiträge von Christoph Roos (Homepage)
RFR = Beiträge von Remo F. Roth (Homepage)

2.4. Der Ebenenwechsel

Bei der AI geht es - wie bei LD's und OOBE's - um ein bewusstes Eintreten in eine ‚phantastische Welt'. Dabei handelt das Ich aktiv und in eigener Verantwortung. Es interagiert zurückhaltend, beobachtet kritisch und verhält sich situationsadäquat. «Das ist erstens und hauptsächlich darum wichtig, weil sonst seelisch-real gar nichts passiert. Man phantasiert ins Uferlose und bleibt doch selber unverändert; in zweiter Linie auch, weil dadurch ein zu schnelles Strömen und ein Wuchern der Phantasie ins Uferlose abgebremst wird» (von Franz 2001:42). Praktisch bedeutet dies, dass sowohl der "phantasiebeladene Tagtraum" als auch der "bewusstlose Normaltraum" aufgegeben werden und eine "bewusste Jenseitsreise" angetreten wird...0.0

In der Übergangsphase bzw. dem Ebenenwechsel ist unbeirrt an einer Vorstellung festzuhalten, bis sich die "wahre Gestalt" zeigt. Weil dies in der Einschlafphase des physischen Körpers, d.h. im hypnagogischen Zustand, viel eher gelingt - und zwar ohne Bewusstseinsminderung - ist nicht einzusehen, weshalb die AI besser sein soll als eine OOBE. Es sei denn, es würde wert darauf gelegt, dass die Bewegungsfähigkeit (Motorik) des physischen Körpers bestehen bleibt.

Wie die Erfahrung vom 20.Januar 1974 zeigt, kann ein Ebenenwechsel zu einer "Jenseitsreise" führen. Die Kommentare sind - den damaligen Umständen entsprechend - sozusagen tiefenpsychologisch angehaucht. Die "Sennenpuppe" erscheint hier nicht als lebendig gewordene Holzpuppe, sondern in Gestalt meiner Frau Cathy. Sie begleitet mich auf der "Fahrt ins Jenseits", erweist sich jedoch als Belastung aufgrund einer Fehleinschätzung meinerseits. Ich trage sie nicht aus Jux und Tollerei vom Diesseits ins Jenseits hinüber, sondern weil sie mitgenommen werden möchte. Es kann sich jedoch aufgrund einer "Inkompatibilität" als sehr problematisch erweisen, wenn lebendige Wesen von der einen auf die andere Seite gebracht werden. Dies zeigt die Sennenpuppensage, dies zeigt aber auch das folgende Erlebnis.

19.1.74 In der "Epileptischen Anstalt Zürich" Demonstration der myoklonischen Epilepsie. Das 1½ stündige Gespräch mit der Patientin war sehr ergiebig, denn dabei kam das ganze relativ flexible Wahnsystem zum Ausdruck. Die Patientin selber schien sogar eine religiöse Haltung ihrer Krankheit gegenüber einzunehmen. Es war sehr beeindruckend.

Gespräch mit einem angehenden Jungianer während der Eisenbahnfahrt. Mein Eindruck ist, dass bei ihm eine gehörige Portion Naivität vorhanden ist, und ich wundere mich über die Arbeit seines Schulanalytikers. Wesentlich scheint mir, dass auch er - wie ich selber - die Tendenz hat, sich zu sehr auf den Analytiker zu verlassen, statt selber die eigentliche Hauptarbeit zu machen. Von einem Analytiker müsste eigentlich erwartet werden können, dass er den Patienten ausdrücklich darauf hinweist, es sei unbedingt notwendig, selbstständig zu arbeiten. Selbständigkeit müsste vom Analytiker sogar gefordert werden, z.B. mittels gezielter Fragestellungen, denn nur so wird der Patient gezwungen, selber nach den Antworten zu suchen.

(CG: Dies entspricht auch meiner Erfahrung. Ich profitierte von der Traumarbeit wesentlich mehr, als ich selbständig und für mich mit Träumen zu arbeiten begann. Es ergaben sich mit der Zeit Fragestellungen, die in meiner Analyse nie aufgetaucht wären, da sie in den Kontext, den mein Analytiker und ich festlegten, nicht hineinpassten. Das Setting und die Zielsetzung einer Analyse schränkt den Blickwinkel ein. Ich als Analysand delegierte einen guten Teil meiner Verantwortung an den Analytiker, von dem kam aber wenig zurück, was eine unbefriedigende Situation war. Das scheint mir eine grundsätzliche Falle zu sein, aus der viele kaum mehr herauskommen, da man ja zu einem Fachmann geht, weil der mehr weiss oder kann, um selber weiter zu kommen. Ich glaube viele der Analysanden, die später ebenfalls Analytiker wurden, sind bei diesem Problem hängen geblieben. Sie konnten ihre Idealisierung und damit die Delegation der Verantwortung nie richtig durcharbeiten und erhielten ihre Macht nur zurück, indem sie selber Analytiker wurden, um dann eifrig in die Supervision zu gehen, da sie ihrer Kraft keinen Glauben schenken konnten und sich selber nicht vertrauten. Die Abhängigkeit bleibt damit aber bestehen. Kein Wunder, dass es darum in der Tiefenpsychologie kaum mehr Innovationen gibt.

Das Setting der Analyse kann dazu verhelfen, sich regelmässig an Träume zu erinnern. Als ich die Analyse beendete, waren die Träume schlagartig weg. Auch hier ist der Analytiker offenbar eine Krücke, der einem bei der Stange hält. Wenn man selber mit den Träumen arbeitet, so verlangt das wesentlich mehr Eigendisziplin, ein Problem, an dem viele scheitern.)

19.1.74 Ich hege immer mehr den Verdacht, der Analytiker sei prinzipiell "zu befangen". In bezug auf meine eigene Schulanalyse wäre zu bemerken, dass der Schulanalytiker sozusagen nichts von sich selber preisgegeben hat und deshalb nur vage und unbestimmt "charakterisiert" werden konnte. Dadurch aber wurden Projektionen eher gefördert denn verhindert. Auch mein Schulanalytiker hätte durch gezielte Fragestellungen wesentlich mehr aus mir herausholen können. Fragen können nämlich so formuliert werden, dass der Spielraum für Antworten genügend gross bleibt. Der Patient wird nicht vergewaltigt, sondern für die subtilen bzw. heiklen Inhalte sensibilisiert.

Meine eigene diesbezügliche Erfahrung als Analytiker ist doch zum Teil sehr positiv. Wenn seitens eines Patienten keine Antwort auf eine spezifische Frage kommt, kann und muss die Frage anders formuliert werden - und zwar so lange, bis sie "passt" und eine Antwort möglich wird.

Sonst ist noch anzumerken, dass ich gestern sehr lange an der Schreibmaschine gesessen bin. Derart lange, dass ich begann, huschende Wesen aus den Augenwinkeln zu sehen. Diese schwirrten wie dynamische Seelenteilchen an der "Randzone des Bewusstseins" herum.

Ich stehe im Garten vor unserer Wohnung und schaue - im Bewusstsein, im Traumzustand bzw. ausserkörperlich zu sein - über die Grenze nach Frankreich. Die Lage entspricht exakt der Alltagswirklichkeit! Weit hinten ragen die "Vogesen" wie ein mächtiges Gebirge in die Höhe. Es sind schneebedeckte Steilhänge, graue Felspartien und majestätische Gipfel zu sehen. Darüber wölbt sich ein kristallklarer, blauer Himmel, über den weissen Wolken ziehen.

Die Ausgangssituation ist als das "Hier und Jetzt" gekennzeichnet. Dies besagt, dass damit die momentane Situation des Ichs charakterisiert wird. Ich stehe als Person exakt an diesem Ort und erblicke nun Dinge, die früher nicht gesehen werden konnten. Hierzu ist zu sagen, dass in früheren Träumen die Wohnlage ebenfalls in der Nähe eines derartigen Gebirges angesiedelt war. Damals aber standen die Berge näher und waren weniger hoch. Nun hat sich landschaftstypologisch gesehen die Lage "normalisiert", das heisst es besteht nun meines Erachtens der richtige Abstand zum Gebirge. Es ist weder zu nahe noch zu fern. Gerade noch in Sichtweite. Psychologisch würde das heissen, dass ich von meinem psychischen Jetztsystem aus, welches durch die Realitäten des täglichen Lebens sowohl wie der Auseinandersetzung mit dem Unbewussten von dieser Basis aus gekennzeichnet ist, eine korrekte Einstellung gefunden habe. Ich stehe an der Grenze, aber nicht jenseits der Schwelle und bin gewissermassen als jemand definiert, der "auf dem Zaun sitzt". Von hier aus blicke ich "hinüber" in das Land im Westen, in das Totenland, das Jenseitsland, in die Anderwelt - denn die "Vogesen" liegen im Westen bis Nordwesten.

Ich spüre, dass die Zeit gekommen ist, eine kurze Reise zu jenem Gebirge zu unternehmen. Der Grund hierfür ist, dass abgeklärt werden muss, welche Wesen dort leben. Dies ist deshalb notwendig, damit ich mich ihnen gegenüber genau definieren kann und die Unterschiede kennen lerne. Dazu gehört auch das Wissen um deren Grösse im Vergleich zu der meinen.

Dazu ist kaum etwas zu sagen. Es geht tatsächlich um eine Abgrenzung von der Jenseitswelt. Diese ist von der diesseitigen (Alltags-) Welt zu unterscheiden und muss in ihrer Eigenart bekannt sein. Um diese Bedingungen zu erfüllen, trete ich sozusagen meine erste bewusst unternommene Jenseitsreise an.

Mir ist klar, dass ich nur mittels Fliegen innerhalb der mir zur Verfügung stehenden Zeit - also während der Schlafphase des physischen Körpers - zum Gebirge kommen kann. Sonst versuche ich stets, mir ein Gebiet zu Fuss zu erwandern. Aber jetzt bereite ich mich auf den Abflug vor.

(RFR: Gemäss meiner Erfahrung weisen Träume vom kontrollierbaren Fliegen oder Schweben darauf hin, dass im betroffenen Menschen eine Transformation der physischen in die objektivpsychische Energie (vgl. Die objektivpsychische Energie...) konstelliert ist. Sie geschieht wahrscheinlich im luziden Traum, sicher aber in meiner Körperzentrierten Visualisierungtm. Letztere ist jedoch nur im Zustand des Eros-Bewusstseins möglich, der wahrscheinlich wiederum jenem entspricht, den Werner Zurfluh als Bewusstseins-Kontinuität (BK) beschreibt. Die Symbolik des Schwebens erscheint, weil die objektive Psyche (das kollektive Unbewusste) eine "antigravitative" Qualität besitzt. Wenn daher physische Energie (Körpermaterie) in objektivpsychische Energie (Bild der Visualisierung) umgewandelt wird, kommt der Moment, in dem sich Gravitation und Antigravitation die Waage halten - der Körper schwebt.

C.G. Jung beschäftigt sich mit der Antigravitation im Zusammenhang mit deren Auftreten bei den UFO-Erscheinungen. Er meint in seinem UFO-Artikel Ein moderner Mythus (GW 10, S. 383):

«Alle Dinge unserer Erfahrung unterliegen der Gravitation bis auf die eine grosse Ausnahme, die [RFR: objektive] Psyche. Sie ist sogar die Erfahrung der Gewichtslosigkeit selber. Das psychische 'Objekt' und die Gravitation sind unseres Wissens inkommensurabel. Sie scheinen prinzipiell verschieden zu sein. Die Psyche repräsentiert den einzigen uns bekannten Gegensatz zur Gravitation. Sie ist eine Antigravitation im eigentlichen Sinne des Wortes.»

Dann verweist er auf die Levitation der Parapsychologie und «andere, Zeit und Raum relativierende, psychische Phänomene, die nur noch von Unwissenden geleugnet werden».

Weiter hinten (ebd., S. 454) delegiert er dann allerdings die Lösung der Frage der Antigravitation an die Physik. Er verwirft die Hypothese, dass UFOs "ein psychisches Etwas [darstellen], das mit gewissen physikalischen Eigenschaften ausgestattet ist" und kann noch nicht sehen, dass der Prozess der Transformation der physischen in die objektivpsychische Energie tatsächlich existiert und empirisch wahrgenommen werden kann. Dieser Mangel beruht seinerseits darauf, dass der revolutionäre Pionier der Tiefenpsychologie nicht erkennen konnte, dass das von ihm viel zitierte "abaissement du niveau mental" Pierre Janets einem neuen Bewusstseinsmodus entspricht, dem oben erwähnten Eros-Bewusstsein.

Der Unterschied zwischen der OOBE und den Erfahrungen der körperzentrierten Visualisierung besteht m.E. darin, dass im ersteren Fall das Logos-Bewusstsein, im letzteren jedoch das Eros-Bewusstsein beobachtet und agiert. Es ist auch sehr wahrscheinlich, dass die Typologie C.G. Jungs eine Rolle spielt. Denk-Empfindungs-Typen im Sinne Jungs würden demnach viel eher OOBE erleben, Fühl-Intuitions-Typen hingegen der Visualisierung näher stehen. Wie schon erwähnt (RFR-Kommentar in Kristallisierende Wassertropfen, Teil 3, Abschn. 1.3), besteht der wesentlichste Unterschied zwischen OOBE und Visualisierung darin, dass in letzterer ein Gefühl und eine Körperempfindung der tiefsten Zentrierung in sich selbst entsteht, obwohl sich auch darin Raum und Zeit weitgehend auflösen.

Wir sind uns heute noch viel zu wenig bewusst, dass die physikalisch definierten Kategorien Raum und Zeit ganz wesentlich zum Logos-Bewusstsein gehören. Doch zeigt sich, dass heute - vor allem auch in den UFO-Sichtungs- und Entführungs-Phänomenen - die Aufgabe der Transformation des Logos-Bewusstseins in das Eros-Bewusstsein konstelliert ist, womit Raum und Zeit, da sie Kategorien des Logos-Bewusstseins darstellen, flexibilisiert oder sogar aufgelöst werden. Sowohl im UFO-Phänomen als auch in der OOBE geschieht diese Transformation jedoch unbewusst, weil das Logos-Bewusstsein nichts von deren Notwendigkeit weiss. Damit wird es aber mit der raumzeitlosen Welt unbewusst identisch, was zu den bekannten räumlichen und zeitlichen Anomalien führt.

Die Forderung Werner Zurfluhs nach "Bewusstseins-Kontinuität" (BK) ist daher von entscheidender Bedeutung. In meinem theoretischen Rahmen bedeutet diese, dass das System "Logos-Bewusstsein - ZNS-Erfahrung des Körpers" bewusst verlassen wird, um in das dazu komplementäre (kompensatorische?) System "Eros-Bewusstsein - subtle body (Körperseele mit ihrem Bauchhirn)" hinüberzuwechseln. Ganz eindrücklich zeigte sich mir diese Notwendigkeit im Fall einer HIV-positiven Frau, deren Träume und Visualisierungen sie darauf hinwiesen, dass sie das "UFO" in ihrem Bauch trägt, und daher über das "Bauchhirn" einen Kontakt mit der raumzeitlich relativierten Welt aufnehmen muss (vgl. Das UFO trägst du in deinem Bauch).

Mit Hilfe dieser Ausführungen klärt sich auch die OOBE C.G. Jungs, die Werner Zurfluh oben (Teil 3, Abschn. 1.6) beschreibt: Sie wollte Jung zeigen, dass er die Aufgabe gehabt hätte, in sich das Eros-Bewusstsein zu entwickeln, um derart die subtle body-Qualität des Körpers und den Prozess der Transformation der physischen in die objektivpsychische Energie erfahren zu können. Da er jedoch an der Hypothese der Geschlossenheit der objektivpsychischen Welt festhielt, in der diese Transformation nicht möglich ist, blieb ihm diese Einsicht verwehrt. Doch wurde seine Schülerin Marie-Louise von Franz infolge ihrer Erkrankung an der Parkinsonschen Kranheit (Schüttellähmung) dazu gezwungen, die Aktive Imagination Jungs auf den Körper auszudehnen, so dass sie gegen das Ende ihres Lebens noch in die von mir vorgeschlagene Körperzentrierte Visualisierung hineingefunden hat, in der die obige Transformation stattfindet.

Es bedeut für mich eine schreckliche Ironie des Schicksals, dass die neben Aniela Jaffé bedeutenste Schülerin C.G. Jungs ausgerechnet an der Parkinsonschen Krankheit erkrankte, in der die Phänomene Oszillation und Lähmung die Hauptrolle spielen. Eben diese bilden auch die Hauptmerkmale der UFO-Entführungen (vgl. Deutschbein, Th., Veränderte Bewusstseinszustände..., in: Fiebag, J.: Besucher aus dem Nichts, 1998, S. 234ff), und der OOBE sind sie nur allzu gut bekannt.)

Am 29. Dezember 1973 wurde ich (in einem LD) als Schamanenlehrling bezeichnet, der wie ein Pfeil vom Hier und Jetzt zum Ziel gelangt. Beim Flug lasse ich mich vom Schaft tragen. Dieser erscheint wie die Konkretisierung meines psychischen Hintergrundes, denn er bietet nicht nur die eigentliche Legitimation für mein Tun in LD's und OOBE's, sondern liefert auch den dynamischen Impuls für die Reise. Das Ich ist wie die Pfeilspitze, die trifft und dabei selber getroffen wird. Denn das "Auftreffen" auf einen kollektiven Komplexbereich im "Jenseits" betrifft auch die Bewusstwerdung des persönlichen Anteils dieses Komplexes. Und das kann sehr schmerzhaft sein! - Diese Art des Fliegens entspricht wohl der "Himmelsreise" eines Schamanen, die von der persönlichen psychischen Jetztsituation aus unternommen wird.

Meine Frau Cathy kommt aus der Wohnstube und möchte gerne mitreisen. Ich will ihr die Bitte nicht abschlagen und nehme sie in die Arme. Dann renne ich los und versuche, vom Boden abzuheben. Aber es gelingt nicht, weil die Belastung zu gross ist. Erst nach einer relativ langen Anlaufzeit gelingt der Start und dann fliegen wir - schneller und schneller werdend - in Richtung des mächtigen Gebirges. Die Berge kommen näher und näher.

Cathy kann psychologisch als Verkörperung meines extravertierten Gefühls bezeichnet werden. Aber das hat in diesen Regionen keine "Daseinsberechtigung". Ihre Anwesenheit erweist sich nachfolgend als Negativfaktor. Also könnte diese Mitnahme der eigentliche Fehler sein. Dieser führt nämlich dazu, dass das weitere Geschehen sich relativ zwiespältig entwickelt.

Die zusätzliche Belastung kommt schon in der Startphase zum Ausdruck. Denn das extravertierte Gefühl, das sich z.B. in einer übertriebenen Berücksichtigung "konventioneller Anschauungen" äussert, hält mich zu lange auf dem "realen" Boden fest. Damit kommt es zu einer Grenzverletzung, denn eigentlich sollte das Ich im jenseitigen Bereich - und der beginnt in diesem Fall schon nach wenigen Metern - den Boden überhaupt nicht berühren. Ein "touch-down" könnte sich nämlich negativ auswirken. Weshalb?

Der Grund ist folgender: Der Versuch, den Komplex "Gebirge" zu Fuss anzugehen, ist anmassend, denn ein solche Leistung ist in der mir zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu erbringen. Ich könnte aber auch selber sozusagen "egohaft aktiv" dahin fliegen und die Unterstützung der "anderen Seite" abschlagen. Das Ego könnte eine solche Reise durchaus erzwingen und sich nicht - wie eine Pfeilspitze - vom Reittier "Schaft" an ein unbekanntes Ziel tragen lassen. - Wenn ich mir nur schon vorstelle, wie viele Inhalte auf dem Weg zum Gebirge vorhanden sind, die mit meiner momentanen Aufgabestellung nichts zu tun haben, dann ist leicht zu erkennen, dass ein "Zu-Fuss-Gehen" unangebracht ist.

Das bewusste Fliegen - nicht als Flucht, sondern als Ausdruck einer sich bescheidenden Haltung - ist hier bestimmt korrekter. Das Ich wird von einer "unbewussten" Dynamik getragen - und zwar an einen Ort, der vom tragenden Hintergrund gemeint ist und angestrebt wird. Ein religiöses, d.h. rückbezügliches Ich lässt sich von der geistigen Dynamik tragen wie ein Staubkorn vom Wind.

Für mich ist es hier das allererste Mal, dass mir überhaupt klar wird, welche Konsequenzen diese Art des Fliegens hat. Dass das eigensüchtige Fliegen einer geistigen Inflation und nicht einer geistigen Dynamik entspricht, sollte ernsthaft bedacht werden. Ein luzides Ich sollte sich unbedingt einer religiösen Haltung befleissigen und sich "demutsvoll" dem "Wind" überlassen.

(RFR: Dieses Sich-Ausliefern ist das alles Entscheidende, auch in der Körperzentrierten Visualisierung. Die Dinge geschehen dann ohne oder sogar gegen den bewussten Willen. Oft ist dieser Moment mit einer plötzlichen, unerwarteten Veränderung im inneren Geschehen verbunden, die meist emotional schockartig wirkt, da das Ich sich dieser nicht willentlich entziehen kann. Für mich ist diese spontane Änderung eines der wichtigsten Merkmale für die Echtheit des Prozesses, da sie zeigt, dass das gerichtete Logos-Bewusstsein ausgeschaltet worden ist.)

Aber schon hier mache ich verschiedene Fehler. Erstens meine ich, diese jenseitigen Bereiche mit einem extravertierten Gefühl bewerten zu müssen, was sich eher belastend auswirkt. Dann beschleunige ich den Flug willentlich mit der mir bewusst zur Verfügung stehenden Energiemenge. Ich setze gewissermassen ein "magisches" Mittel ein, damit es schneller geht als die unbewusste Dynamik es haben will. Möglicherweise ist dieser "Willenseinsatz" nur deshalb notwendig, um das zusätzliche Gewicht ausgleichen zu können. Aber dann steht die dringend benötigte Energiemenge später nicht mehr zur Verfügung! Das Geschehen weist damit auf die von mir bis anhin nicht beachteten speziellen Gesetzmässigkeiten eines solchen Fluges und zeigt die grundsätzlichen Fehler.

Das Geschehen erhellt das Problem des Fliegens in einem LD. Es formuliert die Sache "prägnant" und gerafft und gibt zusätzliche Informationen über das Wesen des Himmelsfluges.

Während der späteren Startphase und des noch relativ niedrigen Fluges im ersten Flugabschnitt rennt ein Hund oder eine Katze nebenher. Das Tier will aufspringen, aber das gelingt nicht.

Diese "Nebenepisode" zeigt deutlich, was mir fehlt, nämlich der in diesen jenseitigen bzw. anderweltlichen Regionen sich auskennende Instinkt. Diesen hätte ich eigentlich an Stelle des extravertierten Gefühls - vor allem als Anfänger - mitnehmen sollen. Denn das Tier könnte mir alternative Verhaltensweisen aufzeigen. Aber die bereits vorhandene Belastung erlaubt es mir nicht, den Hund oder die Katze bzw. den "Katzenhund" aufzunehmen.

Hund und Katze sind irgendwie gegensätzlich, denn der Hund ist ein domestiziertes Tier, die Katze hingegen ist eher naturhaft wild. Beides sind jedoch Wesen, die aus dem Instinkt heraus leben und sich in den "tieferen Schichten des Unbewussten" auskennen!

Dass gerade diese Instinktform sich in Form eines Tieres verkörpert, weist - psychologisch gesehen - auf ein akutes Problem. Meine introvertierte Gefühlsfunktion ist noch zu wenig gefestigt, um mir in konkreter Form auf dieser Ebene personifiziert begegnen zu können. Dies dürfte eine Frage der "Affinität" bzw. der "Attraktion" sein, die sich in LD's stärker auszuwirken scheint als in einem Normaltraum. Einem bewussten Ich kann also in einem LD eher das begegnen, was ihm entspricht. Zumindest - so die Hypothese - geschieht dies deutlicher als in einem Normaltraum, weil die Aufmerksamkeit weniger von anderen Inhalten abgelenkt werden kann. Gerade dieser "Katzenhund" würde es mir erlauben, eine bewusstere Haltung gegenüber der introvertierten Gefühlsseite sozusagen direkt dank der Möglichkeit der bewussten Auseinandersetzung zu entwickeln. Diese Idee dürfte eine wesentliche Erweiterung des "Normalkonzeptes" der Tiefenpsychologie sein.

Der "Katzenhund" verkörpert hier die instinktiv wertende Haltung, die sich innerhalb des eigentlich unbewussten Bereiches direkt äussert. Das Geschehen ist ja luzid, also kann alles ohne den Umweg über den Wachzustand des physischen Körpers bewertet werden. Das Ich kann dem "Unbewussten" gegenüber eine bewusste Haltung einnehmen. Dadurch wird bzw. würde eine gefühlsmässige Differenzierung möglich, die für mich in dieser Situation dringend notwendig wäre. Aber noch sind mir diese Zusammenhänge zu wenig bewusst, so dass ich das Tier nicht "aufnehmen" kann. Die Belastung durch das extravertierte Gefühl ist zu gross. Nicht wegen meiner realen Frau, sondern deswegen, weil ich diese "äussere" Seite zu sehr gewichte bzw. überbewerte.

Es geht nicht darum, das "Alltägliche" ins "Jenseits" mithinüberzunehmen (vgl. auch "Märchenstrasse" (4.November 1973) in Von der Märchenstrasse bis zur ersten Traumerinnerung), sondern um den Einsatz einer instinktiv wertenden (Gefühls-) Funktion innerhalb einer "Märchenwelt". Nur der Instinkt lässt mich die Situation korrekt einschätzen und kann mich zum gemeinten Ziel führen. Nicht das xstravertierte Gefühl, das die Inhalte des "Unbewussten" auf seine Art deutet und nach kollektiven Bewusstseinskriterien ausrichtet. Denn im "Unbewussten" gelten andere Bewertungsmassstäbe, die Welt der Bewertung ist sozusagen "verkehrt". Was im Bereich des kollektiven Bewusstseins wertlos scheint, ist in der Welt des "Unbewussten" höchst bedeutsam.

Diese Sache weist auf die nunmehr wirklich dringend gewordene Problematik der Bewertung von Inhalten des Unbewussten schon während des Traumgeschehens. Ich kann nämlich unmöglich alle Träume im Wachzustand des physischen Körpers aufschreiben oder kommentieren und erst dann bewerten. Ich kann ja auch tagsüber im Bereich des kollektiven Bewusstseins nicht alles machen, was ich eigentlich gern tun würde. Es hat im Alltag wie in der "Märchenwelt" derart viele Inhalte, die mich interessieren, dass das extravertierte Gefühl hier im Alltag ebenso wertend eingreifen und Prioritäten setzen muss, wie "drüben" der "Katzenhund". Den "physischen" wie den "psychischen" Inhalten ist ein bestimmter Wert zuzuschreiben, der es erlaubt, differenziert zu entscheiden, ob etwas weiter verfolgt werden soll oder nicht. Eine Bewertung ist auch deshalb notwendig, weil sonst die Dinge auflaufen und destruktiv werden.

(RFR: Das Eros-Bewusstsein verfügt über das von Jung so genannte introvertierte Gefühl. Während das extravertierte Gefühl in hohem Masse der Kollektivmoral unterworfen ist, lässt sich das introvertierte Gefühl von einer individuellen Ethik leiten, die von Fall zu Fall unterscheidet, was richtig und was falsch ist.

Ein Beispiel, das mich sehr beeindruckte und mich die entscheidende Bedeutung des introvertierten Gefühls erkennen liess, möge diesen Sachverhalt illustrieren. Einer meiner Klienten wurde von einer inneren Stimme immer wieder aufgefordert, seine Traum-Frau zu vergewaltigen. Sein moralisches Gewissen weigerte sich beharrlich - und jedes Mal wurde er krank. Als dann seine Traum-Frau mit der Aussage "Schände mich!" ihn selbst dazu aufforderte, spürte sein introvertiertes Gefühl, dass dies richtig war, und er gab ihr nach. Daraus entwickelten sich weitere Visualisierungen, die zu meinem grössten Erstaunen nichts mehr mit der Sexualität zu tun hatten, jedoch sehr viel mit der Weiterentwicklung des subtle body (link1, link2), jenes inneren Aspektes des Körpers, der nicht mehr an räumliche und zeitliche Kriterien gebunden ist und gemäss Paracelsus sowohl der Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit als auch dem individuellen Leben im Jenseits dient (vgl. dazu vita longa). Das konkrete Eindringen in den Körper der Anima in der Visualisierung erweist sich somit als das notwendige Hilfsmittel, um den raumlosen Aspekt dieser Jenseitswelt zu erkennen und in ihn vorzustossen. Im Fall dieses Klienten war also die sexuelle Symbolik an die Stelle einer OOBE getreten. In beiden Fällen ist jedoch das Eindringen in die raumlose Welt der Körperanima konstelliert.

Dieses Beispiel - wie auch der luzide Traum Werner Zurfluhs - zeigt zudem, wie wichtig die Unterscheidung zwischen der Körperanima und der realen Frau ist. Erst diese Differenzierung erlaubt dem Mann, in einen Kontakt mit der raumlosen Körperanima und damit mit der raumzeitlosen Jenseitswelt zu kommen. Wie viele Vergewaltigungen könnten verhindert werden, wenn dieses Wissen weiter verbreitet wäre...!)

Wir fliegen in eines dem Gebirge vorgelagerten Täler. Bald einmal geht es ziemlich steil in die Höhe. Vor uns sind riesige, dunkelbraune Türme mit grünen, spitz zulaufenden Dächern. Diese sehen aus wie gigantische Tannenzapfen. Es sind mindestens vier Türme, in deren Mitte wir schliesslich schwebend zum Stillstand kommen. Die "Zapfen" sind atemberaubend gewaltig und werden beinahe mit jedem Atemzug höher und grösser.

Bereits schweben wir mehrere hundert Meter über dem Talboden - und die Türme wachsen und wachsen. Schon ragen sie mehrere hundert Meter über uns in den Himmel. Zudem ist ihr kreisrunder Umfang derart, dass sie durch ihre Grösse geradezu bedrückend wirken. Und dennoch scheinen sie schlank - wegen ihrer enormen Höhe. Die Mächtigkeit ist aber derart, dass mich die beklemmende Angst befällt, allein durch den blossen Anblick dieser "Schamanenbäume" zerquetscht zu werden.

Nun geht es darum, den Abertausenden von "Waben" eine eigene anzugliedern. Diese soll in Zukunft unsere Wohnung sein!

Plötzlich erscheint mein leiblicher Bruder aus der Alltagswelt. Wie der hierhergekommen ist, ist mir schleierhaft. Blitzartig werden die Türme kleiner und kleiner. Sie schrumpeln regelrecht zusammen und werden zu unscheinbaren Schachteln, an deren oberen Rand braunes Klebpapier absteht. Mein Bruder hebt sie vom Boden auf, falzt die Klebestreifen und klebt sie an den Rand der Schachteln.

Dieser Abschnitt zeigt in aller Deutlichkeit die Ambivalenz. Einerseits werden die Bauwerke überbewertet, andererseits völlig unterschätzt. Von der extravertierten Seite aus betrachtet gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste geht von einer extravertierten Gefühlsfunktion aus, welche die Türme total übersteigert, so dass die Gebilde schliesslich eine eigentliche Panik auslösen und das Ich zu erdrücken drohen. Die Angelegenheit "Schamanenturm" bzw. "Zirbelzapfen" (Epiphyse, drittes Auge) wird falsch eingeordnet. Denn eine solche "inflationäre" Bewertung kann nur in dem Falle zutreffen, wenn das "Unbewusste" als Absolutum gesetzt und damit ungeheuerlich dramatisiert wird. Aber bei einer derartigen Sichtweise kann die "Märchenwelt" nicht als eine Gegenwelt erkannt werden, in der ANDERE Wertmassstäbe gelten als in der durch das kollektive Bewusstsein dominierten "realen" Alltagswelt. Deren Repräsentant wäre dann mein Bruder, bei dessen Erscheinen das "Unbewusste" zu einem Klacks bzw. zu einer Pandora-Schachtel wird, die hermetisch mittels Klebeband zu verschliessen ist.

Für ein extravertiertes, "instinktloses" Gefühl sind solche (archetypischen) Inhalte des "Unbewussten" einfach nur "überwältigend", denn sie sprengen alle bekannten Kategorien des kollektiven Bewusstseins. Die Bewertung geschieht aber in einem nicht zutreffenden Kontext, der das Ich als ein absolutes Nichts erscheinen lässt. Wenn es nämlich nur das Unbewusste gibt, in dessen Welt das Ich NICHT luzid sein darf, gibt es auch kein Bewusstsein, das die Dinge korrekt einzuschätzen vermag. Dieser Sachverhalt müsste der sogenannten "wissenschaftlichen Tiefenpsychologie" eigentlich zu denken geben und sie dazu veranlassen, gewisse Positionen zu revidieren.

Jeder einzelne Turm könnte das EINE, das "Urschöpferische an sich" versinnbildlichen. Wie ein riesiger Phallus ragt er aus der Erde und ist bedeckt von einer vegetativen, "ewigen" Wachstumskraft, die alles Menschliche natürlich bei weitem übertrifft. Einen dieser Türme als absolut zu setzen würde gleichbedeutend sein mit einer totalen Vernachlässigung der anderen bzw. der Einzelphänome. Denn auch in den "Anhängseln" - den "Waben" - erscheint das Ganze. Zwar "nur" als Teil und als Singularität, aber eben als Manifestation der Gesamterscheinung. Ich muss somit unsere Wohnung an ein Prinzip anhängen, um zu erkennen, wie die persönliche Schöpferpotenz mit der kosmischen Schöpferkraft in Zusammenhang steht.

Die kosmische Potenz ist derart gewaltig, dass sich das Ich damit nicht vergleichen kann und darf. Mein persönliches psychisches System ist ihm offensichtlich eingegliedert und steht diesem Prinzip nicht als Opponent gegenüber. Das Kosmische würde sonst das Individuelle zerdrücken und zermalmen. Das Ich muss sich also als ein Teil des Ganzen sehen und erkennen und nicht als Opponent.

Letzteres ist wesentlich. Ich kann es nicht einmal gefühlsmässig "erfassen". Die Bedeutung dieses Sachverhaltes muss aber überragend sein, denn er enthält die Lösung etlicher Gegensatzprobleme zum Thema "Einheit-Vielheit" und "Teil-Ganzes". Auch "Christus als Anthropos, als Rebe - der einzelne Mensch als Blatt, Zweig, Wurzelteil oder Frucht" dürfte hier einzugliedern sein. Teile also nicht als Gegensatz zum Ganzen., sondern als Bestandteil des Ganzen.

Eine solche Bewertung des Teiles als integrierter Bestandteil des Ganzen muss auf der Seite des Unbewussten von einem Gefühl begleitet sein, das nicht identisch sein darf mit dem extravertierten Gefühl. Letzteres gibt eine Bewertung innerhalb des Ganzen eines kollektiven Bewusstseins, ersteres hingegen die Bewertung innerhalb des Ganzen des kollektiven Unbewussten.

Sollte die Bewertung jedoch nicht von einem introvertierten, instinktiven Gefühl ausgehen, kommt sofort eine extravertierte Schattenkomponente ins Spiel, die unbewusste Inhalte systematisch zu einem "Nichts als" verkleinert. Archetypisches wird in "Schachteln" katalogisiert, in Boxen verpackt, in die auch das Grossartigste scheinbar reinpasst. Es geht dann nicht um die Eingliederung des Ichs in einen grösseren Zusammenhang, sondern um eine (analytische) Zergliederung eines archetypischen Inhaltes. Für einen Vertreter des kollektiven Bewusstseins muss auch das Numinose utilitaristischen Zwecken zugeführt werden können - und zwar im "Handumdrehen".

Mein Bruder tritt auf, um mir das Unvermögen einer extravertierten Bewertung drastisch vorzuführen. Diese Lektion kann ich zunächst nicht verstehen. Mein Denken erweist sich als negativ, denn mein Bruder ist eine Art negatives Spiegelbild meiner selbst. Dem extravertierten Gefühl kann ich zunächst kein introvertiertes "entgegenstellen", denn das Tierwesen konnte nicht mitgenommen werden. Nun ist an Stelle des introvertierten Gefühls das Ich selber gefordert, um eine "denkerische" Einordnung zu versuchen. Es geht um eine Standortsbestimmung durch Einordnung der eigenen psychischen Struktur in die "Turmstruktur". Dies kann allerdings nicht dem Bruder überlassen werden.

Bei einem Ebenenwechsel geht es offensichtlich nicht bloss um ein einfaches "Mitnehmen" von "vagen Vorstellungskomplexen" beispielsweise in Gestalt einer Sennenpuppe oder in Gestalt meiner Frau Cathy - oder um eine Begegnung mit Ahnengeistern. Vielmehr erweisen sich das "Mitnehmen" und die Begegnung als eine Auseinandersetzung mit konkreten Gestalten. Im Moment der Konfrontation auf der "Jenseitsebene" nützt es nämlich überhaupt nichts, etwas oder jemanden als irrealen "psychischen Vorstellungskomplex" zu bezeichnen. Denn sogar mein Bruder erweist sich als ein wirkliches "Verkörperungsfeld", als ein Feld, das nicht nur im Alltag materiell vorhanden ist, sondern dessen konkrete Auswirkungen bis in die "Jenseitsebene" bzw. das "Unbewusste" hinein deutlich zu spüren sind. Praktisch bedeutet dies, dass das Ich sich im Jenseits ebenso zu verhalten hat wie im Diesseits - natürlich unter Berücksichtigung der jeweiligen "Gesetzmässigkeiten". Der moralisch-ethische Standpunkt ist entscheidend!


2.5. Der moralisch-ethische Standpunkt

Prinzipiell geht es bei AI's, LD's und OOBE's immer "nur" um das "Festhalten" der BK und damit des eigenen moralisch-ethischen Standpunktes, d.h. DER IN EIGENVERANTWORTUNG GESCHEHENDEN WECHSELWIRKUNG UND DER BEREITSCHAFT, SICH ALS MENSCHLICHES WESEN EINZUSETZEN UND IN EINE BEZIEHUNG SITUATIONSADÄQUAT EINZUBRINGEN. Denn «die Zweideutigkeit der Anima, Sprachrohr des Unbewussten», sagt JUNG, «kann einen Mann in Grund und Boden vernichten. Ausschlaggebend ist letzten Endes immer das Bewusstsein, das die Manifestationen des Unbewussten versteht und ihnen gegenüber Stellung nimmt» (Jung 1962:191).

Zur Frage des situationsadäquaten Verhaltens vgl. auch Die Dschungelblume und Die Stimme der Nacht und das Streben nach Erfolg.

(CG: Wenn die Ichfunktionen mehr oder weniger voll umfänglich vorhanden sind, entsteht auch das Problem der Verantwortung, bzw. der Konsequenzen eines Tuns. Ich lernte eine luzide Träumerin kennen, die in Schwierigkeiten geriet, weil sie von Ausserirdischen die Fähigkeit stahl, Materie zu manipulieren, und deswegen von den Ausserirdischen verfolgt wurde. So wie sie es mir mitteilte, hatte das auch Konsequenzen auf ihre physisches Leben und ihre psychische Befindlichkeit im Wachzustand. Ausserdem ist mir die Geschichte von Carlos Castaneda bekannt, der in seinem Buch "Die Kunst des Träumens" (Fischer Verlag, Frankfurt 1994) eindrücklich beschreibt, wie er von anziehenden anorganischen Wesen (= Traumwesen, die nie einen physischen, also organischen Körper hatten) verführt und in der Traumwelt festgehalten wurde, so dass er beinahe gestorben wäre. Er wurde von Don Juan und seinen Freunden in einer aufsehenerregenden Rettungsaktion gefunden und zurückgeholt, worauf er wegen den Folgen der Ereignisse noch mehrere Wochen rekonvaleszent war und der Pflege bedurfte. Beide Erfahrungen zeigen, dass es sehr wohl auf die Handlungsweise des Traum-Ichs ankommt und dass eine vorsichtige und eher zurückhaltende Verhaltensweise angebracht ist. Das hat nicht nur mit einem moralisch-ethischen Standpunkt zu tun, sondern auch mit der Erkenntnis, dass wir Erdlinge zu wenig wissen, um in der Traumwelt umsichtig agieren zu können.

Dieses Problem wird im übrigen in der Science Fiction Serie "Star Trek" (Raumschiff Voyager (Freitag abends SAT 1)) auf vergnügliche Art dargestellt. Die oberste Direktive der Sternenflotte ist es, nicht in das Geschick von fremden Kulturen einzugreifen, auch wenn sie helfen können, es sei denn, sie sind dazu gezwungen. Diese Serie kann dem luziden Träumer einige bedenkenswerte Anhaltspunkte geben.

In diesem Zusammenhang möchte ich ein Bild heranziehen, dass zur Orientierung hilfreich sein kann: Der luzide Träumer befindet sich in einer sehr ähnlichen Lage, wie es zu früheren Zeiten die Forscher waren, welche die Quellen des Nils finden wollten. Sie bereiteten sich vor und benutzten dafür alles verfügbare Wissen. Doch einige verirrten sich, wurden von Tieren oder Eingeborenen verletzt, getötet oder gefangen genommen. Obwohl sie ihr Abenteuer bewusst in Angriff nahmen, konnten sie sich nicht immer adäquat verhalten, ganz einfach weil ihnen das Wissen um die Eigentümlichkeiten dieser neuen Welt nicht zur Verfügung stand. Um dieses Problem zu umgehen heuerten sie einheimische Führer an, die ihnen Empfehlungen geben konnten, wie sie sich zu verhalten haben, um den Kräften der Natur nicht zu unterliegen und um fremde und unbekannte Tabus sowie Moralvorstellungen nicht zu verletzen. Aber wahrscheinlich wurden sie gelegentlich auch von diesen hinters Licht geführt oder übervorteilt.

Die Gesetzmässigkeiten der Traumwelten oder Astralwelten sind uns noch viel zu wenig bekannt. Auch die Sitten und Gepflogenheiten von anderen Bewusstseinskulturen sind fremd. Dies beinhaltet das Risiko mit Dingen konfrontiert zu werden, die nicht beabsichtigt waren und sich in Zusammenhänge zu verstricken, die für uns nicht durchschaubar sind. Ich glaube, Karma, das Gesetz von Ursache und Wirkung gilt auch für die Traumwelten. Man kann sich also in neue Umstände verstricken, die herbe Konsequenzen haben, auch für das physische Leben.

Verantwortliches, adäquates, ethisches und moralisches Handeln in der Welt der Träume heisst für mich demnach, sich nach kundiger Führung umzusehen. Dies kann der Rat von geübten luziden Träumern sein, oder aber auch ein verlässlicher Traumführer, ein Wesen aus der Traumwelt, ein Einheimischer mit Erfahrung. Denn ich bin mir nicht sicher, ob die Methode nach Versuch und Irrtum immer genügt, denn es kann nach einer mehr oder weniger spontanen, aber inadäquaten Handlung des Traum-Ichs auch zu spät sein (WZ Hierzu vgl. In einer fremden Welt ).

Dazu möchte ich einige Hinweise und Empfehlungen von Seth anfügen, einem "Energie Persönlichkeitskern, der nicht mehr in der physischen Welt zentriert ist" (siehe: Jane Roberts: Seth, Dreams and Projections of Conciousness, New Awareness Network, Manahasset, NY 1998). Die umfangreiche Literatur von Seth (z.B.: Jane Roberts: Gespräche mit Seth, Ariston, Genf 1972, oder die neu erscheinende und übersetzte Serie: Jane Roberts "Die frühen Sitzungen", Seth-Verlag, Sempach 2000) weist darauf hin, dass er diesbezüglich ein äusserst umfangreiches Wissen besitzt. Aus meiner Sicht ist es für luzide Träumer sehr empfehlenswert, alle verfügbaren Bücher von Seth zu lesen, es handelt sich bei ihm in der Tat um einen sehr versierten Insider, einem kundigen Einheimischen (siehe Seth). Er knüpft an die Erkenntnisse der Tiefenpsychologie an, geht aber weit darüber hinaus. Es scheint mir sinnvoller zu sein, sich damit auseinander zu setzen, als sich immer wieder an den Grenzen der Vertreter der Jungschen Psychologie zu stossen. Letztere ist meiner Meinung nach eine gute Wegbereiterin, eine Toröffnerin, ist aber in sich doch sehr begrenzt, vor allem da Jungs Nachfolger im Gegensatz zu ihm nicht so mutig sind, sich auf neues Territorium vorzuwagen und vor allem darauf aus sind, den Besitzstand zu wahren, zu vertiefen und zu zementieren.

Seth weist darauf hin, dass psychische Projektionen (LD's und OOBE's) durch drei verschiedene Körper bewerkstelligt werden können. Im ersten Körper überwiegen halluzinatorische Erfahrungen, die vorwiegend aus dem persönlichen Unbewussten des Träumers stammen. Diese können willentlich zum Verschwinden gebracht werden, indem man sich ihres halluzinatorischen Charakters bewusst wird und sie wegwünscht.

Körper zwei und drei sind recht frei von solchem halluzinatorischen Geschehen. Mit ihnen ist es auch möglich sich zunehmend vom menschlichen Lebensbereich zu entfernen und in ganz andere Erfahrungsbereiche vorzustossen. Da ist es dann ein grober Fehler, unerwünschte Erscheinungen wegzuwünschen, da dies erhebliche Komplikationen verursachen kann. Generell empfiehlt er eine beobachtende Position einzunehmen, da ein aktives Eingreifen zu unabsehbaren Verstrickungen führen kann.

Die Befreiung von persönlichen Halluzinationen durch Erkennen und Verarbeiten setzt uns jedoch nicht in eine objektive Position, da wir die meisten unserer Traumerfahrungen im Zusammenhang mit unserer physischen Welterfahrung in ein Zeitkontinuum und in einen dreidimensionalen Rahmen mit all seinen Gesetzmässigkeiten setzen, da uns etwas anderes gar nicht vorstellbar ist. Wir befinden uns dann immer noch im Rahmen des menschlichen Bewusstseins, des menschlichen Bezugssystems. Seth spricht in diesem Zusammenhang von Camouflage, von Tarnung, die den wahren Sachverhalt verschleiert. In diesem Sinn sind wir nicht offen für Neues und "interpretieren" alle unserer Erfahrungen im Traum, ob luzide oder nicht, im Rahmen des uns Vorstellbaren. Eine grössere Entfernung von unserem bekannten Bezugsrahmen ist bis heute wohl nur einigen Mystikern gelungen, die in das Unnennbare der Nicht-Dualität vorgestossen sind. Doch von ihnen kommt häufig keine Antwort oder dann ein hilfloses Gestammel, das für solche, die keine ähnliche Erfahrung gemacht haben weder nachvollziehbar noch verständlich ist. Dass das Bewusstsein das Menschen über das menschliche Bezugssystem hinauswachsen und damit nicht mehr als ‚menschlich' bezeichnet werden kann, halte ich für eine sehr bedeutende Perspektive. Hier steckt ein Potential, das weitgehend unerkannt geblieben ist. Wie hiess es noch in der Bibel? Ihr seid Götter! Natürlich steigt damit auch die Verantwortung in solchen Bereichen. So ist es sinnvoll einen Schritt nach dem andern zu tun und damit zu wachsen, auch in luziden Träumen.

Diese Drei-Körper-Theorie scheint mir sehr interessant. Sie würde das Problem der subjektstufigen und objektstufigen Interpretation nach Jung in ein neues Licht rücken, ausserdem wird dann auch Castanedas Empfehlung verständlich, im luziden Traum sich schlafen zu legen und sich in diesem Traum im Traum bewusst zu werden, da dieser Zustand dauerhafter und vorteilhafter sei.

Die Frage nach der kontrollierenden oder beobachtenden Haltung scheint mir auch in bezug auf die Schaffung von neuem Karma bedenkenswert zu sein. Im luziden Traum schaffen wir durch unser Verhalten neue Fakten und deren Folgen, die wir persönlich und auf Dauer zu verantworten haben. Sind wir uns dessen wirklich genügend bewusst? )

Das Ich kann aus diversen Gründen vernichtet werden. Aber wenn es bis ins letzte Detail die "Manifestationen des Unbewussten" analytisch zu verstehen sucht, vernichtet es seinerseits das "Unbewusste". Das Problem der Verantwortung und der Konsequenzen des Tuns ist besonders in den LD's schwerwiegend. Dies zeigt das Geschehen vom 17.Juli 1971:

.... Zunächst geht es darum, in einem mir unbekannten Haus bei einer Abzweigung nicht die falsche "Rutschröhre" zu erwischen. Die eine führt in die Tiefe direkt in die Kanalisation, die andere steigt ein Stockwerk höher und ist mit weissen Kunstharzplatten ausgelegt. Dies verleiht der Röhre eine grosse Rutschfähigkeit, aber es erschwert das Hinaufklettern bzw. den Aufstieg.

Endlich bin ich am oberen Einstiegsloch angelangt und strecke nur den Kopf aus der Röhre, um dem anregenden Treiben zuzusehen. Junge Mädchen in hübschen Kleidern laufen vorbei. Viele haben bloss ein Röckchen, das die noch kleinen und keineswegs ausgereiften Busen freilässt. Eines der Mädchen trägt ein paar ganz knappe weisse Höschen und einen durchsichtigen, nichts verhüllenden wallenden, bis zum Boden reichenden Schleier.

Die Gogo-Girls gaukeln dem Ich wie Nymphen und Sirenen eine Realität in der Art von erotischen Spielereien und Phantasien vor. Doch in dem Moment, wo das Ich versucht, diese festzuhalten und eine ernsthafte Beziehung aufzunehmen, werden die "schwebenden Wesen" sich "auflösen" und können manchmal sogar destruktiv werden. Dies hat insofern einen Realitätsbezug, als gestern ein Mann und eine Frau mich besuchen kamen, deren Beziehung zum Geplänkel geworden ist und sich nun aufgrund gegenseitiger Unehrlichkeit zu einem wahren Alptraum entwickelt hat.

Die Gefahr einer Dissoziation ist auch bei mir relativ gross, denn meine Instinktkräfte sind irgendwie krank. Ich lasse mich von der Dynamik des Unbewussten "verschaukeln" und bin deshalb den Gewalten mehr oder weniger hilflos ausgeliefert. Deshalb muss ich dem Geschehen gegenüber einen bewussten Standpunkt einnehmen.

Zuerst will ich nach einer der mädchenhaften Frauen grabschen. Aber ich komme rasch von dieser Idee ab, denn diese Geschöpfe scheinen mir viel zu jung. Bald einmal sind alle Mädchen durch eine Tür gelaufen, um ihre Plätze als Gogo-Girls und Statistinnen einzunehmen. Gleich werden die TV-Aufnahmen beginnen.

Dank der Tatsache, dass ich luzid bin, kann ich mich - IM Traum - dafür entscheiden, keine sexuellen Spielereien einzugehen. Ich verzichte auf die Belanglosigkeit eines derartigen Einsatzes der Bewusstheit - aber ohne BK wäre dieses "Opfer" nicht möglich! Es dürfte den Psychologen - wenn sie LD's als solche verneinen - schwer fallen, diesen Zusammenhang zu erkennen.

Auch ich gehe in den Aufnahmeraum und mische mich unter die vielen Zuschauer. Ein Teil der Mädchen schwimmt in einem grossen 'Aquarium" herum, das als Hintergrundkulisse dient. Dies ergibt einen sehr schönen Effekt, besonders wegen der zeitlupenartigen Bewegungen der schwimmenden und tauchenden weiblichen Gestalten. Zudem wird durch das Wasser alles in ein sanftes pastellfarbenes Licht getaucht.

Ich setze mich auf eine Holzbank ohne Lehne und blicke mich um. ... Einen der Regisseure erkenne ich. Er hatte damals die Regie geführt hat, als ich in einem Theaterstück den "Tod" verkörperte bzw. spielte. Auch er erkennt mich sogleich wieder und sagt: «Du hast doch im Stück 'Eins' gespielt!» - Das Stück hiess aber in Wirklichkeit "Tanz um Seelen - ein moderner Totentanz". Der Regisseur, an dessen Gesicht ich mich tagsüber überhaupt nicht erinnern könnte, scheint mir mit Sicherheit jener Regisseur zu sein. Mich wundert allerdings sehr, dass das "Unbewusste" ein derart klares Bild von ihm behalten hat.

Der Regisseur sagt: «Ich bin total erstaunt, dich nie in Schauspielerkreisen gesehen zu haben. Damals hast du doch sehr gut gespielt! Und ich war sicher, du wirst eine Laufbahn als Schauspieler machen. Hast du denn die Schauspielerei und die Psychologie aufgegeben?» - Offensichtlich betrachtet er Schauspielerei und Psychologie als dasselbe. - Ich antworte: «In der Zwischenzeit habe ich am Jung-Institut Psychotherapie studiert.»

Die Aufnahmen beginnen. Ich kann auch in eine der Fernsehkameras gucken und mich darum bemühen, zu einigen guten Einstellungen zu gelangen. Der Regisseur zeigt mir, wie man das Ding richtig einstellen muss.

Fernsehwelten sind Scheinwelten und entsprechen eher einem tagtraumartigen Phantasiengeplänkel. Das Weibliche als solches tritt in diesem Bereich in einer belanglosen und unentwickelten Form auf. Die Vielzahl der Gestalten verunmöglicht eine ernsthafte Auseinandersetzung. An diesem Ort sehe ich den Mann, der vor Jahren im "modernen Totentanz" Regie geführt hat. Damals war ich von der Welt des Schauspiels total fasziniert und wollte Schauspieler werden - und versuchte andauernd, die LD's zu manipulieren. Die Rolle des Todes erlaubte eine Identifikation mit dem "Unbewussten" - und mein damaliger bester Freund war der "Tod"!

Meine Einstellung bringt mich in grösste Gefahr, denn ich sehe die Welt nur noch wie durch eine Kamera. Alles lässt sich in einen "Bilder-Rahmen" einpassen - durch Ästhetisierung und Psychologisierung. Der direkte Kontakt mit der Realität des "Unbewussten" geht bei der Schauspielerei wie bei der Psychotherapie verloren. Dieser Zusammenhang konnte mir jetzt dank des Traumgeschehens endlich bewusst werden.

Anschliessend rede ich mit dem Regisseur über eine eventuell von mir zu übernehmende Rolle in einem Film. Dabei wird sukzessive aus der geplanten Filmrolle eine gelebte Wirklichkeit. Ich 'rutsche' gewissermassen in das abenteuerliche Geschehen hinein und vergesse dabei das, was zuvor geschehen ist. Es kommt also zu einer Art Überblendung.

Nun bin ich in einem äusserst gefahrvollen Sumpfgebiet und gehe gegen einen Fluss, dessen Uferbank total matschig und von Sumpfpflanzen aller Art überwuchert ist. Mächtige tote Bäume recken sich düster aus dem Morast. Im zum Teil verfaulten Schilf regt sich tausenderlei Getier. Es sind Insekten, Amphibien, Schlangen und Echsen. Dumpf lastet die feuchte Luft auf den verfilzten, moosüberzogenen Steinen. Träge wälzt sich der Fluss in grossen Wellen dahin. Das Wasser ist grau und dickflüssig wegen der mitgeführten Erde.

Ich rutsche aus einer "zwei-dimensionalen Scheinwelt" in die" dritte Dimension", von der Phantasiewelt in das wirkliche, objektive Geschehen im Reich des "Unbewussten". Dass ich dabei als erstes die Bewusstheit verliere, ist eine logische Folge der Unwissenheit. Aber der Verlust hilft mir immerhin, mich neu zu orientieren und vor allem zu realisieren, dass die BK nicht auf das beschränkt ist, was als Phantasie bezeichnet wird und der Regie bedarf.

24.7.01 Dieser Wechsel entspricht dem Lebendigwerden der Sennenpuppe und ist alles andere denn harmlos. Spätestens hier müsste das Ich luzid werden, um besonnen reagieren zu können. Normalerweise wird nämlich ein derartiges Geschehen von einem nicht-luziden Traum-Ich sofort als alptraumartig eingestuft. Es kommt zu panikartigen Reaktionen und ein Erwachen im physischen Körper wird erzwungen. Also findet tatsächlich eine Bewusstwerdung statt, allerdings auf der falschen Ebene.

Ich renne - so gut es geht - zum aufwärts fliessenden Fluss und versuche auf einen der grossen, abgestorbenen kahlen Bäume zu klettern, denn ein afrikanischer Büffel will mich angreifen! Seine mächtige braune Gestalt ragt bedrohlich aus dem hohen Gras und schwankt auf mich zu. Kaum habe ich einen der rindenlosen Stämme erklettert, bricht dieser in sich zusammen. Ich falle zu Boden und versuche sofort, den nächsten Stamm zu erklettern. Und wieder dasselbe. Auch der dritte Baum, der bereits recht nahe am Fluss steht, knickt ein. - Aber ich bin so weit hochgeklettert, dass ich sehen kann, wie die Uferbänke auf der anderen Seite des Flusses lebendig werden.

24.7.01 Bäume können in diesem Sumpfgebiet "nicht in den Himmel wachsen" und nicht gedeihen. Ihre Entwicklung wird vom Sumpf erstickt. Dieses Bild könnte darauf hinweisen, dass für mich 1971 das Aussage von Sigmund Freud in bezug auf das "Bollwerk gegen die Schlammflut des Okkultismus" irgendwie noch "hörbar" war und nun "mikrokosmisch" (subjektstufig) zur Darstellung kam. Andererseits könnte die Sumpfsequenz ein leiser Hinweis an mich gewesen sein, dass es mit dem Analytiker (bei dem ich in dieser Zeit die Schulanalyse absolvierte) und dem Jung-Institut sehr grosse Schwierigkeiten wegen der LD's und OOBE's geben könnte. Dies wäre dann die "makrokomische" (objektstufige) Seite. Und tatsächlich - mittlerweile scheuen viele Jungianer numinose Erfahrungen, LD's und OOBE's wie "der Teufel das Weihwasser".

Riesige, uralte Nilkrokodile wälzen sich in den Fluss und schwimmen auf mich zu. Mich packt die Angst, denn jetzt kippt der Baum definitiv und platscht in den Fluss. Sofort wird er von der Strömung mitgerissen. Mit aller Kraft klammere ich mich am Holz fest und blicke zu den Krokodilen, die mir für einen kurzen Augenblick bedrohlich nahe kommen. Aber zum Glück ist die Strömungsgeschwindigkeit stark und so schnell, dass die Reptilien mich nicht erreichen. - Ich kann aufatmen und lasse mich auf dem Stamm liegend weitertreiben.

Der Fluss wird immer schmäler, denn die Ufer rücken näher zusammen. Und schliesslich fliesst er in eine Höhle hinein. Aber die ist eigentlich ein riesiger Stall, in dem der Wasserpegel so weit absinkt, dass ich vom Stamm steigen, aufstehen und in den Fluten, die mir noch etwa bis zu den Knöcheln reichen, waten kann.

Den Büffel fasste ich 1971 als den Repräsentanten einer primitiven Sexualität auf, die mich verfolgt und bedrängt. Das Auftauchen des "Stieres" veranlasst mich zur Flucht und treibt mich in den Sumpf, d.h. in solche Bereiche der Psyche, die mir völlig unbewusst sind. In diesem leben Krokodile, Riesenechsen, die zum untersten Chakra gehören, das noch unter dem 2. Chakra liegt, das mit der Sexualität verbunden ist. Es könnte damit auf eine bloss begehrliche, materialistisch orientierte Haltung hingewiesen sein, die ich einzig zu ich-haften Zwecken ausnützen will. Das tiefer in den Sumpf Hineingeraten ist wie eine Regression. Zurück zum mütterlichen Urgrund. Aber der erweist sich als destruktiv, da ich dem Entwicklungsweg ausweiche und eine Konfrontation mittels Flucht vermeide. Dies alles hat der Schulanalytiker gelesen. Hier seine Ausführungen:

«Der Fluss fliesst aufwärts zur Quelle. "Es" will also, dass ich herauskomme aus dem Vorhergegangenen bzw. dem Sumpf. Der Büffel symbolisiert die primitive männliche Aggressivität, das Krokodil meint die Erdhaftigkeit, das Irdischen (Physische), welche das Ich zu verschlucken und zu absorbieren droht. Wenn jedoch das Holz gehalten wird, kann dem Ich nichts geschehen, denn es lässt sich von einer echten Dynamik des Unbewussten treiben - hin zur Quelle und damit zur eigentlichen Aufgabe.»

25.7.01 Die Frage ist nun die: «Muss man deswegen eine Schulanalyse absolvieren? Genügt es in diesem Zusammenhang, wenn einem in etwa das gesagt wird, was man selbst bereits geschrieben hat? Und wenn dann noch ein bisschen amplifiziert wird, ist die Ausbildungsstunde zu Ende!» Selbstverständlich ist es eine der Aufgaben des Analytikers, dem Patienten einen Spiegel vorzuhalten. Aber damit ist es wohl nicht getan - zumindest nicht in einer Schulanalyse. Gerade das Geschehen vom 17. Juli 1971 zeigt, dass die Auseinandersetzung mit dem "Unbewussten" eine höchst komplizierte Angelegenheit sein kann. Wenn erst einmal die "psychopathologische Seite des Alltaglebens" aufgearbeitet ist und damit die eher individuellen Komplexe bewusst gemacht worden sind, wird es schwieriger. Es wird sozusagen unerforschtes Neuland betreten, in dem die bisher geltenden Regeln zumindest modifiziert werden sollten.

Dass der Kaffernbüffel mich sofort nach dem Wechsel vom eher Oberflächlichen zum Ursprünglichen tiefer in den Sumpf treibt, zeigt, dass der Wechsel ein Aufbrechen einer unberechenbaren Dynamik provoziert. Einem "Crocodile Dundee" wäre es vielleicht möglich gewesen, die geballte Kraft zumindest zum Stillstand zu bringen. Aber dazu braucht es die Erfahrung eines "Naturburschen" im Umgang mit den Gegebenheiten der Wildnis. Ich selber hatte keinerlei Erfahrung mit solchen urschöpferischen Energiebündeln, denn niemand hatte mich jemals gelehrt, mich gegenüber dem "Numinosen" situationsadäquat zu verhalten - obwohl meine Heimat der Kanton Uri mit dem Wappentier "Stier" ist.

So fliehe ich denn "kopflos" tiefer in den Sumpf und falle schliesslich - an einem Baumstamm mich festklammernd - in den Fluss. Moor und Sumpf galten bei den Germanen als chaotische Entartungen des weiblichen Elements bzw. der fruchtbaren, bebauten Erde (vgl. Hans-Peter Hasenfratz, Die religiöse Welt der Germanen (Freiburg: Herder, 1992:61). Das mag durchaus zutreffen - von einem kulturellen (und auch tiefenpsychologischen) Standpunkt aus betrachtet. Aber vom Biologischen her gesehen ist ein Sumpfgebiet geradezu Wiege und Ursprung des Lebens. Und weil der psychotherapeutische Ansatz stark in Richtung Integration in die "europäische Zivilisation" tendiert, werden Konzepte und Möglichkeiten fremder Kulturen weder wahrgenommen noch ernsthaft in Betracht gezogen. Und Chaotisches wird prinzipiell und schon gar nicht toleriert.

Dass sich jemand vom "Unbewussten" mitreissen lässt und sich in die Welt der Krokodile und der Wildnis vertieft, ist eigentlich undenkbar bzw. ein Psychiatriefall. Meine damalige Fluchtreaktion ist somit systemkonform.

Der Stall ist - falls ich mich recht erinnere - dreigeteilt. Links und rechts auf gleicher Ebene sind zwei "Buchten". Dem Stalleingang direkt gegenüberliegend ist der grösste Raum. Alles ist regelrecht vollgestopft mit Tieren. Im Raum rechts sind Pferde, vorn sind Kühe. Auch Schweine sind in geringer Anzahl vorhanden. Links sind ebenfalls Kühe oder Pferde.

Das Besondere aber ist, dass dieser Stall weitaus das Schrecklichste ist, was ich jemals gesehen habe. Ich muss mich beinahe übergeben und habe die grösste Mühe, den Ekel zu überwinden, der mich hinwegzufegen droht. Dagegen war der Sumpf von vorhin direkt ein blitzsauberes Gebiet. Die Tiere sind grauenhaft dreckig, scheinen todkrank und überaus gefährlich. Auch lastet in diesem Stall eine fast nicht zu ertragende drückende Stimmung.

Für einen Augenblick wird mir mit aller Klarheit bewusst, dass ich träume. Dies IST ein luzider Traum, und ich frage mich, ob ich nicht schleunigst im physischen Körper erwachen soll. Denn dieses archetypische Geschehen ist ja nicht auszuhalten! Aber dann entscheide ich mich dafür, auszuharren und die Sache durchzustehen. Denn früher oder später werde ich etwas in dieser Art so oder so durchzustehen haben. Warum also nicht gerade jetzt!? Also bleibe ich an Ort - und damit erlischt das nunmehr zur Belanglosigkeit gewordene Wissen darum, in einem Traum zu sein.

Im Stall war meine erste Reaktion wiederum die Flucht. Doch glücklicherweise komme ich zur Besinnung und kann mich sogar dazu aufraffen, diesen Wahnsinn auszuhalten.

Der Schulanalytiker meinte damals, man müsse sich der eigenen Tiernatur bewusst annehmen! Und nur mittels einer Opferung würde der rein natürliche Aspekt eines Tieres aufgegeben. Wenn das natürliche Leben einfach nur so gelebt werde, geschähe gar nichts, denn es wird nicht bewusst. Aber durch Opferung wird es in einen anderen Zustand gebracht und kann bewusst werden. - Die Luzidität als solche wurde nicht einmal am Rande zur Kenntnis genommen.

Es wäre ein Missbrauch der Luzidität gewesen, sie dazu zu benutzen, aus dem Geschehen in irgend einer Form auszusteigen - sei es durch ein Erwachen im physischen Körper, sei es durch eine Veränderung der Szene in der Art eines Kulissenwechsels. Diese Möglichkeit besteht interessanterweise und sie könnte tiefenpsychologisch hinterfragt werden. Aber es scheint für die Tiefenpsychologen dasselbe zu gelten wie für die Älpler: Die Sennenpuppe wird auf der Alp zurückgelassen! Das wirkt sich jedoch fatal aus, denn die Alp wird unbestossbar, das "Unbewusste" unzugänglich. Es verliert jegliche Numinosität und wird belanglos bis hin zur totalen Sinnlosigkeit. Die Quintessenz des Lebens geht jedenfalls wie das Herz im manche Märchen verloren.

Für eine Weile muss ich noch die grässlichsten aller grässlichen Bilder ertragen. Dabei versuche ich beinahe verzweifelt - und voll Mitleid für diese Geschöpfe - herauszufinden, was hier getan werden könnte. - Und plötzlich weiss ich es intuitiv!

Es mag schwierig sein, etwas bewusst wahrzunehmen und zu ertragen, doch weitaus schwieriger kann es werden, situationsadäquat zu reagieren. Dass die Tiere vom Schmutz befreit werden müssen, weil sie sonst nicht überleben können, ist klar. Die seltsame trinitarische Einteilung ist augenfällig. Es geht auch nicht darum, wie ein Herkules den Stall auszumisten. Das Gebäude ist zwar dreckig, aber nicht zerrottet. Betroffen sind einzig die leidenden Tiere. Und denen ist durch ein Hinterfragen ihrer Situation nicht weitergeholfen.

Das Siechtum macht mich zutiefst betroffen, vor all auch deswegen, weil es mir unmöglich scheint, aufgrund meiner Kenntnisse die Tiere von ihrem Leiden zu befreien. Nur ein "Göttliches" kann hier noch helfen. Der Mensch vermag nichts! Und tatsächlich geschieht etwas, das ausserhalb jeder menschlicher Anstrengung liegt - es kommt zu einer blitzartigen Eingebung!

(RFR: Diese Eingebung, dieser "Ein-Fall" (von "aussen" fällt etwas in das Bewusstsein hinein) entspricht der oben erwähnten spontanen Änderung, die gemäss meiner Erfahrung das alles Entscheidende ist. Doch die Erfahrung dieses abrupten Wandels ist nur möglich, wenn das Geschehen mehr oder weniger passiv verfolgt wird, bis der emotionale Schock eintritt. Eine von den institutionalisierten Jungianern geforderte intellektuelle Analyse verunmöglicht aber eben dieses Erlebnis. "Analyse" heisst sinnigerweise wörtlich "Zerlegung", "Zersetzung" - die dann im weiteren Verlauf des luziden Traumes auch eintritt (s.u.).)

Ich öffne - mir ist dabei ein wenig flau in der Magengegend - die Stalltüren und lasse die Tiere in die Freiheit. Dabei sage ich genau zehn Mal dem Sinn nach:
«Werdet rein und geht in Frieden!»
Bei jeder Wiederholung des mantraartigen Satzes hellt sich die Düsterheit ein wenig auf. Der Stall wird nach und nach sauber und rein. Auch die Tiere 'hellen' auf und gesunden. Dabei verlieren sie ihre Gefährlichkeit und werden zutraulich und dankbar.

Kurz vor der zehnten Wiederholung gehe auch ich aus dem Stall. Dabei achte ich allerdings nicht darauf, ob wirklich alle Tiere aus ihren Boxen gekommen sind. Ich vermute bloss, dass alle draussen sind, bin mir aber nicht sicher. - Eines der letzten Pferde packe ich am Nacken, sage den befreienden Satz ein letztes Mal und schwinge mich auf den Rücken des Tieres. Dann reite ich davon.

Die Tiere sind wieder in Freiheit, doch hätte ich mich unbedingt der Tatsache vergewissern müssen, ob wirklich alle aus eigener Kraft den Stall haben verlassen können. Auf diese Unterlassung hätte mich der Schulanalytiker in der Analysestunde unbedingt hinweisen sollen, denn sie ist der Situation nicht angemessen. Aber wenn in erster Linie bloss gedeutet und zudem angenommen wird, ein Traum-Ich sei für sein Tun nicht verantwortlich, stellt sich die Frage nach dem Verhalten in einer Traumsituation niemals. Auch Psychotherapeuten scheinen mit solchen Fragen nicht direkt konfrontiert werden zu wollen.

Es geht in einer Analyse offensichtlich nicht darum, die Dinge so zu nehmen, wie sie dem (luziden) Ich begegnen. Vielmehr geht es um die schulkonforme Deutung und um die Transformation von Trauminhalten auf eine Ebene, die den Kriterien der sogenannten wissenschaftlichen Tiefenpsychologie genügt. Dabei geht das "religere" bzw. die rückbezügliche Wechselwirkung verloren. Bei nicht-luziden Träumen mag dies noch toleriert werden, denn die Traum-Ichs «wissen nicht, was sie tun». Aber bei LD's und OOBE's zeugt dieses "Nicht-dergleichen-Tun" von einem Mangel an Mitleid.

Auf die Gefahr einer Analyse, die damit legitimiert wird, dass sie um einer Synthese willen durchgeführt wird, die ganz bestimmte - vom Analytiker und der Gesellschaft (implizit) vorgegebene - Kriterien erfüllt, macht mich der weitere Verlauf des Geschehens aufmerksam.

Ich reite auf einem schmalen Naturweg hinan, der zwischen alten kleinen Häusern hindurchführt. Das Dorf scheint verlassen und macht einen baufälligen Eindruck. Nach etwa 100 Metern höre ich das Geräusch eines entgegenkommenden Autos. Es ist ein offener Jeep, der von einem ca. 35 Jahre alten Mann gefahren wird.

Wegen der Schmalheit des Weges ist das Kreuzen nicht möglich. Der Jeep stoppt vor einem Haus. Der Mann steigt aus. Ich will an ihm vorbei, doch er hindert mich daran. Wie ich dennoch weiterreiten will, droht er mir und sagt:
«Dich wird das gleiche Schicksal treffen wie meine Mutter!»

Das Männliche, das mir jetzt begegnet, versperrt mir den Weg mit Hilfe des technischen Hilfsmittels "Jeep". Das Gefährt ist ein äusserst geländegängiges Militärfahrzeug. Der uniformierte Mann scheint mir eher anmassend, denn er will mich allein aufgrund seiner äusseren Erscheinung am Weitergehen hindern. Ein bisschen erinnert er mich an einen Schulanalytiker, der neben seiner psychotherapeutischen Praxis noch Lehrstuhlinhaber an einer Universität ist.

.Ich erfahre, dass er die Frau mittels einer teuflischen Methode getötet hat. Er "impfte" sie mit einem "Tabakmosaikvirus".- Dieser löste ihre menschliche Gestalt in Tausende von lebenden Einzelteilen auf! Die Teile bedecken jetzt den steinernen Vorplatz des Hauses. Es sind kleine, sehr stark segmentierte, wurmartige Tiere. Da kreucht und wimmelt es! Ein schrecklicher Anblick, zumal sich die Viecher andauernd stark vermehren. Sie gebären Junge, die genau gleich aussehen wie die alten, aber natürlich viel kleiner sind. So klein, dass ich sie kaum sehen kann.

(RFR: Hier zeigt sich nun die destruktive Wirkung der "Analyse", der Zerlegung und Zersetzung, die der Arbeitsweise des von Werner Zurfluh erwähnten Lehranalytikers entspricht. In der Abhängigkeitssituation einer Lehranalyse muss eine solche Traumaussage unbedingt objektstufig genommen werden, das heisst, dass diese Sequenz ihn eindrücklich vor ihm warnt. Ich kenne diesen Analytiker ebenfalls, und interessanterweise habe auch ich ähnliche Erfahrungen mit ihm gemacht. Bei mir waren es äusserst eindrucksvolle Synchronizitäten, die mir von einer professionellen Beziehung mit ihm abgeraten haben.

Zugleich zeigt diese Sequenz auch ganz allgemein die grösste Krux der Jungianer: Der negative Mutterkomplex und -archetypus. Wie mir im Laufe der letzten drei Jahrzehnte immer klarer wurde, besteht die unbewusste Berufs-Motivation der meisten jungianischen Psychotherapeuten (ich kenne nur solche) darin, die "Mutter" und damit auch die Materie zu bekämpfen und zu entwerten, da sie diese negativ erfahren haben. Dies führt zu einem extremen Intellektualismus zum Zwecke der Abkapselung vom Unbewussten, zu einer Hypertrophie des Logos, die ihrerseits auf einer neuplatonischen Weltanschauung beruht. Diese hat schon Wolfgang Pauli den Vertretern des C.G. Jung-Instituts als gravierenden Mangel vorgeworfen (vgl. dazu Wolfgang Paulis psychophysischer Monismus...), da sie nicht der symmetrischen Auffassung der hermetischen Alchemie entspricht, in der Himmel und Erde, Geist und Materie (bzw. Körper) gleichberechtigte Prinzipien darstellen. Und es ist eben diese materie- und körperfeindliche Einstellung, die, wie Werner Zurfluhs luzider Traum zeigt, in die Zersetzung der mater materia führt. Damit wird es jedoch unmöglich, aus ihr die Weltseele (oder eben die Körperseele) zu befreien, wie die mittelalterlichen Alchemisten sich dies vorstellten. Modern ausgedrückt verhindert eine solche Einstellung den Einstieg in das Eros-Bewusstsein und den damit verbundenen Aufbau des subtle body (link1, link2), Auch die Stagnation der Jungschen Psychologie ganz allgemein - Wolfgang Pauli hat sie mit deren "Aufhängen von Quaternitäten fern vom Menschen im Himmel" in Verbindung gebracht (vgl. link) - hat mit eben diesem Phänomen zu tun.

Die Analyse, die Zerlegung in Einzelteile entspricht jedoch auch dem kollektiven Prinzip hinter der modernen Naturwissenschaft. Sie hat vergessen, dass das Teil und das Ganze letztlich ein und dasselbe sind, wie dies die mittelalterlichen Alchemisten noch gewusst haben (vgl. dazu Wolfgang Pauli und die Wiederkehr der Weltseele), und dass es eben die heute verlachte und verhöhnte Weltseele ist, die beide verbindet. Es entspricht daher einem grundlegenden Bedürfnis der heutigen Menschheit, das kompensatorische Gegenprinzip sowohl zur Analyse der Tiefenpsychologie als auch zu jener der Naturwissenschaft wieder zu finden, das die Menschheit von der Zersetzung der organischen Materie in destruktive "Viren" befreit um so ihr Überleben zu sichern. Wie wir unten sehen werden, spricht der letzte Teil des luziden Traumes Werner Zurfluhs von diesem in Zukunft zu erwartenden kollektiven Phänomen.)

Mittlerweile bin ich vom Pferd gestiegen. Die Jungwürmer sind aus dem Vorgarten hinaus auf den vorbeiführenden Weg gekrochen und wollen mich anfallen. Sie klettern auf meine nackten Füsse und steigen am Bein empor. Angeekelt schüttle ich sie ab. - Zwar könnte ich fliehen, aber ich weiss, dass eine Flucht den Befall bloss verzögert! Denn diese grässlichen Tiere befallen alle Menschen und breiten sich rasend schnell über die ganze Erde aus. Es scheint keine Rettung zu geben - keine zumindest, die in meiner Macht stünde.

Doch plötzlich kommt ein sanfter Wind auf! Er verstärkt sich zusehends und wird zu einer starken Brise. Der Wind ist jedoch warm und deshalb angenehm. Sein Name ist "Eisenwind". - Schon beim ersten Luftzug des vom Eisen getränkten Windes winden sich die Jungtiere im Todeskampf, fallen von mir ab und liegen bald tot am Boden. Und wie der "Eisenwind" stärker wird, sterben auch die grossen "Viren".

Das Mütterliche bzw. das "Unbewusste" wird von dieser Art von Männlichkeit dadurch umgebracht, dass es in seine Bestandteile zerlegt wird. Dieses Übel breitet sich rapide aus und droht die gesamte Menschheit zu erfassen. Alle sind ihm hilflos ausgeliefert, aber es tritt eine geheimnisvolle Kraft auf, die der Zerlegung Einhalt gebietet. Es ist ein Wind, der Eisen enthält!

Dass der Schulanalytiker diese Sequenz mit allen Mitteln subjektstufig zu deuten versucht, ist insofern verständlich, als alles andere ihn dazu veranlassen müsste, seine eigene Position in Frage zu stellen. Den Mann mit dem Jeep betrachtet er als etwas, das vom Väterlichen herkommt. Es ist seiner Meinung nach das totale analytische Vorgehen, das sich vernünftig gibt und dabei im Kritisieren hängen bleibt. Nicht der Mann selber sei das Teuflische, sondern das, was er bringe. Der Schulanalytiker scheint nicht wahrhaben zu wollen, dass die Sache ihn selber auch etwas angehen könnte, beginnt ellenlang über den "Mars" zu referieren und sagt:

«Mars ist der Streitbringer, der Gott des Krieges. Und der Krieg ist der Vater aller Dinge, denn er erfordert ein kritisches Unterscheidungsvermögen. Wenn die Gegensätze, die zuvor noch latent im Unbewussten lagen, auseinanderfallen, ist ein ECHTES Auseinanderhalten der Gegensätze gefordert - nicht bloss ein Kritisieren.
Aphrodite, die Frau des Vulkanos (Hephaistos) bändelt mit Mars (Ares) an und es kommt zum Ehebruch. Vulkanos macht ein Netz und legt es über die im Bett Liegenden. Dann ruft er alle Götter herbei - und die sind arg belustigt. Mars hat aber auch das Erosprinzip und unterscheidet um der Synthese willen.»

(CR 17.10.02) Zum Eisenwind (vgl. "Fluch des Eisens" in: Wolf-Dieter Storl PFLANZENDEVAS 2. Auflage 2001 AT Verlag Aarau): Der Volksglaube belegt die geistervertreibende Wirkung des Eisens - das Marsmetall verhütet die Verhexung des Viehs (Reinigung des Stalls) - und es gilt als Schutz gegen Dämonen, Hexen und Teufel (S. 197). Elfen .fliehen das Eisen und man soll Heilpflanzen nie mit eisernen Werkzeugen ausgraben.

Laut Rudolf Steiner soll das Eisen im Blut unsere irdische Betätigungen ermöglichen. Es hilft unserem spirituellen Selbst, sich in Leib und Materie zu verankern, so dass wir ein "Ich" werden können. Eisen schafft Geistes-Gegenwart. Es erschwert das "Hinaustreten" bzw. das "Hinwegfliegen" oder die Trance. Hexen und Werwölfe werden gezwungen, ihre Tiergestalt abzulegen, denn das Eisen bringt sie aus ihrer schamanischen Trance heraus und es unterbindet ihre Einstimmung auf die tierischen Instinkte. Eisen blockiert den Zugang zu den vegetativen Funktionen, zum kollektiven Unbewussten, den wilden Regionen jenseits des "Zaunes der Zivilisation", jenseits der Grenzen der kulturgeprägten Persönlichkeit.

Storl meint, dass das Erscheinen eisenbewaffneter Krieger wohl eine ebenso grosse Zeitwende mit sich gebracht hat wie etwa die Kernspaltung. Das Universum der bronzezeitlichen, megalithischen Pflanzenkulturen zerbricht mitsamt den Fruchtbarkeitsriten und den Muttergottheiten (der Mann im Jeep spricht vom Töten der Mutter).

Eine der bedeutsamsten Zauberpflanzen des Abendlandes ist das Eisenkraut (..) (Verbana) (..) Es wurde zum Reinigen von Altarsteinen verwendet. (..) In Sommernächten, wenn weder Sonne noch Mond scheint, beim Aufgang des Hundssterns (Sirius) soll die Verbana-Wurzel gesammelt werden. Der Druide zieht, da es sich um eine Zauberpflanze handelt, mit der linken Hand einen Kreis um die Pflanze. Ausnahmsweise wird der Kreis mit Eisen gezogen. (..) Wie schon der Name Eisenkraut (Isenbart, Eisenhart, Stahlkraut, lat. ferraria) andeutet, scheint die Pflanze mit archaischen Schmiederitualen (..) zu tun gehabt zu haben (..) Nur wem der den Blitzkeil tragende Himmelsgott gut gesonnen ist, vermag diesen Frevel an der Erdmutter begehen (Afrikanische Völker verbannen dennoch vorsichtshalber die Schmiede aus ihren Dörfern - S. 176/177).

Die Wanen werden durch die Asen abgelöst. Odin schwingt seinen eisernen Speer gegen das Heer der Wanen, das sich durch Zauber (Seid) zu wehren versucht. Später lehrt ja Freya Odin den Zauber und er erringt Schmanenfähigkeit durch das Hängen am Baum. Nach der indisch-dravidischen Mythologie beginnt das dunkle Zeitalter des Kali-Yuga mit dem Errichten von Schmiedeöfen etc.

Kurzum: In der Erfahrung könnte sich eine "Neubewertung" des Eisens bzw. eine andere Art des Umgangs damit abzeichnen. Im Eisenwind ist vielleicht eine Art Synthese zwischen Geist (Wind) und Materie/Material angedeutet.

Würmer: Die keltisch-germanischen Vorfahren stellten sich Krankheiten als "saugende Würmer" vor. In jedem Fall wurden Patienten nicht nur physikalisch (..) behhandelt, sondern es wurde vor allem mit Hilfe der Einbildungskraft gearbeitet. Um körperliche Veränderungen herbeizuführen, bedarf es vor allem Veränderungen der Vorstellungen und Einstellungen (S. 41).

Ja und dann eben die etymologische Abstammung von Wurm, Wurz und Wort (S. 200 ff). Als Krankheitsursache stellen sich die archaischen Völker bösartige Würmer vor, die sich in den dunklen Leibestiefen einnisten und den Organen die Lebenskraft wegsaugen. (..) Elbenwesen, die wie Larven unter der Borke von Bäumen hausen.

Schamanen saugen oft solche Würmer aus dem Körper des Patienten heraus, (..) auf die vermeintliche Scharlatanerie von westl. Beobachtern hingewiesen, entgegnet der Schamane häufig, dass die etwa im Mund verborgene blutige Daunenfeder usw. eben dennoch der Träger des Krankheitsdämons gewesen sei. Das indogermanische Stammwort *uert bedeutet das Winden, Drehen, Herauswirbeln, Entpuppen, oder Herausspinnen aus einem dunklen, unsichtbarten Urgrund und das darauffolgende In-Erscheinung-Treten.

Im Bündnerland wurde in vorräthischer Zeit die weibliche Ahnin und Landschaftsgöttin oft in einer Steinformationen - dem Nabel der Göttin bzw. dem Nabel der Landschaft - verehrt. Jedes Dorf hatte eine solche Steinahnin. "Auf dem Weg zur Alp da Munt führt eine neue Strasse direkt am heiligen Stein vorbei und nimmt die Ahnin arg in Mitleidenschaft, sofern die Skitouristen und heimischen Jeepfahrer überhaupt noch wissen, was für ein sakraler Stein das ist, bei dem sie ihre Notdurft verrichten" (heisst es in Derungs "Kultplatz Zuoz-Engadin"). Ein passendes Bild für das "Töten der Mutter".

27.7.01 Die vom Schulanalytiker beigebrachte Amplifikation erweist sich eher als Ablenkungsmanöver denn als Beitrag zum Thema Zerfall und Eisenwind. Denn um eine Conjunctio und eine Synthese geht es hier "nirgends". Im Gegenteil, der eisenhaltige Wind tötet die "Viren" und hält so den Zerfall auf. Von einem Experten der Jungschen Psychologie sollte eigentlich erwartet werden können, dass er sich zumindest an eine Traumaussage hält. Es kommt einem Missbrauch der Luzidität gleich, wenn Wachheit auf diese Weise eingesetzt wird.

Der plötzlich aufbrechende Wind ist hier nicht bloss eine sanfte Luftbewegung, sondern ein unbestechlicher Bote einer unsichtbaren Welt. Das elementarische Ereignis verhindert eine gigantische Katastrophe, indem die rational-analytische Zergliederung des Mütterlich-Weiblichen definitiv zum Stillstand gebracht wird. Es ist ein tödlicher, eisenbeladener Windhauch, der das Gewürm unschädlich macht und damit die Absichten des Mannes durchkreuzt.

27.7.01 AN.BAR, das sumerische Wort für Eisen, ist eines der ältestes bekannten Wörter. Es besteht aus den bilderschriftlichen Zeichen für "Himmel" und für "Feuer". Dies kann als "Himmelsmetall" oder "himmlischer Blitz" übersetzt werden. Denn als erstes kannte man nur meteoritisches Eisen. Das meteoritische Eisen war jedoch selten und deshalb ebenso kostbar wie Gold!

Nach der Entdeckung des Schmelzverfahrens wurde Eisen zuerst als Sakralgegenstand verwendet. Eisen stand somit im Zusammenhang mit geistigen Schöpfungen und bekam erst später Bedeutung für die militärische und politische Geschichte! Die Tatsache, dass durch die Metallurgie des aus der Erde stammenden Eisens die tägliche Verwendung dieses Metalls möglich wurde, hatte zur Folge, dass der Mensch nicht nur an der Heiligkeit des Himmels, die dem Meteoriten innewohnt, teilhatte, sondern auch an der tellurischen Heiligkeit der Bergwerke und Erze.

Die Verwendung des Eisens zur Dämonenabwehr und dem Schutz der Ernten vor den Unbilden des Wetters, vor Schicksalsschlägen und dem bösen Blick zeigt die AMBIVALENZ dieses Metalls. Es verkörpert denn auch den Teufel bzw. den teuflischen Geist und damit den Krieg als Feind des Lebens (hierzu vgl. Mircea Eliade Schmiede und Alchemisten S. 21-32).

Eisen galt denn - wahrscheinlich vor allem im Christentum - als verflucht. Es war das Metall des Teufels und des Gottes Vulkanos (Hephaistos). Wie von panischer Furcht sollen die prähistorischen Menschen alle eisenerzhaltigen Gebiete gemieden haben. Sie wurden auf der guten ton- und kalkhaltigen Mutter Erde sesshaft. Eisen war zudem verderblich, denn es rostete - und das Schmelzen von Eisen wurde als Teufelswerk betrachtet.

Mars (Ares) ist für den Alchemisten die "natura prima rerum" bzw. der individuelle Gestalter (principium individuationis). Dabei handelt es sich um einen intuitiven Anschauungsbegriff, der auf eine vorbewusste schöpferische Gestaltungskraft hinweist. Astrologisch weist Mars auf die Triebnatur und Affektivität des Menschen hin, deren Zähmung und Wandlung in den Stein der Weisen das Ziel des alchemistischen Werkes ist. Wahrscheinlich dachte der Schulanalytiker beim Eisen an derartige Ausführungen von C.G. Jung und war zudem mit der Bedeutung von ‚anemos', dem griechischen Wort für ‚Hauch' und ‚Wind' vertraut, dem im Lateinischen eine reich entfaltete Sippe von Wörtern zur Seite steht.

«Das Femininum anima heisst ebenfalls Hauch, Luft und Wind, vor allem aber Lebenshauch und -kraft, Seele und Leben. ... Das Masculinum animus bezeichnet ebenfalls die Seele, doch stärker im Bereich des Empfindens und des Bewusstseins - bis hin zu Charakter und Gesinnung. Im Germanischen ergibt dieselbe Wurzel das gotische Wort anan für atmen, im Altnordischen ... die Wörter andi = Atem, Windstoss, Seele, (gespenstischer, böser) Geist, (heiliger) Geist» (Heino Gehrts, Von der Wirklichkeit der Märchen (Regensburg: Röth, 1992:83).

Eisen und Mars, Wind und anima zusammen ergeben scheinbar auch so etwas wie einen ‚Eisenwind'. Also lässt sich die Sache in der Schulanalyse angesichts der Tatsache, dass der Analysand ein Anfänger ist, unauffällig auf Mars und Aphrodite verlagern. Der Fehler ist nur, dass dabei die Traumaussage überhaupt nicht mehr beachtet wird. Diese Art des Vorgehens zeigt, dass Amplifikationen die Dinge manchmal verdunkeln und bis hin zur Bedeutungslosigkeit abschwächen. - Ein derartiges Vorgehen mag systemerhaltend sein, denn der ‚Eisenwind' ist ein geradezu numinoses Ereignis.

Im ‚Eisenwind' kommt nämlich eine geistige Dynamik zum Ausdruck, die das kosmische und tellurische Element ‚Eisen' enthält und miteinander verbindet. Dank dieser "elementaren Dynamik", in der der himmlische Meteoritenstaub mit dem irdischen Eisen vereint ist, verlieren die "kleinlichen, wurmartigen Analyse-Fragmente" blitzartig ihre Lebenskraft.

(RFR: Wieder verändert sich das Geschehen in einer völlig unerwarteten Art und Weise und der luzide Traum führt in ein positives Ziel hinein. Das Produkt der "Analyse", die Zerstörung der mater materia wird rückgängig gemacht. Ich bin davon überzeugt, dass dieser luzide Traum auch im kollektiven Kontext gesehen werden muss, das heisst aber, dass dessen Schluss sich nicht nur auf den individuellen menschlichen Körper, sondern kollektiv auf die gesamte organische Materie unseres Planeten bezieht.

Die aus der organischen Materie entstandenen, zerstörerischen Viren sind heute mit dem Auftreten des HI-Virus bereits Wirklichkeit geworden, und niemand weiss, ob nicht durch die dauernde Manipulation derselben mit Hilfe der antiviralen Medikamente plötzlich eine Mutante sich entwickeln wird, die hoch ansteckend ist und daher die Gefahr heraufbeschwört, dass die Menschheit innert kürzester Zeit vernichtet sein wird. Angesichts dieser drohenden existentiellen Vernichtung lohnt es sich, nach der Möglichkeit einer kollektiven Kompensation zu fragen, die dann allerdings das letzte Mittel darstellen wird, um das Überleben des Spezies Mensch auf unserem Planeten zu sichern.

Dieses heute konstellierte kollektive Geschehen ist im Schluss des Traumes geschildert. Dessen symbolische Aussage lautet: Der "Eisenwind" zerstört die destruktiven Produkte der "Analyse". Mehr als 25 Jahre lang hat Werner Zurfluh dieses Symbol mit sich herum getragen, ist mit ihm schwanger gegangen, bis er die richtige Amplifikation publiziert hat. Des öfteren ist eine solche Haltung die unabdingbare Voraussetzung, um die von Jung so genannte "notwendige Aussage" des Archetypus herauszudestillieren. Eine solche unterscheidet sich von den wild amplifizierenden, rein intellektuellen Aussagen gewisser Jungianer dadurch, dass sie das Symbol "Eisenwind" in den nur über das introvertierte Gefühl erfahrbaren und daher einzig wahren Kontext stellt.

Wie Werner Zurfluh zeigt, weisen "Wind" und "Hauch" sowohl auf die Anima als auch auf den Animus hin. "Eisen" bedeutet ebenfalls ein das Weibliche (das tellurische Eisen) und das Männliche (das himmlische Eisen) vereinigendes Symbol, das zudem auf das Numinosum hinweist, das dem geschilderten Geschehen innewohnt.

Der "Eisenwind" führt uns somit zum alchemistschen Hierosgamos oder zur coniunctio, auf eine in den tiefsten Tiefen unserer Existenz stattfindende Vereinigung des männlich-göttlichen mit dem weiblich-göttlichen Prinzip, auf die von Wolfgang Pauli so sehnlichst gesuchte "chymische Hochzeit" des Alchemisten Robert Fludd, in der das infans solaris gezeugt und geboren wird, um anschliessend in einer mittleren Sphäre, in der "Zwischenwelt" des subtle body zu leben (vgl. dazu Wolfgang Paulis psychophysischer Monismus...).

Wie ich an verschiedenen Orten gezeigt habe, ist eben dieses archetypische Geschehen in unserer apokalyptischen Zeit konstelliert. Es findet sich hinter den sich heute immer mehr häufenden UFO-Sichtungs- und Entführungs-Phänomenen ebenso, wie als archetypischer Hintergrund der OOBE. Weiter sind mir Träume und Visionen HIV-betroffener Menschen bekannt, die Ähnliches aussagen. Aber auch die Multiple Sklerose, die Parkinsonsche Krankheit und gewisse Formen von Krebs können auf denselben Hintergrund zurückgeführt werden.

Die Leserin und der Leser werden sich nun sicher fragen, wie dieses im kollektiven Unbewussten konstellierte Geschehen denn erfahren werden könnte. Dazu ist zu bemerken, dass dies nur möglich ist, wenn vorerst eine bewusste Anerkennung des Eros-Bewusstseins stattfindet, die in die erste coniunctio, in eine Gegensatzvereinigung desselben mit dem Logos-Bewusstsein hineinführt. Sie entspricht mit grösster Wahrscheinlichkeit Werner Zurfluhs Endeckung der "Bewusstseins-Kontinuität" (BK), die ungefähr gleichzeitig mit, jedoch unabhängig von meiner Postulierung des Eros-Bewusstseins erfolgte. Der in dieser historischen Synchronizität sichtbar werdende Prozess spielt sich im vegetativen und enterischen Nervensystem ab und entspricht der von Wolfgang Pauli vergeblich gesuchten "anderen, umfassenderen coniunctio" (Wiss. Briefwechsel, Berlin, ed. K.v. Meyenn, Bd. 4/II, S. 52). Sie bedeutet in meiner Interpretation eine Vereinigung der bewusstseinstranszendenten Prinzipien des Weiblich-Göttlichen mit dem Männlich-Göttlichen im eigenen Körper. Dieser Hierosgamos kann empirisch beobachtet werden. Wie in der Quantenphysik wird das potentielle Geschehen jedoch erst durch die Beobachtung inkarniert, hier allerdings durch das introvertierte Eros-Bewusstsein.

Diese in naher Zukunft zu erwartende Inkarnation einer völlig neuartigen Welt hat C.G. Jung gegen das Ende seines irdischen Daseins äusserst intensiv beschäftigt. Wie ich gezeigt habe (vgl. Wolfgang Paulis UFO-Meteoriten-Synchronizität...), diskutierte er diese Möglichkeit noch mit Wolfgang Pauli. Dieser erlebte darauf hin eine eindrückliche Synchronizität, die die Konstellation der auf dem Archetypus der coniunctio beruhenden, in naher Zukunft zu erwartenden incarnatio bestätigte.

Die obigen Überlegungen haben mich zur Überzeugung gebracht, dass die Menschheit die Auswirkungen der "kollektiven Analyse" der modernen Naturwissenschaft und Tiefenpsychologie nur überleben wird, wenn einige Menschen die oben angedeutete individuelle Synthese bewältigen werden. Sie entspricht, allgemein gesagt, der erwähnten Beobachtung der von Wolfgang Pauli gesuchten "anderen, umfassenderen coniunctio", die heute in den tiefsten Tiefen der menschlichen Seele konstelliert ist und in der Inkarnation des infans solaris in der "Zwischenwelt" des subtle body kulminieren wird (vgl. dazu Wolfgang Paulis psychophysischer Monismus... ). Jene Menschen, deren Schicksal es sein wird, diesen für die Zukunft der Menschheit entscheidenden Weg zu gehen, benötigen dazu höchsten Mut, intensivste Ausdauer und grösste Leidensfähigkeit, denn der veraltete, zersetzende Zeitgeist wird sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln gegen dieses Abenteuer wehren und alles unternehmen, um sie in den sozialen Tod zu schicken. Auf diese Weise wird sich für sie einerseits das "Stirb, bevor du stirbst!" der Sufis erfüllen, andererseits können diese Gralssucher des 21. Jahrhunderts auf den Lohn der schon von Paracelsus geahnten vita longa hoffen.)

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Wassertropfen Teil 5


Literaturverzeichnis

Jung C.G. «Erinnerungen, Träume, Gedanken» (Aufgezeichnet und hrsg. von Aniela Jaffé, Zürich: Ex Libris, 1962)
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von Franz, Marie-Louise «Aktive Imagination» in: JUNGIANA - Beiträge zur Psychologie von C. G. Jung, Reihe A Band 10 (Verlag Stiftung für Jung'sche Psychologie: Küsnacht ZH, 2001: 39-45)
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Konvertierung zu HTML Juli, August 2001
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