Quellen der Nacht
2. Kapitel / Teil 1
Werner Zurfluh
(1983) 3. erw. Aufl. 1996 im HTML-Format
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2. Kapitel
Begleiterscheinungen im Zusammenhang mit dem Austritt

In diesem Kapitel werden Phänomene im Umkreis der Ablösung des Zweitkörpers vom im Bett liegenden physischen Leib beschrieben, wobei ich mich strikt an die chronologische Reihenfolge meiner Erfahrungen halte. Es wäre auch möglich, eine vergleichende Studie aufgrund bestimmter Begleiterscheinungen zu machen und dabei die Berichte anderer Autoren zu berücksichtigen. Ich verzichte jedoch auf Vollständigkeit, Übersichtlichkeit und systematische Durchdringung zugunsten einer Darstellung mit stark autobiographischem Charakter. Obwohl dadurch eine ganz persönliche Note in die Erzählung und die Gliederung der Austrittserfahrungen miteinfließt, dürfte dieser Form ein größerer Wiedererkennungs- und Identifizierungseffekt zukommen. (
Inhalt)

2.1. Die Schwierigkeiten der ersten Jahre

1.6.1970
Beim Einschlafen höre ich deutlich die Worte «... dieser Sprung entsteht ...» Gleichzeitig knackt es laut. Sofort bin ich hellwach und überlege, was diese Phänomene für eine Bedeutung haben: «Bestimmt handelt es sich hier um ein synchronistisches Ereignis! Aber welches sind die Ursachen, die zu dieser Wortfolge und zum Knacken geführt haben, und worin besteht der akausale Zusammenhang!» denke ich - und werde augenblicklich durch das laut und scharf gesprochene Wort «Bezugslosigkeit» in meinem Gedankengang unterbrochen und von einem heftigen Knistern geplagt.

Verstand ich das Wort «Bezugslosigkeit» als Antwort auf meine Überlegungen, dann durfte ich ohne weiteres von diesen ablassen und mich statt dessen auf die Problematik der «Entstehung des Sprunges» und der damit zusammenhängenden Geräusche konzentrieren. Nur mußte ich eben noch lernen, daß Geräusche aller Art manchmal den Ablösungsvorgang einleiten oder gleichzeitig mit dem Austritt auftreten. Auch beim Wiedereintritt sind akustische Wahrnehmungen nicht selten. Beim 'Ausklinken' wie beim 'Einrasten' des Zweitkörpers kann es also zu einem Klick-Effekt kommen. Allerdings gibt es hier wie bei allen anderen Phänomenen im Zusammenhang mit dem Außerkörperlichkeit keine zwingenden Regeln!

Zu den Geräuschen, die einen Durchbruch, ein Kippen bzw. einen Übergang vom inner- in den außerkörperlichen Zustand anzeigen, gehören das Brodeln, Heulen, Klappern, Klatschen, Klicken, Klingeln, Knacken, Knallen, Krachen, Läuten, Pfeifen, Rascheln, Rauschen, Säuseln, Summen, Tönen, Trommeln, Zischen und so weiter. Derartige akustische Wahrnehmungen sind sehr häufig, aber sie werden entweder nicht beachtet oder eben nicht auf die Außerkörperlichkeit bezogen.

Manchmal werden diese akustischen Wahrnehmungen sehr schön beschrieben, aber nur 'verschlüsselt' auf die Problematik des Austritts bezogen. So z. B. Mrsic, der die Geräusche beschreibt, die beim Fließen der «Ströme zu beiden Seiten der Schattenschlucht» entstehen:

«Unsagbar zart wie das silberne Zirpen winziger Grillen aus Filigran vibrierte das Wispern des Stromes zu ihrer Linken, dem Gefieder der Silberfasane gleich . . . Süß, seidenfein wie rinnender Honig, wie das goldene Summen eines himmlischen Bienenschwarmes, rieselte der Strom zur Rechten, gleich dem Federschmuck der Goldfasanen». (S.33)
Dieses Zirpen, Wispern, Rieseln und Rinnen bezieht sich auf die Energieströme, die sich vor dem Austritt am Grunde der 'Schattenschlucht' vereinen und mit dem prachtvollen Rascheln eines sich entfaltenden Pfauenschweifes in der Mitte aufsteigen, «wie das zarte, metallisch zischende Brodeln und Brausen eines Tropfens von flüssigem Gold in edelstem Wein» (ibid.). Nun denn - man kann es auch so sagen.

Ähnliches, doch in wesentlich prosaischerer Form, wird man in den Schriften der Tantriker nachlesen können, wenn sie über Ida, Pingala und Sushumna schreiben. Und selbstverständlich kann man diese Geräusche hören, entweder bei sich selbst oder dann draußen in der freien Natur. Sogar das Summen der Schreibmaschine oder der Festplatte und der Lüftung des Computers hat eine - wenn auch nur sehr entfernte - Ähnlichkeit mit gewissen Geräuschen, die den Austritt anzeigen. Schöner sind natürlich die Momente im Frühling unter einem vollerblühten Baum, um den Tausende von Bienen schwirren.

Das innere Summen ist oft von einem starken Prickeln begleitet. In diesen Fällen sind die akustischen Wahrnehmungen mit bestimmten Körperempfindungen verbunden. Tsau, einer der mächtigen Heiler des !Kung-Stammes in der Kalahari-Wüste in Botswana im Süden Afrikas beschreibt «das 'N/um' als ein Prickeln am Ende der Wirbelsäule, das hochsteigt, bis es 'die Gedanken im Kopf zu Nichts macht'» (Katz 1977:55)

Klick-Effekte werden von verschiedenen Autoren berichtet oder zitiert, beispielsweise von Carrington im Buch von Muldoon, von Crookall, Eastman, Goleman und Green. (Inhalt)

In der Nacht auf den 26. Juli 1970, als ich als waffenloser Sanitätssoldat einen Wiederholungskurs in der Kaserne Aarau absolvierte, erlebte ich folgendes:

Mitten in der Nacht bin ich plötzlich hellwach und habe das deutliche Gefühl, daß ich mich von meinem im Bett liegenden Körper ablöse, so als ob ich mit einem Zweitkörper aus der Hülle des physischen Leibes aussteigen würde. Dies geschieht bei klarstem Bewußtsein, wobei ich ganz besonnen bleibe und mir in allen Punkten über meine augenblickliche Situation im klaren bin. Ich weiß, wo ich bin, was ich tue, und ich empfinde diesen Vorgang wie die Krönung nach einer langen Zeit des Suchens und wie das Wiederfinden eines verloren geglaubten Erfahrungsschatzes.

Langsam schwebe ich von meinem Bett aus dem Fenster des Dachstockzimmers hinaus, in dem meine Kameraden schlafen. Ich sehe sie in ihren Betten liegen und wundere mich über das geheimnisvolle Licht, das über allem liegt und die Gegenstände wie von innen heraus leuchten läßt. Draußen fliege ich schräg nach oben - bis in eine Höhe von etwa 20 Metern über dem Boden.

Beinahe schlagartig sehe ich nun den sternenübersäten Himmel über mir. Abermillionen Sterne und Galaxien gleißen und glitzern in einer zutiefst beeindruckenden Schönheit, als wäre ich irgendwo hoch oben in den Bergen draußen vor der Hütte, um in der klaren und mondlosen Nacht in das Firmament hinaufzuschauen. Ich stelle fest, daß ich das diesseitige Universum sehe. Ich hätte außerhalb des physischen Körpers eher erwartet, eine andere Welt zu sehen, aber dem Aussehen nach zu urteilen, muß es sich um den normalen Sternenhimmel handeln. Dennoch fühle ich mich in dieser Unermeßlichkeit des Raumes völlig allein und irgendwie verloren. Deshalb beginne ich nach einiger Zeit nach einem 'Führer' und 'Meister' zu rufen. Aber trotz mehrmaliger Wiederholung rührt sich nichts - ich bleibe allein unter der majestätischen Weite des Sternenhimmels. Schließlich rufe ich nach Jesus Christus, doch es geschieht weiterhin nichts.

Nach ein paar Minuten komme ich zum Schluß, daß ich wohl noch zu wenig reif für derartige Reisen sei. Plötzlich erinnere ich mich an einen Freund, der vor kurzem in Indien war und dort meditiert hatte. Ich vermute bei ihm Verständnis für meine Situation und rufe deshalb laut seinen Namen. Tatsächlich erscheint er ziemlich rasch und begleitet mich auf der Rückkehr in den Dachstock. Dann bin ich wieder im Bett, schlage die Augen auf und bleibe eine Weile nachdenklich liegen. Später schlafe ich ein.

Die Lichteffekte werden allerdings nicht gesondert zusammengestellt, zumal sie von mir nicht in dem Ausmaß beachtet worden sind wie die akustischen und vor allem die optisch-bildhaften Ereignisse. Bestimmt sind sie es wert, beachtet zu werden, denn sie haben mit dem Energiefluß zu tun und stehen mit der Erweckung der Kundalini im Zusammenhang. Letzten Endes also auch mit dem Akustischen im Unfeld der Außerkörperlichkeit und dem, was als 'Aura' bekannt ist. Das wußte ich allerdings erst sehr viel später. Gopi Krishna hat seine Erlebnisse in bezug auf die Kundalini eindrücklich beschrieben! (Inhalt)

Es war offensichtlich möglich, das Ich-Bewußtsein vollständig zu erhalten, während der physische Körper schlief. Und ich existierte in einem Körper, der anderen Gesetzen gehorchte. Dies lief nicht nur der gewohnten Verwendung des Wortes 'wach' zuwider. Mein Erlebnis widersprach speziell an diesem militärisch geprägten Ort den üblichen gesellschaftlichen Vorstellungen. Der Kontrast konnte kaum größer sein, was die erheblichen Anfangsschwierigkeiten gedanklicher und sprachlicher Art eher noch verschärfte und vor allem zum Vorschein brachte.

In den Jahren bis 1974 wurde mir dann immer deutlicher, daß in bezug auf derartige Erlebnisse besonders eines zu beachten war: Ich mußte die angelernten psychologischen Methoden und die von mir übernommenen gesellschaftlichen Vorstellungen relativieren. Aber 1970 besaß ich weder die Selbständigkeit noch die Furchtlosigkeit, derartige Erlebnisse ohne psychologische Einordnungsbemühungen zu akzeptieren - und es fehlten mir der Mut und die Risikobereitschaft, mein Weltbild mit allen Konsequenzen auf das Konzept der Außerkörperlichkeit auszurichten. (Inhalt)

Das Erlebnis in Aarau vom 26. Juli 1970 zeigte mir 'nur', daß es prinzipiell möglich war, mit einem intakten Ich-Bewußtsein außerhalb des schlafenden Körpers zu sein. Diese Erfahrungsgewißheit war für mich von außerordentlicher Bedeutung, denn sie ließ in mir wieder eine beinahe vergessene Fähigkeit aufleben: die Fähigkeit zu staunen: Einfach staunen und vorbehaltlos ein Geschehen annehmen, das vom Gewohnten abweicht und der Erwartung zuwiderläuft.

Das Erlebnis der Außerkörperlichkeit ist zuerst einmal etwas, was allen Sprachnormen und dem allgemein anerkannten Weltbild widerspricht. Deshalb ist man eher geneigt, die Wirklichkeit solcher 'abartiger' Erlebnisse zu bezweifeln oder irgendwie abzuwerten, als die bisherigen Anschauungen in Frage zu stellen und zu korrigieren. (Anm.1) Und wer sich dieser Tendenzen nicht bewußt ist, stützt sich beim Erzählen der eigenen außerkörperlichen Erfahrungen fatalerweise unkritisch auf die allgemein verbindlichen Sprachregelungen und verfängt sich auf diese Weise leicht in den Netzen der umgangssprachlichen Gewohnheiten oder benutzt wissenschaftliche Terminologien, die hier fehl am Platze sind. (Inhalt)

Beispielsweise sind Psychologische Theorien derart konzipiert, daß sie das Ganz-Andere eher ausschließen oder zumindest zu kontrollieren suchen, statt neue Möglichkeiten des Erlebens zu eröffnen. Dabei wäre zu bedenken, was Einstein im Gespräch mit Heisenberg sagte: «Vom prinzipiellen Standpunkt aus ist es ganz falsch, eine Theorie nur auf beobachtbare Größen gründen zu wollen. Denn es ist ja in Wirklichkeit genau umgekehrt. Erst die Theorie entscheidet darüber, was man beobachten kann.» (Heisenberg S.92) Es gibt zwar Ausnahmen, die geeignet wären, neue Ufer zu erschließen, aber sie werden kaum prophylaktisch als Strategie der Bewußtwerdung und Erübrigung der üblichen therapeutischen Maßnahmen genutzt. (Anm.2)

‘Theorie-Nischen’ welche über den therapeutischen Rahmen der Psychologie hinausweisen, werden eher ängstlich gehütet und nur hinter vorgehaltener Hand - für Fortgeschrittene mit entsprechender Ausbildung oder mit Bewilligung des Analytikers oder für Schüler erster Klasse - mitgeteilt. Dabei scheint man davon auszugehen, daß der Mensch in allen Fällen irgendwie und irgendwo krank sei und einer Therapie und Katharsis bedürfe: eine ziemlich verbreitete und dennoch sehr merkwürdige Vorstellung. Sie führt zur Betonung der Pathologie und der Heilungstechniken unter Vernachlässigung der Vorbeugemaßnahmen und der Veränderung des sozialen Umfeldes. (Anm.3)

Was nun die Eigenerfahrungen betrifft - vor allem das Erleben während des Schlafes -, so werden sie auffällig geringschätzig beurteilt, mißachtet oder durch Deutungen stark verunstaltet. Persönliche Erlebnisse, die etwas von der Norm abweichen, werden so behandelt, als wären sie Ausdruck schlimmster Krankheitszustände und seelisch-geistiger Defekte.

Obwohl gerade die nächtlichen Erfahrungen zuallererst einmal eine Herausforderung an die eigenen Möglichkeiten sind, findet sich kaum jemand, der sich ernsthaft und unabhängig von psychologischen und parapsychologischen Schulmeinungen mit ihnen auseinandersetzt. Sie sind Objekte für Interpretationsversuche und statistische Untersuchungen.

Lange Zeit versuchte auch ich, das eigene Erleben an allgemeinen Maßstäben zu orientieren und in das Gewohnte einzugliedern. Nach und nach (es dauerte Jahre!) wurde mir jedoch klar, daß ich mit diesen Versuchen nicht zu weit gehen und behaupten konnte, bestimmte Erfahrungen dürften nicht ernst genommen werden, nur weil sie dem herkömmlichen Weltbild nicht entsprachen.

Im Zusammenhang mit den Träumen und anderen nächtlichen Ereignissen gab es Verdrängungsmechanismen, die ich kaum als solche erkannte. Ich versuchte, nach allen Regeln der Kunst zu interpretieren, weil ich gelernt hatte, daß 'Träume' ein symbolhaftes Geschehen seien. Auf diese Weise hinderte ich mich oft selbst daran, vollbewußt einzuschlafen, um mich direkt an Ort und Stelle mit den Ereignissen auseinanderzusetzen. (Inhalt)

Gemäß der psychologischen Auffassung bedeuten Traumbilder etwas, sie sind nicht, weshalb ich die hinter der Traumrealität verborgene eigentliche Wirklichkeit zu suchen hatte. Dieses Vorgehen konnte sich vor allem in bezug auf die außerkörperlichen Erfahrungen als fatal erweisen und den Luzidität prinzipiell gefährden. Deshalb galt es vorsichtig zu sein - ich durfte nicht einfach eine Sichtweise benutzen, die einer bestimmten psychologischen Schulrichtung verpflichtet war, und im kritischen Augenblick nach einem Ordnungsprinzip rufen.

Um mit dem luziden Träumen und der Außerkörperlichkeit auch nur einigermaßen zurechtzukommen, brauchte ich - wie erwähnt - mehrere Jahre, denn ich übersah immer wieder ganz bestimmte Probleme. Zudem bestand die Tendenz, nach Hilfe zu suchen, statt selbst die Antworten zu finden. Die mir zur Verfügung stehenden Orientierungshilfen gingen davon aus, daß die Ich-Identität beim Einschlafen verlorengehe und daß es nur eine Wirklichkeit gebe, nämlich die Alltagsrealität. Alle anderen Erfahrungsebenen galten als halluzinatorisch. (Anm.4) Derartige Meinungen hatten bei mir Auswirkungen bis in den nächtlichen Bereich hinein, sie bestimmten maßgeblich mein Verhalten und sie hinderten mich daran, bewußtseinskontinuierlich zu bleiben. Unfähig, das Außergewöhnliche geschehen zu lassen, war ich gezwungen, wieder in den schlafenden Körper zurückzukehren oder dann unbewußt zu werden.

9. August 1970
In den letzten paar Wochen ist es mir mehrere Male gelungen, mich vom Körper abzulösen und in den außerkörperlichen Zustand hinüberzuwechseln. Aber ich weiß nicht, was ich damit anfangen und wie ich dieses Ereignis einordnen soll. Heute war ich wiederum erfolgreich: Ich habe meinen Zweitkörper willentlich aus dem schlafenden Körper wie einen Zapfen aus dem Flaschenhals gezogen.

Gerade in bezug auf die Art des Ablösungsvorganges darf man sich nicht in ein Vorstellungsschema pressen lassen und meinen, es dürfe nur so und nicht anders geschehen. Für mich ist die gewöhnlichste Art des Austrittes das seitliche Abrollen oder Aufstehen. Die Lage des physischen Körpers spielt dabei überhaupt keine Rolle. Ferner kenne ich z.B. das Hochfliegen, Hinunterfallen, Hinausrutschen, Hochziehen und Herausdrücken - und das körperlose Wegfliegen als Ich-Bewußtseins-'Punkt'. Welche Art des Austrittes ich wähle, hängt einfach von den gegebenen Möglichkeiten und von meinen Absichten ab. (Inhalt)

2.1.1. Folgenschwere Sprachgewohnheiten

24. August 1970
Aus irgendeinem Grunde erwache ich mitten in der Nacht. Daraufhin versuche ich eine Körperablösung, was aber nicht gelingen will, so sehr ich mich auch anstrenge. Sch1ießlich kann ich doch die 'anderen' Augen öffnen und das dunkle Zimmer sehen. Gleichzeitig löse ich mich wie ein Blatt vom im Bett liegenden Körper ab und gehe die paar Schritte zum Fenster hinüber, wo ich stehen bleibe - und mich auf die Möglichkeit besinne, mit dem abgelösten Zweitkörper durch geschlossene Fenster gehen zu können. Dann springe ich durch die Scheibe hindurch.

Dieses Protokoll ist wiederum typisch für die damalige Zeit. Es widerspiegelt wie die anderen meine Unachtsamkeit und mein fehlendes Engagement dem Erfahrungsbereich der Außerkörperlichkeit gegenüber. Das Erlebnis vom 24. August hatte ich 'eigentlich' nur aufgeschrieben, weil ich mich an keinen Traum erinnern konnte. Doch gerade bei derartigen Versuchen wäre es wichtig gewesen, den Ablauf ausführlich zu beschreiben und vor allem die aufgetretenen Schwierigkeiten detailliert wiederzugeben. Diese Disziplinierung schult nämlich nicht nur die Kontinuität des Ich-Bewußtseins, die Aufmerksamkeit und die Beobachtungsgabe, sondern hilft auch, Fehler zu vermeiden.

28. November 1971
Nach dem Mittagessen lege ich mich mit der Absicht hin, die Einschlafphasen ganz genau zu beobachten. Als erstes stelle ich ein stufenweises Absinken meines Bewußtseins fest. Diese Ausdrucksweise scheint mir jedoch nicht korrekt zu sein, denn mein lch-Bewußtsein mindert sich nicht, sondern es verlagert und verschiebt sich, weil meine Aufmerksamkeit sich anderen Dingen zuwendet. Das reale Alltagsleben um mich herum nimmt seinen üblichen Lauf, während ich mich empfindungsmäßig immer weiter von ihm entferne, nicht nur bildlich gesprochen, sondern sogar körperlich mit dem Zweitkörper. Denn ohne Anstrengung ist mir eine Ablösung gelungen. Sie geschah wie selbstverständlich als Nebeneffekt der aufmerksamen Beobachtung der Einschlafphasen. Nun gehe ich sogleich durch die geschlossene Balkontüre hindurch auf die Veranda hinaus. Unterwegs vergewissere ich mich mehrere Male meines Zustandes, nämlich der Tatsache, daß ich dies 'schlafend' tue und nicht 'real'. Ich denke auch an einige frühere Körperablösungen und vergleiche sie mit der eben erst durchgeführten. Es fällt mir auf, daß ein Austritt während des Mittagsschläfchens leichter zu bewerkstelligen ist als des Nachts.

Draußen im Garten höre ich plötzlich die laut gewordenen Stimmen der spielenden Kinder. Ihr lustiges Geschrei reißt mich ins Bett zurück und 'weckt mich auf'. Aber ich verhindere ein totales .Einklinken, des Zweitkörpers, indem ich die Empfindungen des physischen Körpers in einem 'schwebenden Dämmerzustand' belasse. Als erstes bleibe ich natürlich reglos liegen, und außerdem registriere ich die Sinneseindrücke aus dem Alltag nur ganz am Rande und schwäche sie ab, indem ich meine bewußte Aufmerksamkeit als selektiven Filter einsetze und die äußeren Ereignisse nicht besonders beachte. Statt dessen beobachte ich konzentriert das .innere, Geschehen.

Bald stehe ich wieder mit dem Zweitkörper neben dem Bett und blicke auf die Veranda hinaus - ohne darauf zu achten, wie die Kinder auf der Alltagsebene herumtoben. Solange ihre Stimmen nicht übermäßig laut werden, wird meine Konzentration auf die optischen Eindrücke nicht beeinträchtigt.

Ich sehe den Garten, die Felder und etwa 200 Meter von meinem Standort entfernt Landschaftsbilder einer anderen Welt. Die Grenze zwischen den beiden Welten bildet ein von hohen Bäumen gesäumter Bach, auf dessen anderer Seite einige Hochhäuser stehen. Und in der Ferne erblicke ich die höchsten Gipfel eines imposanten Gebirges.

Ich bin mir meiner Bewußtseinsstabilität zu unsicher und beschließe, Schritt für Schritt vorzugehen und mir dabei unter allen Umständen meiner Situation bewußt zu bleiben. - Nach kurzem Anpeilen der Verandatüre verschiebt sich mein Standort blitzartig um die zwei Meter bis zum Ausgang. Dann schaue ich intensiv auf die Rasenfläche und stehe kaum eine Sekunde später im Garten. Als nächstes blicke ich auf einen Ort draußen auf dem Feld in der Nähe des Baches. Auch dieser 'Sprung' gelingt. Und dann versuche ich einen bis zu den Hochhäusern auf der anderen Seite - aber da dringt das lauter gewordene Kindergeschrei bis zu mir durch und zwingt mich wieder zurück ins Bett. Dennoch bin ich zufrieden mit dem Erreichten, ohne deshalb die Versuchsreihe abzubrechen.

Ein paar Minuten später gelingt es mir von neuem, aus dem schlafenden Körper auszutreten und in den Garten hinauszugehen ... (Inhalt)

Was die Aufmerksamkeit beim Übergang betrifft, sei darauf hingewiesen, daß das folgende Vorgehen besonders einfach ist. Nur noch das beachten, was bei geschlossenen Augen beobachtet werden kann: Schwärze, Lichtmuster, Farben, Strömungen, Pulsationen, Wirbel usw. Vielleicht wird dabei eine Art 'begehbarer' Tunnel entstehen. Oft werden auch Bilder gesehen, z.B. Fratzen, Landschaften, kurze Szenen oder ein ganzes Kaleidoskop von Farben. Manchmal sind es Dinge von erschreckender Häßlichkeit oder überragender Schönheit.

Schwieriger ist die Technik einer partiellen Sinnesdeprivation, des sogenannten 'Ohrverschlusses'. Dabei werden nur noch die 'inneren Geräusche' beachtet! Je stärker die Abkehr vom Äußeren, desto mehr ist das Rauschen des Blutes in den Adern, das Klopfen des Herzens und das Sausen und Pfeifen in den Ohren zu hören. Schließlich ist möglicherweise sogar eine innere Musik zu vernehmen., ein Phänomen, das sich wie das 'wilde Bildersehen' beim Einschlafen auf eine ganz natürliche Weise ergibt, auf das aber nur selten bewußt geachtet wird.

1. Dezember 1971
Beim Übergang vom wachen in den schlafenden Zustand des physischen Körpers habe ich die deutlich wahrnehmbare Empfindung, mich mit einem Zweitkörper abzulösen. Dann falle ich jedoch wieder in einen 'halbwachen' Zustand zurück, d.h., ich spüre den im Bett liegenden Körper stärker. Dieses Hin- und Herschwanken zwischen 'Ausleibigkeit' und 'Innerkörperlichkeit' dauert eine ganze Weile, weshalb ich genügend Muße habe, in Ruhe über den Wechsel nachzudenken und ihn zu beobachten. Es scheint mir nun selbstverständlich und ganz natürlich, daß dieses Phänomen beim Einschlafen erlebt werden kann, wenn das Ich sich Mühe gibt, nicht selbst einzuschlafen.

Die Ablösung geschieht jeweils sanft und lautlos - ohne irgendwelche Begleitumstände. Nachdem ich mich vollständig abgelöst habe, gerate ich ziemlich rasch in eine mir völlig fremde Umgebung. Der Übergang geschieht derart schnell, daß ich in einen Zustand höchster Verwirrung gerate. Ich kann die Realitätsebenen nicht mehr voneinander unterscheiden - was ist nun Alltag und was nicht? Diese Unsicherheit bedroht die Stabilität und Kontinuität meines Ichs, und es ist sehr anstrengend, bewußt zu bleiben, statt dem Impuls nachzugeben, unbewußt zu werden. Endlich gelingt es mir, die Krise zu überwinden und die Ebenen auseinanderzuhalten, aber erst, als ich meinen außerkörperlichen Zustand als solchen akzeptiere und keine Skrupel mehr habe, in einem Erfahrungsbereich bewußtseinskontinuierlich zu bleiben, der doch 'eigentlich' als Traumzustand gilt und in dem es gewissermaßen verboten ist, 'Bescheid zu wissen'. (Inhalt)

Weil ich damals zu stark - trotz meinen Erfahrungen - an der Vorstellung festhielt, im Schlafzustand des physischen Körpers bzw. im Traumzustand sei es unmöglich, bewußt zu bleiben, kam es am 1. Dezember 1971 gerade wegen meiner Bewußtseinskontrolle und wegen meines Wissens, außerkörperlich zu sein, zu Komplikationen. Ich mußte auf eine Art Zustandskontrolle zurückgreifen und mir immer wieder sagen, daß ich nun definitiv ausgetreten sei. Die Verwirrung hätte andererseits vermieden werden können, wenn der Wechsel von der Alltagsebene in eine andere Umgebung nach dem Austritt langsam und schrittweise erfolgt wäre. Bei einem abrupten Übergang hatte ich als Anfänger Mühe, mein Ich-Bewußtsein stabil zu halten.

Wortgebilde wie wachbewußt träumen und bewußt schlafen sind überaus ungewöhnlich und scheinen prinzipiell widersprüchlich. 'Wachen' und 'schlafen' sind im Normalgebrauch gegensätzliche Bezeichnungen und weisen auf völlig verschiedene Zustände des Ichs hin. Ganz selbstverständlich wird dabei der Zustand des Ichs mit dem des physischen Körpers gleichgesetzt. Ein schlafender Körper bedeutet ein unbewußtes Ich. Ein Ich, das nicht wach ist, schläft.

Wer sich nun während eines Traumes plötzlich der Tatsache, im Traumzustand zu sein, bewußt wird, ist erwacht. Jetzt stellt sich die Frage, welche praktischen Auswirkungen dieses Erwachen hat. Aus lauter Gewohnheit und völlig kritiklos setzt das wachgewordene Ich voraus, daß 'Wachwerden' und 'Aufwachen des Körpers' gleichbedeutend seien. Da der Zustand des Ich-Bewußtseins mit dem des physischen Körpers gleichgesetzt wird, verbietet es sich das rationale Ich selbst, wachend zu schlafen.

Sprachgewohnheiten sind im Falle der Außerkörperlichkeit (und des luziden Traumes) äußerst verhängnisvoll, denn es besteht ein fataler Zusammenhang zwischen Sprechen und Handeln. (Anm.5) Die Sprache setzt die Identität von Körper- und Ich-Zustand voraus - und sie kennt ohne kritisches Hinterfragen nichts anderes. Dass diese Identifizierung etwas Angelerntes ist, wird als Selbstverständlichkeit hingenommen.. Dies bedeutet dann - schließlich ist etwas anderes nicht bekannt -, daß mit dem Einschlafen das Ich-Bewußtsein verlorengehen oder zumindest bis zur Unkenntlichkeit verändert werden muß. Diese Wirklichkeit wird dem Schläfer aufgezwungen, wenn er es unterläßt, sich mit derartigen Sprachregelungen kritisch auseinanderzusetzen. (Inhalt)

Die Abtrennung des vollbewußten Ichs vom Zustand des Körpers ist kein Akt, der zwangsläufig die Schizophrenie einleitet. Wenn z.B. das Ich beim Einschlafen des physischen Körpers wach bleibt und sich von ihm ablöst, dann erleidet es weder einen Bewußtseinsverlust noch eine Dissoziation oder Depersonalisation. Wenn mir ein Arm oder ein Bein 'einschläft', weil ganz bestimmte Nerven allzu stark gepreßt wurden, dann sind die entsprechenden Glieder taub und nicht mehr zu spüren. Dies mag unter Umständen unangenehm sein, aber niemand wird deswegen behaupten wollen, sein Ich sei nun dissoziiert. Und Paraplegiker wird man nicht als schizophren bezeichnen, nur weil sie ihre Beine nicht mehr bewegen und spüren können. Invalidität und Krankheit lehren den Menschen, daß die Kontinuität des Ich-Bewußtseins nicht nur vom Zustand des physischen Körpers abhängt. (Anm.6) (Inhalt)

Um einem weiteren Mißverständnis vorzubeugen, sei darauf hinweisen, daß man unter Umständen während des außerkörperlichen Zustandes gleichzeitig auch vollumfänglich die Empfindungen des physischen Körpers wahrnehmen kann, egal ob dieser nun im Bett liegt oder irgendeine Tätigkeit ausführt. Dann hat man als eine Ich-ldentität zwei Körper, also vier Arme, vier Beine etc. Hierbei handelt es sich jedoch um einen relativ komplizierten Fall, der noch komplexer wird, wenn mehr als zwei Körper vollbewußt wahrgenommen werden, die sich in entsprechend vielen Wirklichkeitsebenen aufhalten. Es ist dies eine Vervielfältigung (Multiplicatio) der vom Ich 'besetzten' Körper und keineswegs eine Ich-Dissoziation in Einzelteile. Weil man aber dieses Multiplicatio-Prinzip nicht kennt bzw. als unglaublich bezeichnet und ablehnt, besteht für ein Ich, das etwas Derartiges erlebt, eher die Gefahr einer krankhaften Zersplitterung und Aufspaltung in Einzelteile, die keinen inneren Zusammenhalt mehr besitzen. Ich beschränke mich in diesem Buch ganz bewußt auf einen 'einfachen' Spezialfall der Mulitplicatio, nämlich auf die Außerkörperlichkeit bei schlafendem physischen Körper.

10. Juli 1972
Ich spüre genau, wie ich mich sanft vom Körper ablöse, ihn schlafend zurücklasse und im Zweitkörper durch die Fensterscheibe hindurch in den Garten hinausgehe. Dann wende ich mich nach links, werde aber nach ein paar Schritten unachtsam und verliere die Kontinuität des Ich-Bewußtseins. Gleichzeitig wird die gewohnte Umgebung durch eine fremde überblendet. Je mehr mein Bewußtsein schwindet, desto stärker tritt das Neue in Erscheinung. - Nachdem ich mich aber ein bißchen in der neuen Welt umgesehen und mich mit ihren Dingen vertraut gemacht habe, werde ich mir wieder meines Zustandes bewußt. Sogleich beginne ich über den Zusammenhang mit meiner psychischen Problematik nachzudenken, halte mich aber mit dem Deuten zurück und bin vor allem gewillt, das nun folgende Geschehen als das zu akzeptieren, was es ist, nämlich alltagsfern ... (
Inhalt)

Die Fähigkeit, bewußt einzuschlafen und in den außerkörperlichen Zustand zu wechseln, genügte nicht. Sie schloß nicht automatisch eine bewußte Wechselwirkung mit den nichtalltäglichen Ebenen ein. Es brauchte noch eine Art Fixierung des flüchtigen, 'körperlosen' Geistes, damit das Ich in seinem Zweitkörper nicht wieder unbewußt wurde. Dies geschah unter anderem durch die Bereitschaft, das Unerwartete als eigenständige Wirklichkeit anzunehmen und nicht ständig auf etwas Bekanntes zu reduzieren. Nur dann konnte das Ich sich seines Zustandes bewußt bleiben und mußte nicht bloß deswegen unbewußt werden, weil die Ereignisse dem Gewohnten allzusehr widersprachen. Jetzt wußte ich endlich, weshalb «ich trotz verzweifelter Anstrengungen nicht weiter als etwa 200 Meter von meinem Zimmer wegkommen konnte.» (Probleme der Jugendzeit) Was mich zurückzog, ein Weitergehen verhinderte und einen Bewußtseinsverlust erzwang, das waren meine mit dem Weltbild zusammenhängenden Vorstellungen. Ich selbst war es, der auf der Forderung bestand, die Ereignisse hätten sich an gewisse Regeln zu halten.

Der außerkörperliche Zustand als solcher in einer normalen Umgebung war gerade noch erlaubt. Sobald es aber zu einem Wechsel in einen anderen Wirklichkeitsbereich hinein kam, entstanden massive Zweifel an der Realität dieser nichtalltäglichen Ebene, die schließlich zum Zusammenbruch der Kontinuität des Ichs führten. Um bewußtseinskontinuierlich bleiben zu können, mußte ich lernen, andere Seinsebenen als eigenständige Realitäten anzunehmen.

(Inhalt)


Anmerkungen

Anm 1: Eine sehr noble Art, auf zurückhaltende Skepsis zu verweisen und sich aus der Sache herauszuhalten, ist das lateinisch ausgedrückte «bis hierher und nicht weiter»: principia explicandi non sunt multiplicanda praeter necessitatem. In wessen Interessenvertretung?
Aber aus der Natur des Menschen kann man sich nicht heraushalten - und zu dieser Natur gehört auch die Nacht. «Natura expelles furca, tamen usque recurret» (Horaz Ep 1O,24). Es gibt wesentlich mehr Ausschlußverfahren denn Versuche der Integration. Und leider sind viele Bemühungen um das Verständnis des Ganz-Anderen bloß mehr oder weniger getarnte Abgrenzungsbestrebungen und Ausweisungsmittel. Deshalb sind Zweifel an den angewandten Methoden berechtigt. Beispielsweise hat die Skepsis angesichts der anthropologischen und ethnologischen Versuche, die conditio humana zu verstehen,
I.C. Jarvie dazu geführt, seine Bindung an diese Wissenschaftsformen und -kulte aufzulösen (vgl. Jarvie 198I: 231-337). Vielleicht könnte ihn ein noch weiter vorangetriebener Zweifel dazu veranlassen, sogar die eigene Intellektualität in Frage zu stellen und den Sprung in die Nacht hinein zu wagen. Denn anders wird es kaum möglich sein, «zu einer Transzendenz des Selbst» (ibid. S.241) zu gelangen. Dies wäre zudem ein Unterfangen, das es erlaubt, von jeder Art Feldforschung abzusehen. Man müßte nicht einmal in einen «abgelegenen Teil Englands» (ibid. S.233) gehen, sondern nur in sein Bett. Dies wäre dann - trotz der scheinbaren Bequemlichkeit der Bettruhe - tatsächlich «ein mühseliges und prekäres Unterfangen, das uns am Ende desillusioniert oder verrückt, aber auch ebensogut aufgeklärt und erneuert zurücklassen kann» (ibid. S.241). Ein Schalk würde jetzt sagen: «Gute Nacht!»
Anm.1 Ende - zurück zum Text
Anm 2: Auch hier gibt es wieder Ausnahmen, z. B. Coerper 1981, Maass 1981, Williams (1980) 5.Aufl.198I, ferner Hervey de Saint-Denys (1867) 1964, Fahnestock 1871, van Eeden 1913, Arnold-Forster 1921, Garfield (1974) 1980. In neuerer Zeit erinnert man sich zunehmend wieder daran, wie heilsam die Gewißheit der eigenen Erfahrung sein kann. Die Kehrseite der Medaille wird spätestens dann sichtbar, wenn versucht wird, die Eigenerfahrung auch im Alltag umzusetzen.
Anm.2 Ende - zurück zum Text
Anm 3: Jacoby hat gezeigt, wie die Nachfolger Freuds den sozialen Ansatz des Begründers der Psychoanalyse zunehmend zurückgestellt haben.
Anm.3 Ende - zurück zum Text
Anm 4: Jenseits-Erfahrungen werden als Halluzinationen eingeschätzt, «die wiederum auf gespeicherten Bildern im Gehirn basieren. Wie eine Fata Morgana, die eine herrliche Stadt mitten in der Endlosigkeit des Ozeans oder der Wüste zeigt, geben die Halluzinationen tatsächliche Bilder von wirklichen Objekten, die allerdings ganz woanders liegen, wieder» (Siegel 1981:33). Eine Fata Morgana kann man weder berühren noch betreten, während dies bei 'jenseitigen' Häusern durchaus möglich ist. Die Gebäude können sogar mit einem Pickel zerstört oder mit Farbe bemalt werden. Dies geschieht alles unter den Auspizien eines Ichs, das sich seiner Identität sehr wohl bewußt ist - und auch ganz genau weiß, daß es nicht mit dem physischen, sondern mit einem anderen Körper agiert! Dieses Ich ist dann durchaus in der Lage, über den halluzinatorischen Charakter der Alltagsrealität zu spekulieren.
Man darf sich die Sache nicht allzu leicht machen. Schließlich gaukelt Chuang Chous Schmetterling (vgl. Mau-Tsai 1963:37-38) seit ca. 370 v.Chr. wohlig und zufrieden durch die Weltgeschichte. Vielleicht ist unsere moderne Weltsicht doch irgendwo verdreht.
In sumpfigeren Gegenden, wo weniger Schmetterlinge fliegen, schwirren statt dessen Libellen, die von ähnlichen Schwierigkeiten künden. Vgl. van Eeden (1885) 1892:6, dem die Libelle schon als Kind arge Probleme mit den Erwachsenen bescherte.
Anm.4 Ende - zurück zum Text
Anm 5: Die Verwendung bestimmter Wörter führt manchmal zu Äußerungen, die mehr als nur bedenklich sind. Folgendes gehört(e) zum strategischen Umdenken in den USA: «Eine Verbesserung des Schutzes der bereits vorhandenen und noch zu beschaffenden Interkontinentalraketen, um deren Überlebensfähigkeit zu erhöhen» (Winkler - Hervorhebung von mir)
Anm.5 Ende - zurück zum Text
Anm 6: Es ist speziell der außerkörperliche Zustand, der es als (Erfahrungs-) Tatsache erlaubt, gewisse von der Psychiatrie beschriebene Krankheitszustände in einem anderen Licht zu sehen und möglicherweise auch ganz anders zu behandeln. Darauf haben schon andere hingewiesen (Sédir 1964: 60, Wickland (1924) 3.Aufl. 1957). Dieses Thema ist aber ziemlich umstritten und bedarf einer vorgängigen erkenntnistheoretischen Abklärung und einer axiomatischen Grundlegung der Außerkörperlichkeit (vgl. Zurfluh 1981). Bei der ganzen Diskussion darf nicht vergessen werden, daß das Ich trotz schlafendem oder partiell 'ausgeschaltetem' Körper durchaus vollbewußt bleiben kann.
Z.B. Autorname
Anm.6 Ende - zurück zum Text


Literaturverzeichnis

Arnold-Forster, Mary. Studies in Dreams. London: Allan & Unwin, 1921.
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Coerper, Hellmut. Der Zugang zum Wissen: Tiefenpsychologische Deutung der Literatur Castanedas. Fellbach: Bonz, 1981.
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Winkler, Theodor. «Unterwegs zum Atomkrieg?» in: Basler Zeitung Nr.36, 12. Februar 1981:5.
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Zurfluh, Werner. «Ausserkörperlich durch die Löcher des Netzes fliegen.» in: Der Wissenschaftler und das Irrationale. Hg. Hans Peter Duerr. Frankfurt a.M.: Syndikat, 1981:473-504. Der Artikel ist im HTML-Format vorhanden! Vgl.
Ak durch das Netz fliegen -
1. Kapitel,
Ak durch das Netz fliegen - 2. Kapitel,
Ak durch das Netz fliegen - 3. Kapitel,
Ak durch das Netz fliegen - 4. Kapitel,
Ak durch das Netz fliegen - 5. Kapitel,
Ak durch das Netz fliegen - 6. Kapitel,
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