Das UFO und die Boten aus Atlantis
26. - 28. September 1973
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(20.3.01 Die folgenden Ausführungen schrieb ich allesamt 1973. Ich verbesserte zwar an vielen Stellen die Formulierungen und gruppierte die Texte neu, aber der Gedankengang bleibt unverändert.)

Am 26. September 1973 kaufe ich mir ein paar religionswissenschaftliche Bücher und lese im Buch "Gnosis als Weltreligion". Dessen Autor (Guispel) betrachtet C.G. Jung als einen Vertreter der gnostischen Weltanschauung, weil die seelische Erfahrung als primär betrachtet wird - im Gegensatz etwa zur Theologie eines Karl Barth, welche die seelische Erfahrung ablehnt. Mich berührt diese Aussage insofern, als damit der Gegensatz zwischen Akzeptanz und Ablehnung der Eigenerfahrung aufklafft. Allerdings scheint mir innerhalb des Jung-Institutes der Eigenerfahrungsbereich keineswegs integriert zu sein, denn immer wieder wird dieser - speziell im Hinblick auf das luzide Träumen bzw. die Ausserkörperlichkeit - aus den Diskussionen rigoros ausgeklammert.

Im Traumgeschehen vom 27. September 1973 geschehen ein paar seltsame Dinge. Diese weisen vor allem darauf hin, dass es eines Paradigmenwechsels bedarf, um den Erfahrungsbereich des "Anderweltlichen" in das Alltagsleben miteinzubeziehen.

Boten aus Atlantis 27. September 1973
... Über einer belebten Kreuzung mitten in der Stadt Basel erscheint am Himmel plötzlich ein merkwürdiger Fluggegenstand und schwebt senkrecht und aufreizend langsam auf den Boden hinab. Das Ding sieht aus wie ein zertrümmertes Kleinflugzeug. Man könnte es sogar als ein kleines, havariertes UFO bezeichnen. Von dessen Rumpf baumelt ein "Motorrad" an einem Seil.

Nachdem das fremdartige Objekt gelandet ist, wird sofort klar, dass es weder ein Relikt aus dem ersten noch ein Überbleibsel aus dem zweiten Weltkrieg ist. Das Ding muss durch Raum und Zeit verschoben worden sein und besteht aus einem Metall, das auf der Erde völlig unbekannt ist.

Zu meinem grössten Erstaunen ist das "Motorrad" betriebsbereit und kann gefahren werden. Ich steige - nachdem mein Vater eine Runde gefahren ist - selber auf das seltsame Zweirad und fahre zu einem Platz (Heuwaage), wo Polizisten an einem Stand gerade dabei sind, Essensportionen zu kochen. Bei diesen Männern möchte ich das "Motorrad" untersuchen lassen, um Aufschluss über dessen Herkunft zu erhalten.

Nach der Übergabe verwandelt sich ein Teil des "Motorrades" seltsamerweise in quadratische Gemüse-, Fleisch- und Bratkartoffelstücke. Aber die Polizistenköche messen diesen Esswaren keine besondere Bedeutung zu und vermischen sie unbesehen mit den von ihnen gekochten Speisen. Es gelingt mir jedoch, das Zeug wieder zu entmischen, bevor es zu einem Durcheinander der Bestandteile kommt.

14.01.01 Jede Art von Erfahrung wird von uniformierten Ordnungshütern des geltenden Paradigma (des "kollektiven Bewusstseins") wie z.B. Polizisten und Psychiatern "in den gleichen Topf geschmissen" und unbesehen vermischt. Ich hätte mich also schon 1973 unbedingt darum bemühen müssen, das Systemkonforme vom jenem zu unterscheiden, das nicht zum irdischen Alltagsbereich gehört und als "transalltäglich", "ausserirdisch" oder "spirituell" bezeichnet werden könnte. Das Ganz-Andere ist aber auch jenseits des "kollektiven Unbewussten", zumindest aber jenseits des gängigen Weltbildes. Es würde etliche erkenntnistheoretische Überlegungen brauchen, um hier auch nur einigermassen den Durchblick zu bekommen. Damals war ich offensichtlich überfordert.

Einen anderen Teil des Motorrades bringe ich in eine Motorradwerkstatt. Aber leider ist der Chefmechaniker nicht anwesend. Deshalb stelle ich das "halbe Gefährt", das sich nicht transformiert hat, einfach in die Halle - in der Hoffnung, der Meister werde es gleich nach seiner Ankunft untersuchen.

Später gehe ich zur Garage zurück und sehe, dass ein paar Leute das Motorrad schon zerlegt haben. Sie taten dies in der irrigen Meinung, es handle sich einfach um Schrott und dachten nicht daran, dass es in erster Linie darum gegangen wäre, die Herkunft des seltsamen Fortbewegungsmittels abzuklären. Sie zerlegten das Ding in seine Bestandteile, um das eine oder andere Stück wieder verwenden zu können und hatten nicht bemerkt, dass das Motorrad betriebsbereit ist und - aus einem unbekannten Metall besteht.

Ich bin ziemlich erbost und versuche, wenigstens ein paar Einzelstücke zu retten, um sie von Archäologen untersuchen zu lassen. Doch wie die Altertumsforscher eintreffen, stehen auch sie vor einem unlösbaren Rätsel. Ich muss sie sogar darauf aufmerksam machen, dass das weiche Metall lebendig zu sein scheint. Wenn es nämlich gebrochen wird, dann wachsen die Teile wieder an den Bruchstellen zusammen.

Plötzlich entstehen aus den verbliebenen Einzelstücken, die ich in meinen Händen halte, liebliche kleine Singvögel. Im selben Augenblick ist eine Stimme zu hören:
"Dies sind die Boten aus ATLANTIS!"
Ich bin wie vom Donner gerührt. Gleichzeitig beginnen die Vögel zu singen. Es ist unglaublich! Diese Lieblichkeit des Gesangs! In weitem Umkreis werden alle, die das Trällern hören, bis ins Innerste glücklich gestimmt. Ich selber empfinde ein noch niemals gespürtes Glücksgefühl und denke:
"So verlebten die Leute in Atlantis glückselige Stunden!"
Mit dem Zwitschern lösen sich die Vögel langsam in ein Nichts auf.

14.03.01 Das letztlich Unbegreifbare weht zwar aus fernsten Räumen bis in die Gegenwart hinein, aber es kann niemals mit den zur Verfügung stehenden "offiziellen" Mitteln erfasst und in das gewohnte materiell-technische Umfeld eingebaut werden.

Die schulanalytische Besprechung dieses Traumgeschehens vom 27. September 1973 im Zusammenhang mit einem Traumteil vom 24. September 1973, in dem ein alter chinesischer Weiser zu meinem Erstaunen auch einen Massagesalon führt, macht klar, dass Weisheit und Sinnlichkeit zusammengehören. Dieser Aspekt sei hier erwähnt, weil er auch zum Problemkreis gehört. Die gegebene Interpretation zeigt deutlich, dass mittels des vorgegebenen Rahmens der Komplexen Psychologie ein ganz bestimmter Schwerpunkt gesetzt wird. Dies kann jedoch problematisch sein, denn es ist irreführend und somit eine falsche Fährte.

Friedrich Heiler schreibt in "Erscheinungsformen und Wesen der Religion" (RdM Bd.1 - Stuttgart: Kohlhammer, 1961:22), dass es eine grosse Paradoxie sei, dass der Umgang mit Gott bzw. dem Göttlichen sich normalerweise in sinnlichen Formen vollziehe. Die Sinnlichkeit im Religiösen sei begründet in der Wesensart des Menschen, denn dieser ist ein Doppelwesen mit Leib und Seele.

«Es gibt überhaupt kein geistiges Leben ohne sinnliches Wahrnehmen und ohne sinnliche Ausdrucksformen» (ibid.). Dass die Bedeutung des deutsches Wortes ‚Geist' ursprünglich «Aufgeregtheit» (von geisa = wüten) ist und das Wort ‚Seele' «Beweglichkeit» meint, weist deutlich auf die Sinnenhaftigkeit des Erlebens. Sinnlichkeit ist keine Verunreinigung und Schwächung des Geistes, sondern sozusagen dessen Grundpfeiler, Vorbereitung, Anreiz, und Vehikel für die geistige Gotteserfahrung. Religiöse Erfahrung wird nur möglich, «wenn irgendwelche äusseren Anlässe und Anregungen gegeben sind, und sie wird nur dadurch fassbar und mitteilbar, dass sie sinnliche Ausdrucksformen annimmt» (ibid.) - auch wenn für den einen Menschen das geistige Erkennen mehr ein inneres Sehen, für den anderen ein inneres Hören ist.

Und selbstverständlich ist Sexualität auch eine Form der Sinnlichkeit. Der Weise und die Dirne (Sophia) sind ein Paar und müssen zusammengehören, denn "nihil est in intellectu quod non prius fuerit in sensu".

Das Geschehen mit dem abstürzenden "UFO" und dem Motorrad kann als ein "Erbe" betrachtet werden, das eine "falsche" Handhabung des weiblichen Elementes in der Familie von des Vaters Seite her zum Ausdruck bringt. Das Weibliche wurde tatsächlich (bei mir) "patrilinear" seit Generationen zu weit vom Irdischen in luftige Sphären verbracht. Dies kommt heute noch in einer idealisierenden Marienverehrung zum Ausdruck. Dafür bestehen dann bei diesen Katholiken die allergrössten Schwierigkeiten im Umgang mit dem irdisch Weiblichen. Sie wird in solchen Kreisen oft systematisch heruntergemacht - und letztlich prostituiert. Oft hörte ich z.B. meinen Vater sagen: "Ohne Frauen wäre die Welt besser und einfacher!» Dass dann in kirchlichen Kreisen das Zölibat zu einer der Grundlagen des Religiösen hochstilisiert wird, ist eine logische Folge der Einschätzung der Frau als ein lästiges Anhängsel.

So gesehen lässt sich das Motorrad als blosses Anhängsel des UFO-Flugzeuges interpretieren, als etwas, das - wie das Weibliche bei vielen Katholiken - keinen Eigenwert besitzt und somit dem Männlichen nicht ebenbürtig sein kann. Diese Haltung scheint bei mir zu einem belastenden Erbe ausgewachsen zu sein. Und dies entspricht in etwa meiner Situation, denn diese Erbschaft entspricht einer "familiären Neurose", dessen Problematik irgendwie zu lösen sein wird.

Bis anhin war mir diese Gegebenheit absolut unklar. Auch bestand keinerlei Gefühlsrapport zu dieser Ausgangssituation. Nun wird die Angelegenheit zumindest "analytisch" greifbar. Es bedarf also einer gewissen Objektivierung und damit einer Unterscheidung vom familiären Erbe, um das "Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen!" zu verstehen, denn nur so ist eine wirkliche Auseinandersetzung möglich. Diese Einschätzung ist das Resultat einer zweistündigen Sitzung beim Schulanalytiker.

16.03.01 Ich hatte mich damals für DIESEN "analyse-konformen" Aspekt des Traumes entschieden, denn ich wusste nichts über die Auswirkungen gedanklicher Konstrukte. Und so kam es denn zu einer drastischen Reaktion seitens der sogenannten Traumwelt am 28. September 1973. Diese wies ziemlich brutal auf den "Wahnsinn" des "Analytischen" hin - liess jedoch die Möglichkeit einer spirituellen Erschliessung offen.

Zerstört und zerfetzt (28. September 1973)
... Beim Atlantis, einem stadtbekannten Lokal in Basel in der Nähe der Heuwaage, suche und suche ich doch wieder nicht nach einer Prostituierten. Nachdem ich kurze Zeit im Atlantis, einem sehr "sinnlichen" und "musikalischen" Ort, verweilt bin, gehe ich hinaus auf die Strasse und zum Brunnen hinauf.

17.3.01 Am 24. August 1967 sprach ich an diesem Ort, d.h. im Atlantis, erstmals mit meiner Frau Cathy!
Der Brunnen ist ein "Vertikalgebilde" und verbindet die Ober- mit der Unterwelt. Dass ich in Richtung eines solchen Zusammenhanges gehe, aber diesen Sachverhalt nicht problematisiere, ist ein schwerwiegender Fehler. Dieser ist allein darin begründet, das ich zu opportunistisch bin bzw. zu gläubig auf das Wort des Schulanalytikers höre - und mich in der Folge sozusagen in das von ihm herangebrachte Konstrukt verrenne.

Weiter oben rennt ein junger Mann auf die Strasse hinaus und wird von einem von der Elisabethenkirche heranrollenden Tram erfasst. Der Mann schreit auf, fällt zu Boden und wird überfahren. Dann kriecht er laut stöhnend unter dem Tram hervor, das eine Schnellbremsung eingeleitet hat, und rennt schreiend gegen das Atlantis hinunter. Seine Schmerzen müssen ungeheuerlich sein.

Mittlerweile habe ich bei einem mir bekannten Schwer-Invaliden im Atlantis Morphium organisiert - in der Hoffnung, damit wenigstens die Schmerzen etwas lindern zu können. Der Invalide steht auf und humpelt an seinen Krücken auf die Strasse hinaus. Gerne ist er bereit, mir Morphium zu geben, aber er meint, dies werde dem Verunfallten nicht helfen, denn die Verletzungen seien zu gross.

Und tatsächlich, der Mann rennt rasend vor Schmerz an uns vorbei - sein Bauch ist jetzt regelrecht aufgequollen. Wir können nur hilflos dastehen und schreckensstarr das grässliche Geschrei anhören. Wie der Mann um die Ecke gegen die Heuwaage hinunter springt, wird er von einem grossen Amerikanerwagen angefahren und regelrecht zerfetzt. Sein Körper platzt auf und die Teile spritzen und fliegen auf die Strasse hinaus. Ein grauenhaftes Geschehen. Aber irgendwie sind wir alle froh, dass der Mann schnell sterben konnte. ...

17.3.01 Diese "Zerstückelung" wäre natürlich auch die Folge einer konsequenten, weiterführenden Analyse gewesen. Aber eine solche hätte ich freiwillig machen müssen, denn nur so wäre für mich das Systemkonforme in der Argumentation des Schulanalytikers zu erkennen gewesen. Aber ohne mein Dazutun geschah sie eben unfreiwillig. Das Geschehen wies mich ziemlich brutal auf die Notwendigkeit einer vertieften Auseinandersetzung hin, die das "Familiäre" bei weitem überstieg. Bewusstwerdung der Familienneurose ist das eine, Bewusstwerdung jenes Paradigmas, das all dem zugrunde liegt, das andere. Wenn das Individuelle aufgesprengt wird, bleibt kaum mehr etwas übrig - und es MUSS ein neuer Ansatz gefunden werden. Die Richtung war vorgezeichnet, denn auch der andere Traumteil vom 27 September 1973 gab einen deutlichen Hinweis:

Der alte Japaner 27 September 1973
... Ich fahre mit vielen Leuten in einem Zug. Wir nehmen an einer Führung teil, die Aufschluss über die Planung einer neuen Autostrasse geben soll.

17.3.01 Es geht um eine Art Schulungsweg, der in meinem Fall 1973 in einem Universitätsabschluss und dem Erwerb des Psychotherapeuten-Diplomes bestand. Dies wäre ein ziemlich konfliktbelasteter Weg gewesen. Dies wurde im weiteren, hier ausgelassenen Teil des Traumgeschehens sehr detailliert dargestellt.

... Später treffen wir auf dem gigantischen Fabrikgelände ein, das sich in Japan befindet. Hier sind wir für eine Woche Gäste und sollen während dieser Zeit in der Fabrik herumgeführt werden. Jeder erhält einen Führer. Mir wird eine Japanerin zugeteilt.

Wie ich mir jedoch die Sache genauer überlege und dabei auf die wunderbar bewaldete Gegend aufmerksam werde, beschliesse ich, auf die Fabrikführung zu verzichten und statt dessen während der Woche eine ausgedehnte Wanderung zu unternehmen, um die uralten, von Generationen von Zen-Mönchen begangenen Waldungen in Ruhe betrachten zu können.

Ich bestehe der Japanerin gegenüber auf meinem Wunsch, zumal ich weiss, dass dieser Wunsch mindestens schon einmal vorgebracht worden ist - und auch erfüllt wurde. Da ich von meiner Forderung nicht abgehe, willigt die Frau schliesslich ein und bringt mich zu einem erfahrenen Bergführer. Eine Begleitung ist nämlich notwendig, weil einige schroffe Berge zu überqueren sein werden und das Gelände unwegsam ist.

18.03.01 Und exakt hier reagiert denn der Traum DIESER Nacht, der hier kurz erwähnt sei. Vor dem Einschlafen dachte ich, dass es doch interessant sein könnte, wenn die Leute vom Jung-Institut meine Art von den Träumen zu lernen, mal zur Kenntnis nehmen und diskutieren würden. Die Reaktion ist "knallhart": Wie ich versuche, die "jungianische Anima" in Gestalt einer Frau im Gebäude des Jung-Institutes zu kontaktieren, kann ich nur ganz knapp den vom Dach heruntergeworfenen Steinen ausweichen und muss sogar eilends über das nunmehr geschlossene hohe Eisentor klettern, um nicht gelyncht zu werden.

Das Haus des Japaners, der Führer sein könnte, ist jenseits der Bahnlinie. Über eine merkwürdige Treppe steigen wir zum alten Holzhaus hinauf. Dies erfordert einiges an Geschicklichkeit, denn die kreuzweise übereinandergelegten Rundhölzer geben nicht allzu viel Halt.

Im Wohnraum sitzt ein altes Ehepaar, das mich an Philemon und Baucis erinnert. Das Häuschen ist derart einfach eingerichtet, dass es mich als Europäer regelrecht beschämt.

18.03.01 Das alte Ehepaar erinnert natürlich an Philemon und Baucis, von denen Ovid erzählt. Die beiden hatten schon in früher Jugend geheiratet und waren zusammen alt geworden. Trotz ihrer Armut nahmen sie die unerkannt in Gestalt von Menschen umherziehenden Götter Jupiter (Zeus) und Merkur (Hermes) in ihre äusserst armseligen Hütte auf und bewirteten sie. Beim Mahl erkannte das Ehepaar die Götter erst, als der Wein im Krug nicht versiegte. Zum Dank für die Gastfreundschaft, die von den übrigen Erdbewohnern nicht gewährt worden war, verwandelten die Götter die Hütte des Paares in einen Tempel und liessen die anderen Häuser in einer Flut untergehen. Philemon und Baucis wurden zu den priesterlichen Hütern dieses Tempels und durften gemeinsam in hohem Alter sterben. Ihre Körper umkleideten sich mit grünen Blättern und Zweigen, Philemon wurde in eine Eiche und Baucis in eine Linde verwandelt.

C.G. Jung nannte übrigens eine der Gestalten, die bei ihm aus dem Unbewussten aufgetaucht waren "Philemon". (Vgl. "Erinnerungen, Träume, Gedanken" (Zürich: Ex Libris, (1961) 1962: 186f).)

«Philemon war ein Heide und brachte eine ägyptisch-hellenistische Stimmung mit einer gnostischen Färbung herauf. ... Philemon und andere Phantasiegestalten brachten mir die entscheidende Erkenntnis, dass es Dinge in der Seele gibt, die nicht ich mache, sondern die sich selber machen und ihr eigenes Leben haben. Philemon stellte eine Kraft dar, die ich nicht war. Ich führte Phantasiegespräche mit ihm, und er sprach Dinge aus, die ich nicht bewusst gedacht hatte. Ich nahm genau wahr, dass er es war, der redete und nicht ich. ...

[187] Durch die Gespräche mit Philemon verdeutlichte sich mir die Unterschiedenheit zwischen mir und meinem gedanklichen Objekt. Auch er war mir sozusagen objektiv gegenübergetreten, und ich verstand, dass etwas in mir ist, was Dinge aussprechen kann, die ich nicht weiss und nicht meine, Dinge, die vielleicht sogar gegen mich gerichtet sind. ...

Ich hätte mir damals in meinen «Finsternissen» (Horridas nostrae mentis purga tenebras, sagt die Aurora Consurgens (eine alchemistische, dem Thomas von Aquin zugeschriebene Schrift. Übers.: Reinige die schrecklichen Finsternisse unseres Geistes)) nichts Besseres gewünscht als einen wirklichen, konkreten Guru, einen überlegen Wissenden und Könnenden, der mir die unwillkürlichen Schöpfungen meiner Phantasie entwirrt hätte. Diese Aufgabe übernahm Philemon, den ich in dieser Hinsicht nolens volens als Psychagogen anerkennen musste. Er hat mir in der Tat erleuchtende Gedanken vermittelt.»

Eigenständige, anderweltliche Gestalten werden durch jedes System in ein Prokrustesbett gezwängt und damit verstümmelt. Ich selber musste erkennen, dass sich jeder Trauminhalt in ein Deutungsschema hineinpressen lässt. Aber wenn ein Konzept zu laut ist, kann nicht gehört werden, was "andere" sagen.

Der alte Japaner bietet uns einen Platz an und beginnt mit mir zu sprechen. Er scheint meine Tauglichkeit prüfen zu wollen. Zuerst reden wir japanisch, aber ich kann mich nicht an das Gesprochene erinnern, obwohl ich selber auch japanisch spreche ! (Xenoglossie) Deshalb versuche ich, englisch zu reden. Und tatsächlich, der Alte versteht diese Sprache.

Es stellt sich heraus, dass er das Englische während des zweiten Weltkrieges gelernt hat. Und nicht nur dies, er versteht und spricht auch deutsch, denn er war in Europa ! So können wir uns letztlich auf deutsch unterhalten - und zwar sehr zum Ärgernis meiner japanischen Begleiterin, die lange nicht merkt, dass wir deutsch sprechen und ein ausgezeichnetes Verhältnis entwickelt haben. Die Frau hoffte nämlich, dass der Alte und ich uns nicht verstehen werden und die Wanderung niemals stattfinden wird.

Der Alte besitzt auch eine kleine Bibliothek, die ich mir während unseres Gespräches nebenbei betrachte. Zwei Bücher von C.G. Jung sind besonders auffällig, das eine hat einen gelben Einband, auf dem die Jahreszahlen 1938-1945 zu lesen sind. Ich frage den alten Japaner, ob er Jung gekannt habe. Er antwortet:
"Ja, ich kannte ihn und habe ihn vor vielen Jahren durch diese Wälder und Berge geführt."

Die Antwort "prallt" wie ein Geschoss auf mich, denn es wird mir nun schlagartig klar, welcher Tradition ich nachfolge. Statt die breiten Strassen des alten Paradigma "sanieren" zu helfen, harrt meiner eine sehr schwierige Aufgabe. Ich vermag dem Alten weder zu antworten noch irgend sonst etwas zu tun - und kann nur noch eines, nämlich weinen. Meine Erschütterung ist total.

Aber bald kann ich wieder einigermassen klar denken und arbeite nun daran, den Zustand der totalen Erschütterung zu überwinden. Es gelingt ! Dies ist allein schon deswegen notwendig, weil ich mich vor diesen Japanern keinesfalls derart gehen lassen darf. Schliesslich gehören sie einem Volk an, das rigoros auf Selbstbeherrschung und Disziplin achtet.

Der alte Japaner erzählt ein paar Dinge aus seinem Leben und auch davon, dass sehr selten Leute zu ihm kommen, die er als Führer begleitet. Auch seine Frau erzählt - und zwar von Peterlibeeten, die sie angelegt hatte. Die Abstände zwischen den Beeten seien sehr klein und die Mückenplage sei in den ersten Jahren sehr gross gewesen, denn die Mücken hätten sich zunächst in den Beeten entwickelt.

Mir fällt jetzt auf, dass der Wohnraum auf der Vorderseite offen steht und nicht geschlossen werden kann. Deswegen müssen im Winter die Temperaturen hier dementsprechend tief sein.

Beinahe unbemerkt hat sich der alte Japaner verjüngt und ist jetzt etwa 30 Jahre alt. Und nun geht es auch nicht mehr um eine Führung durch Wälder und Berge, sondern darum, die von ihm geschriebenen Bücher zu lesen.

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