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Paradigmenwechsel |
DD: Lieber Werner Zurfluh,
seit 1996 habe ich regelmäßig bewußt herbeigeführte
Austritte und kann auch im Traum willentlich luzid werden. Beim erstenmal ist es
natürlich ungewollt geschehen, da ich von der ganzen Sache ja noch überhaupt
keinen Schimmer hatte. Ich habe mich damals einfach zum Schlafen gelegt und hab'
ohne Grund meinen Körper beim Einschlafen beobachtet. Dabei ist es natürlich
passiert. Das habe ich von da an immer wieder getan, konnte dieses Phänomen
aber weder deuten noch irgendwie einordnen. Manchmal bin ich über meine
Experimente auch eingeschlafen, aber meistens (ca.50%) hat's funktioniert.
Ich
habe auch mit Freunden darüber gesprochen. Die haben sich allerdings köstlich
darüber amüsiert wenn ich erklärt habe, daß ich willentlich
meinen Körper verlassen kann. So nach dem Motto: "Ja los, zeig mal!"
Ich habe mich nicht darüber geärgert, weil ich selber auch nicht genau
wußte, ob das alles vielleicht doch nur Einbildung, Trance oder Traum war.
Inzwischen glaube ich, daß ich mir diese Naivität oder 'Leichtigkeit'
hätte bewahren sollen!
Im November 2000 war ich nämlich zum
erstenmal in meinem Leben im Internet und bin dort durch Zufall (?) auf Ihrer
Seite gelandet. Ich war wirklich total fasziniert. Ich habe die Seiten (auch Don
deGracia) nicht gelesen sondern gefressen! Es ist also doch keine Einbildung,
das alles. Viele Menschen erleben dauernd das gleiche wie ich, wie wunderbar.
Einfach phantastisch was ich alles erfahren konnte über dieses 'Rätsel'.
Besonders beeindruckt war ich unter anderem von den Begegnungen mit der "Dunklen
Seite".
VIELLEICHT - und jetzt komm' ich endlich zu meinem Problem
- war ich viel zu beeindruckt! Seitdem ich alles gelesen und erfahren habe, habe
ich nicht einen einzigen Austritt mehr geschafft. Ich hab' soooo einen Bammel
und Respekt vor dieser "Riesensache", daß ich immer Sekunden vor
dem Ausstieg wahnsinniges Herzrasen bekomme. Irgendwie beobachtet mein Unterbewußtsein
alles und unterbricht die Sache kurz vor dem Ablösen. Ich schieße
dann förmlich zurück auf die oberste Ebene. Sehr Ärgerlich!!
Obwohl
dies eine ziemlich lange Mail ist, habe ich doch lediglich die wichtigsten
Aspekte meiner Beobachtungen zusammengefaßt. Meine Erfahrungen mit den
Austritten habe ich nämlich seit '96 genauestens protokolliert. Schon fast
ein kleines Buch. Umso trauriger, daß es aus o.a. Gründen nicht mehr
funktionieren will.
Lieber Herr Zurfluh, geben Sie mir bitte ein paar
Ratschläge!
Herzlichst Ihr DD
PS.: Falls Ihre Zeit es erlaubt, gestatte ich mir noch zwei weitere
Fragen:
1. Kann der Astralkörper unabhängig vom physischen Körper
existieren, oder erzeugt der phys. Körper den Astralkörper?
2. Schwere Frage: Das was ich da erlebe, geschieht das in meinem Kopf, oder
bin ich wirklich draussen?
wz: Lieber DD,
was Sie da geschrieben haben, ist doch sehr beindruckend. Typisch auch die Reaktion jener Leute mit ihrem "Ja los, zeig mal!"
Meinen eigenen Erfahrungen nach zu beurteilen, muss doch eines Tages jene Naivität oder 'Leichtigkeit' abgelegt werden, mit der man zu Beginn wie weiland Parcival die Welten der ausserkörperlichen Erfahrungen leichten Herzens beschritten hat. Die ganze Sache hat eben auch eine ernsthaft zu bedenkende erkenntnistheoretische Seite und bedingt letzten Endes neben der Bewusstwerdung der individuellen, familiären und kollektiven Schattenseiten auch einen Paradigmenwechsel
Vor Tagen hat mir jemand geschrieben, ein Arzt namens SCHRÖTER-KUNHARDT sage:«ASW und OBEs haben ihren Ursprung im dissoziationsauslösenden Missbrauch von Kindern. Tatsächlich lassen sich paranormale Leistungen als PTLS (possible temporal lobe symptoms) verstehen, was wiederum die Verbindung von TLE (Temporallappenepilepsie) mit dissoziativen Störungen über das gemeinsame Bindeglied der Depersonalisation erklärt..»
Hinter derartigen, scheinbar wissenschaftlichen Aussagen steckt ein positivistisch-rationalistisches Weltbild von einer geradezu erschreckenden Naivität. Solche Sätze lassen sich nur aufgrund eines Weltbildes formulieren, das völlig ungetrübt ist von eigenen ausserkörperlichen Erfahrungen und luziden Träumen. Auch zeigt sich darin ein krampfhaftes Einordnungsbemühen, bei dem versucht wird, unerklärliche Phänomene in ein gängiges Paradigma einzupassen. Falls jemand OOBEs erlebt haben sollte, wird er sich dank SCHRÖTER-KUNHARDT und verwandten Kapazitäten nunmehr unweigerlich als verrückt und traumatisiert erkennen müssen und zum Psychiatriefall werden.
Leider lassen sich viele von solchen Verdikten einschüchtern. Mir scheint jedoch, dass die meisten ganz genau spüren, dass es bei den OOBEs bzw. luziden Träumen um etwas Grundlegendes geht, nämlich um einen Paradigmenwechsel. Aber ein solcher Wechsel entspricht tatsächlich einem Erdbeben. Das bisherige Weltbild wird in seinen Grundfesten erschüttert, kommt ins Wanken und bricht schliesslich in sich zusammen. Wenn nichts mehr verdrängt wird, heben sich sämtliche Schleier, die bislang die "nackte Wahrheit" verdeckt haben.
Mich wundert es also keineswegs, dass Sie sagen: «Seitdem ich alles gelesen und erfahren habe, habe ich nicht einen einzigen Austritt mehr geschafft. Ich hab' soooo einen Bammel und Respekt vor dieser "Riesensache", daß ich immer Sekunden vor dem Ausstieg wahnsinniges Herzrasen bekomme.» Die Konsequenzen sind effektiv unabsehbar. Und es kann Jahre und Jahrzehnte dauern, bis sich alles einigermassen "gesetzt" hat.
Ratschläge kann ich Ihnen wohl keine geben. Vielleicht ein paar Hinweise und einige Vorschläge, wie Sie mit Ihren Erfahrungen umgehen können - etwa in der Art, wie ich das im Buch "Quellen der Nacht" beschrieben habe. Bei diesen Dingen handelt es sich - wenigsten in unseren eher materialistisch geprägten Breitengraden - um eine Art "Forschungsgebiet an vorderster Front". Aus den fernen Welten der Traumzeit branden gigantische Wellenfronten an unsere zivilisierten Strände heran. Ich denke, dass Ihre beiden Fragen in etwa erahnen lassen, welche Gischt da über das Land hereinschwappt.
1. Kann der Astralkörper unabhängig vom physischen Körper existieren, oder erzeugt der physische Körper den Astralkörper?
Aufgrund der OOBEs liegt die Schlussfolgerung nahe, dass der Astralkörper unabhängig vom physischen Körper existieren kann. Dabei handelt es sich allerdings "nur" um eine ERFAHRUNGSGEWISSHEIT, die sich mit den von der Naturwissenschaft zur Verfügung gestellten Mitteln selbstverständlich NICHT beweisen lässt, denn die Naturwissenschaft gründet in einer Axiomatik, die das sogenannte Ich NICHT als selbständige Grösse eingeführt hat.
Auch bei den Nahtoderfahrungen (N(ear) D(eath) E(xperiences)) wird immer wieder eine Körperunabhängigkeit erlebt. Auch kommt es auch hier zu aussersinnlichen Wahrnehmungen (ASW).
Ob also der physische Körper den Astralkörper erzeugt, ist eine Frage des Standpunktes. Bevor eine Antwort auf diese Frage versucht wird, ist abzuklären, aus welchem Weltbild bzw. welcher Axiomatik heraus sich diese Frage ergibt. Da eine materielle Ursache des Astralkörpers impliziert und gleichzeitig angenommen wird, Materie sei ein bekannte Grösse, werde ich mich hüten, in dieses "physikalische Fettnäpfchen" zu treten. Mir ist niemand bekannt, der definitiv wüsste, was Materie IST. Ich kenne auch niemanden, der mir sagen könnte, was Zeit und was Raum IST, niemanden, der weiss, was Ich-Bewusstsein IST oder was die Grenzen des Gehirns sind. Es gibt Physiker wie Charon, die beispielsweise sagen, Elektronen verfügten über ein Erinnerungsvermögen. Homöopathen arbeiten mit Verdünnungsreihen, bei denen gemäss allopathischer Medizin die Stoffe nicht mehr wirksam sein können. Die Droge Ayahuasca aktiviert offensichtlich transmaterielle DNS-Stränge. Medial veranlagte Menschen reden von einer zusätzlich wirksam werdenden DNS (statt einer Doppelhelix ist es Zwölferhelix). ...
2. Schwere Frage: Das was ich da erlebe, geschieht das in meinem Kopf, oder bin ich wirklich draussen?
Sie werden aufgrund des bisher Gelesenen problemlos zur Schlussfolgerung kommen, dass die beste Antwort darin besteht, KEINE Antwort zu geben, sondern die Frage als solche zu hintergfragen und sich etwas mit dem radikalen Konstruktivismus zu beschäftigen (z.B. Watzlawick, von Foerster und von Glasenapp). Ausserdem ist jetzt die Zeit gekommen, sich wieder auf die Wanderschaft zu begeben und kritisch und hellwach in die Welt der nächtlichen Erfahrungen einzutauchen. Tja, dass das nicht mehr so naiv wie früher geschehen kann, ist weiter nicht schlimm, denn es geht um die Erschliessung eines unerforschten Neulandes und damit um ein Abenteuer ersten Ranges.
Gruss
Werner Zurfluh
PS Ich möchte Ihre Mail und natürlich meine Antwort im Internet publizieren. Darf ich das? Ihren Namen würde ich als DD angeben.
DD: Lieber Werner Zurfluh,
vielen herzlichen Dank für Ihre prompte, ausführliche
Beantwortung meiner Frage. Ich werde mich mit den Ausführungen
auseinandersetzen und einen Weg finden. Die Erkenntnisse sind zwar fast wie eine
Explosion im Kopf, aber scheinbar führt an dieser Schwelle kein Weg vorbei.
Ich laß' mir Zeit!
Ich würde mich freuen, wenn Sie meine Mail und Ihre Antwort ins
Netz stellen. Falls Sie danach gefragt werden sollten, können Sie auch
meine E-Mail Adresse herausgeben. Ich freue mich über regen
Erfahrungsaustausch!
Herzlichst,
Ihr DD
wz: Zur Theorie des Missbrauchs (Hinweis von Christoph Roos):
Die von den Erwachsenen erzwungene ABSPALTUNG der OOBEs und der luziden Träume vom kindlichen Erleben ist der eigentliche Missbrauch. Weil die Erzieher die nächtliche Erfahrungswelt stets als irrelevante Fantasie und als Hirngespinst bezeichnen und das Kind andauernd schelten, wenn es von solchen Dingen erzählt, führt dies letztlich beim Kind zu einer Dissoziation insofern, als es gezwungen wird, die nächtliche Erfahrungswelt zumindest den Erwachsenen (also auch seinen Eltern) gegenüber zu verschweigen. Dies führt unweigerlich zu einem Vertrauensverlust und kann sich traumatisierend auswirken. Eine solche Traumatisierung ist jedoch NICHT die Ursache der OOBEs, sondern eine Folge des freimütigen Erzählens und der Reaktionen der Erwachsenen!
In der psychiatrischen Grundhaltung, welche die Ursache der OOBEs in einem frühkindlichen Missbrauch sieht, kommt dieselbe Einstellung zum Ausdruck, die den Ufoentführten unterschoben wird. Es kann wohl zu Überschneidungen kommen, doch letztendlich scheint niemand so genau wissen wollen, worum es geht, weil die Konsequenzen unabsehbar wären.
Tatsächlich können Traumatisierungen eine OOBE auch erzwingen. Es gibt nämlich Berichte von Gefangenen, Folteropfern usw., die ihre Situation einzig und allein dadurch ertragen konnten, dass sie mit der Zeit ihr ICH willentlich vom geschundenen Körper abzulösen vermochten.
Erkenntnistheorie
Eine erkenntniskritische Betrachtungsweise befaßt sich mit den Bedingungen
und Voraussetzungen eines begründeten Wissens.
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Paradigmenwechsel
Ein Paradigmenwechsel besteht z.B. darin, dass die Meinung aufgegeben wird,
das Ich im Traum könne sich der Tatsache, dass es träumt, nicht
bewußt sein..
Bei einem Paradigmenwechsel ist es besonders wichtig, dass eine Absetzung
von der kollektiv geltenden Auffassung stattfindet, also die Identität mit
dem "kollektiven Meinungklüngel" aufgelöst wird, denn dieser
ist mit dem alten Paradigma identisch! Es darf jedoch keine Identifikation mit
dem neuen Paradigma geschehen, weil es sonst unweigerlich zu einem Machtkampf
mit dem alten Paradigma kommt. Eine Wandlungssituation kann nur menschenwürdig
bestanden werden, wenn der Mensch gewillt ist, jede Art von Wechselwirkung
einzugehen - wenn diese zu verantworten ist.
Bei der Auseinandersetzung mit
dem alten Paradigma ist stets daran zu denken, dass dessen Traumverständnis
davon ausgeht, das Ich könne während eines Traumes nicht luzid
sein und verfüge über keine Luzidität. Der Grund hierfür
ist die Identifizierung von Ich- und Körperzustand.
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Weltbild
Ein Weltbild beruht auf einer Reihe von sehr erfahrungsfernen
Voraussetzungen, die weder ausdrücklich ausgewiesen noch in Frage gestellt
werden. Diese als selbstverständlich aufgefaßten Grundlagen der persönlichen
Anschauung werden einfach verwendet und als Bestandteil des gesunden
Menschenverstandes betrachtet. Sie bilden eine Art Grundgefühl, das als
emotionaler Hintergrund die eigene und die allgemein verbindliche Lebensweise
und Lebensauffassung bestimmt. Dieser Hintergrund gilt als unerschütterlich,
unveränderbar und ewig
Paradigma
Paradigmata sind modellhafte,
verbindliche, theoretische Anschauungsmuster, denen man sich oft unhinterfragt
verschrieben hat. Paradigmen bestimmen nicht nur die Art der Fragestellung,
sondern auch die Arbeits- und Forschungsrichtung und die verwendeten und
erlaubten Methoden. Für eine gewisse Zeit umgrenzen sie den allgemein
anerkannten wissenschaftlichen Leistungsrahmen, innerhalb dessen Probleme
aufgeworfen und Lösungen geliefert werden dürfen. Setzungen dieser Art
haben die Tendenz, sich zu verabsolutieren und prinzipiell keine Beobachtungen
mehr zuzulassen, die nicht in das paradigmatische Konzept und das ihm
zugrundeliegende Weltbild hineinpassen.
Konvertierung zu HTML Januar 2001
Homepage:
http://www.oobe.ch
e-mail: werner.zurfluh@surselva.ch
©Werner
Zurfluh