Von der Märchenstrasse bis zur ersten Traumerinnerung
4. November 1973 und 1945
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(28.3.01 Die folgenden Ausführungen schrieb ich allesamt 1973. Ich verbesserte zwar an vielen Stellen die Formulierungen und gruppierte die Texte neu, aber der Gedankengang bleibt unverändert.)

Die Diskussion psychiatrischer Fälle in Oetwil am 3. November 1973 im Zusammenhang mit Videoaufzeichnungen erweist sich als ausgezeichnete Ergänzung zu den "Life Demonstrations" - vor allem in bezug auf die Diagnostik. Meine Beiträge werden positiv aufgenommen, allerdings habe ich das Gefühl, einen kleinen Schritt zu viel in Richtung des Verstehens der Aussagen eines Patienten gemacht zu haben. Und obwohl dieser "Schritt" meines Erachtens noch weit ausserhalb jeglicher Schulmeinung liegt, wird er vom Leiter des Seminars als "Schulmeinung" bezeichnet. Aber da ich keine Antwort auf das Votum des Leiters gebe, geht - glücklicherweise - mein Ansatz sofort wieder unter und gerät in Vergessenheit.

"Meinungs-Porzellanteller" scheinen demzufolge noch dünner zu sein, als ich bisher angenommen habe. Die hieraus entstehenden Schwierigkeiten in der Handhabung von Auffassungen dürften darauf zurückzuführen sein, dass bei Diskussionen normalerweise keine Reflexion auf die von einem Subjekt akzeptierten und vertretenen Erkenntnismöglichkeiten und die ihnen zugrundeliegenden Paradigmen stattfindet. Eine unterschwellige Identität und sogar eine "berufsbedingte" Identifikation mit bestimmten Schulmeinungen erzwingt offensichtlich eine "Abqualifizierung" nicht-schulmeinungskonformer Aussagen. Diese Tatsache ist mir neu.
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... Am 4.November 1973 wandere ich barfuss auf einer wunderbaren Strasse in einer geradezu märchenhaften Umgebung. Links neben mir geht ein Mann von ruhiger Ausstrahlung. Er führt mich freundlicherweise durch diese mir völlig unbekannte Welt, die mich stimmungsmässig sehr an die Geschichten von 1001 Nacht erinnert.

Mein Begleiter und Führer erläutert mir nach und nach, dass ich nun selber auf dieser Märchenstrasse zu gehen und all jene Abenteuer zu bestehen habe, welche alle Märchen"helden" jemals zu bestehen hatten, die bereits diesen Weg gegangen sind.

Ich weiss intuitiv, dass ich mich ganz am Anfang eines langen Weges befinde - und dass dieser Anfang gepflastert ist mit den verschiedensten Leiden. Es ist mir auch klar, dass es auf dieser Quest unmöglich sein wird, den Hindernissen auszuweichen und all den Hürden und Fallstricken zu entkommen, die sich unterwegs auftun. Vielmehr wird es darum gehen, mittels einer gewissen Schlauheit das Allerschlimmste zu verhindern.

So werde ich von Skorpionen in die unbeschuhten Füsse gestochen, von Insekten gezwickt und von Schlangen gebissen. Immer und immer wieder sind kleinere, kaum zu ertragende Schmerzen auszuhalten. Wichtig dabei ist, dass ich mich von den Schmerzen nicht ablenken lasse oder gar stehen bleibe. Es darf kein Innehalten geben, kein Zögern und Zaudern - es muss ständig weitergegangen werden.

Merkwürdigerweise kenne ich den Weg bis zu seinem Ende und weiss, dass auf diesem Weg schon unzählige Menschen vor mir gegangen sind. Aber auch ich habe ihn von Anfang an zu gehen und all das durchzustehen, was so viele vor mir bereits durchgestanden haben.

Dann komme ich zu einer Stelle, wo es gilt, über eine Katze zu steigen. Sie wird bestimmt darüber ungehalten sein und mit ihren Krallen nach meinen Füssen schlagen - und sie total zerkratzen. Es steht mir aber frei, dieses Ereignis abzumildern. Ich muss zwar an der Katze vorbei und darf sie nicht umgehen, aber deswegen müssen meine nackten Füsse nicht notwendigerweise zerkratzt werden. So packe ich die Katze ohne zu zögern mit festem Griff am Genick und ziehe sie an den Strassenrand.

Hier ist bloss nachzutragen, dass das Kratzen der Katze - im wahrsten Sinne des Wortes - Realität wird. Nach dem Aufstehen gebe ich unserer Hauskatze etwas Milch und packe sie - wie im Traum - im Genick, um zu verhindern, dass sie das Milchgefäss umwirft. Aber sie wehrt sich und springt fauchend über meine nackten Füsse. Diese werden total zerkratzt - und das ist ungemein schmerzhaft.

27.3.01 Das nächtliche Geschehen erscheint auf den ersten Blick wie ein Kontrastprogramm und wie eine Art von Flucht. Das ist es aber nicht, denn die Alltagsereignisse sind miteinbezogen. Auch wenn ich in erster Linie auf einer märchenhaften Strasse in der Obhut eines Seelenführers (Psychopompos) durch die Nacht wandere, werde ich - zumindest zu Beginn - andauernd gestochen, gezwickt und gebissen. Dieses "Gepiesacktwerden" beruht nun nicht auf irgend welchen Gegebenheiten der Anderwelt, sondern hat seine Ursache in ganz alltäglichen und relativ banalen Dingen. Und diese "Kleinigkeiten des Alltags" treten hier innerhalb der Traumwelt vor allem als Skorpione und Insekten auf.

Die sogenannt "niederen" Tiere repräsentieren bzw. symbolisieren in diesem Zusammenhang offensichtlich die "Niederungen des Alltags". Und sie zeigen deutlich, dass sie eine Quest schon zu Beginn zum Scheitern bringen könnten. Der Alltag kann nämlich durchaus schmerzhaft und ablenkend sein - und letztlich dazu führen, dass es zum Abbruch einer "Märchenwanderung" kommt. Fazit: Das erste Hindernis auf einem "spirituellen" Entwicklungsweg IST der Alltag.

Die Katze hingegen verkörpert ein Wesen, das auf der Schwelle liegt und weder ganz dem Alltag noch ganz dem anderweltlichen Bereich zugehört. Sie scheint zwischen den Welten zu leben und zwischen diesen zu vermitteln - ohne jemals ihre Eigenständigkeit aufzugeben.

Der zweite Traum vom 4.November 1973

Im diesem zweiten Traum steige ich mit einem weisen Mann direkt vom Wohnzimmer aus auf das Flachdach unseres Einfamilienhauses irgendwo in den Bergen. Es ist schon spät am Abend und ganz dunkel. Wir schauen zum Himmel hinauf und betrachten die funkelnden und glitzernden Sterne.

27.3.01 Auch hier zeigt sich wieder meine ganz persönliche Ausgangssituation. Diese besteht darin, dass ich einen direkten Zugang zum nächtlichen Erfahrungsbereich habe und dabei von einem "inneren Meister" begleitet werde. Dies ist übrigens nichts Aussergewöhnliches, denn der Mensch ist grundsätzlich dazu befähigt, in die nächtliche Erfahrungswelt hineinzugehen bzw. zu träumen.

Plötzlich kommt von Osten bzw. Nordosten her rasend schnell etwas näher, das wir zuerst gar nicht erkennen können. - Es sind Abertausende von weisslichen Lichtpunkten ! Bald einmal können wir sehen, worum es sich handelt. Es sind Flugzeuge, Helikopter, Bomber, Transporter und Raketen - kurz: alles was es überhaupt an flugfähigem Material gibt und geben kann.

27.3.01 Heute würden viele sagen, es handle sich hierbei um UFOs, d.h. um nichtidentifizierte fliegende Objekte. Dem ist natürlich so, aber ich nannte diese Dinger nicht UFOs. Mir schienen diese "Objekte" nicht mehr und nicht weniger seltsam als vieles andere, das des Nachts gesehen werden konnte. Und sie waren vor allem nicht seltsamer als beispielsweise eine Blüte oder ein Skarabäus. Weder das eine noch das andere liess sich erklären. Es gab immer nur ein Stammeln, manchmal eine eher naturwissenschaftlich verbrämtes, manchmal ein eher esoterisch angehauchtes.

Abertausende dieser fliegenden Objekte sausen über unseren Köpfen durch die Nacht gegen Westen. Es ist beklemmend, unheimlich, beängstigend und total unverständlich. Mein Freund meint, dies seien die Vorboten eines noch nie gesehenen globalen Krieges und sagt: «Wir gehen sehr, sehr schlimmen Zeiten entgegen. Das Haus hier in den Bergen an dieser Lage ist zwar ziemlich geschützt, aber auch es ist bedroht.»

25.3.01 Ich denke, spätestens hier würden viele von einer drohenden, wenn nicht gar akuten Psychose sprechen. Hierzu ist bloss zu sagen, dass es für mich stets ein Leichtes gewesen wäre, den ziemlich schwierigen und gefährlichen Weg durch die Nacht mit dem Bequemlichkeiten eines Schaukelstuhls in einer behaglichen Wohnstube einzutauschen. Aber das gilt auch für alle Bergsteiger, Extremkletterer, Taucher und Tourenskifahrer - um nur ein paar Beispiele zu nennen. Und das gilt auch für jede Mutter, die das Abenteuer "Schwangerschaft" wagt und für jeden Vater, der versucht, die Familie ins Leben einzubetten. Leben IST nun mal ein Abenteuer !

Und immer noch fliegen die Dinger über unsere Köpfe hinweg. Hunderte von Kilometern lang ist die breite Kolonne. Was soll das sein? Was wird sich hieraus ergeben? Der Welt scheint wahrlich ein gewaltiges Unheil zu drohen !

25.3.01 Da ein Zusammenhang zwischen UFOs und Lichtpunkten (scintillae) des Paracelsus gesehen werden kann und man daher - um C.G. Jung zu zitieren - wohl daran tut, «sich das Ichbewusstsein als von vielen kleinen Luminositäten umgeben zu denken» (Die Dynamik des Unbewussten, GW 8 (Olten: Walter, 1971: 220), wäre es klug, folgende Textstelle beizuziehen: «Die Hypothese multipler Luminositäten beruht einerseits ... auf dem bewusstseinsähnlichen Zustand unbewusster Inhalte, andererseits auf dem Vorkommen gewisser als symbolisch aufzufassender Bilder, die in Träumen und visuellen Phantasien moderner Individuen oder in historischen Dokumenten festgestellt werden können» (ibid.). Eine der Konsequenzen hieraus besteht darin, dass Bewusstheit nicht nur eine Eigenschaft des Ichs und der Mitmenschen ist, sondern auch anderen Wesenheiten wie z.B. Tieren und Pflanzen, Traumgestalten und phantastishen Wesen zukommen kann.

Nachdem die Flugobjekte eine ganze Weile über den Himmel gezogen sind, werden sie plötzlich kleiner und kleiner. Es ist, als würden sie sich zu Schneeflocken bzw. riesigen Eisflocken auskristallisieren, die aufgrund ihrer immensen Oberfläche sehr, sehr langsam auf die Erde hinunterfallen. Tatsächlich beginnt es zu schneien !

28.3.01 Dies hat mit der im Artikel Die Tötung der Bären und die Evolution des Menschen beschriebenen 10. Welt zu tun (Erfahrung vom 7.Januar 1974) !

Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an einen ganz besonderen Traum. Es ist der allererste, an den ich mich überhaupt erinnern kann. Damals war ich noch ein Kleinkind ! Und wenn ich nun sage, dass ich ihn in meinem ersten Lebensjahr - spätestens aber 1949 - geträumt habe, erscheint das völlig unglaubwürdig. Aber eine Datierung ist problemlos möglich, denn ich wurde im Juli 1945 in Basel geboren und lebte bis Juni 1946 in dieser Stadt in der Nähe des Rheins. Dann bis Oktober 1949 in Arosa. Anschliessend ging es wieder nach Basel, aber an einen Ort, der vom Rhein zu weit entfernt ist, um am Fluss mit einem Kinderwagen spazierenzugehen.

An die Zeit jedoch, als ich im Kinderwagen an der Rheinpromenade entlang gefahren wurde, kann ich mich bestens erinnern - zumindest an gewisse optische Eindrücke. Diese lassen sich natürlich erst heute sprachlich umsetzen, aber sie prägten sich unauslöschlich ein und können deshalb jederzeit erinnert werden. Ich sah eine grün-grau-blaue, leicht gekräuselte Fläche still dahingleiten. Diese Fläche war sehr gross und bewegte sich schneller vorwärts. Auch kam sie oft entgegen. Dabei handelt es sich - wie leicht festgestellt werden kann - um die Wasseroberfläche des Rheins. Die dieses Bild begleitende Stimmung ist ruhig, still und beinahe etwas gelangweilt, denn es geschieht überhaupt nichts - ausser dass oft Geräusche und kurze, schrille Laute zu hören sind. Der das Fliessen begleitende Geruch ist nicht unbedingt angenehm und manchmal fast schon beunruhigend.

Und dann sah ich beinahe immer etwas, das mich zutiefst beunruhigte. Es war ein grau-schwarzes Etwas, das nicht ins gewohnte Bild hineinpassen wollte. Es war ein Ding, das auseinanderzufallen schien und drohend und beängstigend auf der anderen Seite einer vorbeifliessenden Fläche aufragte. Und jedesmal überkam mich bei diesem Anblick eine entsetzliche Angst. Obwohl mich ein zutiefst beklemmendes Gefühl zu ersticken drohte, schaute ich stets sehr genau hin. Aber es verschwand nicht. Allerdings schien es sich mit der Zeit zu verändern. Dabei handelte es sich - wie ich dann sehr viel später feststellen konnte - um zerbombte Brückenteile und Häuser. Diese konnten vom Dreiländereck aus bestens gesehen werden.

Nun zum Traum, dessen Bildgefüge mich Jahre und Jahrzehnte lang stets mehr oder weniger beunruhigt hat. Hätte ich ihn als Kleinkind schon sprachlich umzusetzen gewusst, wären meine Eltern - und bestimmt nicht nur sie - ein bisschen verunsichert worden.

Ich sah in diesem Traum jenseits einer Grenze eine gewaltige Menge von fliegenden Objekten aller Art über den Himmel ziehen. Damals haben diese Flugzeugtypen noch gar nicht existiert, auch wenn sie zum Teil an riesige Bomber erinnerten. Erst viele Jahre später glaubte ich einige von ihnen in Zeitschriften über Flugzeuge wiederenzuentdecken. Am verblüffendsten war der Deltabomber, denn dieser hatte jene Dreiecksform, welche die meisten jener Flugobjekte hatten !

Die Gefühlssituation war damals im Jahre 1945/46 wie auch heute bei diesem Traum vom 4. November 1973 exakt dieselbe: totale Beklemmung und eine gewisse Angst. Und dabei das Wissen, dass es hierbei um die ganze Welt geht und nicht nur um mich persönlich.

28.3.01 In der UFO-Literatur werden manchmal Objekte beschrieben, die dreieckig sind. Wer sich dafür interessiert kann das problemlos nachlesen. Da ich solche deltaförmigen Dinger schon in meinem ersten Lebensjahr 1945 gesehen habe, wäre es vielleicht interessant, herauszufinden, wann solche UFOs erstmals in der Literatur "aufgetaucht" sind. Mich hat das weiter nicht sonderlich beunruhigt, weil ich ja eines Tages in einem Heft einen Deltabomber abgebildet sah und deshalb diese Angelegenheit ad acta gelegt habe. Aber es scheint doch, dass der Traum etwas mehr sein dürfte als eine blosse Präkognition. Da ich mich mit nächtlichen Erfahrungen bzw. der Erschliessung der "Quellen der Nacht" beschäftige, gestatte ich mir, die UFO-Forschung anderen zu überlassen.

Möglicherweise haben "Flugzeuge" eine Beziehung zur Eisenbahn, denn auch sie sind Objekte der kollektiven Fortbewegung. Ein Flugzeug ist aber wesentlich mehr technisiert. Dies liesse sich unter Umständen mit einer totalen Intellektualisierung und Vereinnahmung des Geistigen gleichsetzen. Mich erinnert das alles auch an das Buch "Reich ohne Raum" von Bruno Goetz.

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