Empfindungen und Wahrnehmungen in der
Übergangsphase
Teil 1 Werner Zurfluh |
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AI = aktive
Imagination LD = luzider Traum ( lucid dream, Klartraum) OOBE = ausserkörperliche Erfahrung (AKEl, out of body exxperience) BK = Ich-Bewusstseins-Kontinuität |
Die Empfindungen und Wahrnehmungen, welche die Übergangsphase
vom inner- in den ausserkörperlichen Zustand ("Einschlafphase"
oder "Dämmerschlaf") kennzeichnen bzw. bei LD's und OOBE's
auftreten, gleichen jenen des "innerkörperlichen" (physischen)
Zustandes. Sie können sich jedoch auch massgeblich davon unterscheiden und
sind "ganz anders". Demzufolge lassen sie sich nicht "richtig"
einordnen. Der Versuch, sie in das Bezugssystem "Alltagsparadigma"
hineinzuzwängen, ist kaum jemals erfolgreich. Aber es ist nicht einfach,
das "Ins-bekannte-Schema-Einpassen" mit einer "Lösung
zweiter Ordnung" zu durchbrechen. Viele wissen absolut nicht, wie sie mit
solchen Wahrnehmungen und Empfindungen umgehen sollen. Wenn sie sich hinlegen,
spüren sie beispielsweise nach einer gewissen Zeit den "zweiten Leib"
(Feinkörper, subtle body), wobei der Festkörper (der physische Leib) völlig
entspannt ist. Die Hände des Festkörpers können bewegt und
wahrgenommen, d.h. gefühlt und sogar gesehen werden. Meistens kommen "Traumbilder"
(hypnagogische Bilder) dazu, die sich ab und zu bewusst steuern lassen. Oder während
eines Traumes steigert sich das Bewusstsein bis hin zur Luzidität. Meist
schockiert das Ganze derart, dass der Dämmerschlaf oder die luzide
Traumphase abgebrochen wird.
Wenn der physische Körper verlassen
werden könnte, nehmen die Angstgefühle zu, denn dieser Bereich scheint
eine "Gefahrenzone" zu sein! Es wird deshalb krampfhaft versucht,
einen Fuss oder eine Hand des "Festkörpers" zu bewegen. Dabei können
enorme "Energiewirbel" entstehen, lautes Dröhnen ist zu hören
und starke Vibrationen sind zu verspüren. Es kann auch so etwas wie eine
Lichtkugel oder ein helles Tor gesehen werden. Solch ein Bild wirkt wie ein
Magnet und fordert zum Eintritt auf. Der "zweite Leib" scheint im
wahrsten Sinne des Wortes aufsteigen und wegfliegen zu wollen. Der Versuch, das
Geschehen zu kontrollieren, wird aber sogleich von den eigenen Vorstellungen und
von unkritisch übernommenen "fachkompetenten" Meinungen
blockiert. Eine ungemein starke Verunsicherung kommt nämlich oft daher,
dass Einschätzungen und Erklärungsversuche von Ärzten und
Therapeuten angewandt werden. Diese kennen allerdings den Sachverhalt NICHT
persönlich, denn sie haben KEINERLEI eigenen Erfahrungen damit
gemacht. Dennoch bezeichnen sie sich als Experten.
Beispielsweise
vermittelt das normalerweise beim Austritt zu empfindende "antigravitative"
Schweben unter der Zimmer-Decke über dem im Bett liegenden Körper ein
Gefühl des Fliegenkönnens. Weil meistens Ängste abgebaut werden müssen,
die das dem Gewohnten widersprechende Geschehen erzeugt, kann dies gewöhnungsbedürftig
und manchmal sogar beängstigend sein. Deshalb wird bei "unverhofft"
bzw. spontan geschehenden OOBE's nach einer Interpretation gesucht - das "Gefühl
des Fliegenkönnens" wird als ERFAHRUNGSGEWISSHEIT missachtet.
Hat das Ich jedoch Kenntnis davon, dass es Konzepte gibt, die dieses Gefühl
prinzipiell als solches anerkennen und nicht gleich wieder auf Bekanntes im
Sinne des "Nichts als ..." reduzieren, verschwinden solche Ängste.
Es geht nur darum, dass erkannt wird, dass es eine alte und lange Tradition für
solche Gefühle gibt - und dass diese eben z.B. in Märchenform tradiert
worden sind. In den Märchen sind derartige Erfahrungen in bildhafte
Vorstellungen umgesetzt und zu einer fassbaren Erzählung bzw. Schilderung "übersetzt"
woden. Im Zauberkörper, dem "subtle body", kann das Gefühl
des Fliegenkönnens als "real" anerkannt werden. Das Ich muss sich
aber im Klaren darüber sein, dass es nicht mehr innerhalb des Sinnenleibes
ist. Dies könnte heissen, dass ein "animistisches Weltbild"
zumindest mal als "gleichwertig" in Betracht gezogen wird, denn es
liefert für solche Gefühle wohl eine "passendere" Erklärung
als das herkömmlich physisch-materialle.
Es gelingt jedoch kaum
jemals, die zwischen der Interpretation im herkömmlichen Rahmen und der
betreffenden Erfahrung bestehende Lücke zu schliessen, denn die Zuordnung
einer OOBE zu einem Normaltraum scheitert daran, dass die Bewusstheit ungetrübt,
d.h. völlig klar bestehen bleibt.
Die bei einer OOBE
offensichtlich vorhandene "Normalität des Bewusstseins" (BK)
zeigt, dass sich NICHT das Bewusstsein als solches ändert. Bloss
die bewusste Beziehung zur physischen Körperlichkeit lässt sich bei
einer OOBE nicht mehr wie bis anhin aufrecht erhalten. Die Identität von
Bewusstheit und physischer Körperlichkeit zerbricht sozusagen beim Hinüberwechseln
in den ausserkörperlichen Zustand. - WEIL sozusagen lebenslang
Wachsein mit körperlicher Wachhheit gleichgesetzt wird, muss das "Austreten"
als Dissoziation und somit als krankhaft eingestuft werden.
Viele
wissen nicht, dass die Kontinuität des Ich-Bewusstseins (BK) trotz (ein-)
schlafendem Körper bestehen bleiben kann und deshalb kein Grund dafür
besteht, die Bewusstheit mit dem Wachzustand des physischen Körpers
gleichzusetzen. Wird jedoch die Datenverarbeitung auf die physisch-materielle
Ebene als Bezugssystem reduziert, muss die Frage nach dem "richtigen"
Verständnis der Einschlafphase besonders wichtig werden. Aber nach WELCHEN
KRITERIEN soll dies geschehen? Eine korrekte Datenverarbeitung INNERHALB eines
Bezugssystems, das die Ausserkörperlichkeit NICHT anerkennt, ist schlicht
NICHT möglich und muss auf Ab-und Irrwege führen.
Die Identität
von Bewusstheit und physischer Körperlichkeit ist ein BEZUGSSYSTEM, das
innerhalb seiner selbst durchaus funktioniert, denn schliesslich sind alle
daraufhin konditioniert. Beim Einschlafen kommt es in dem Moment zu einem Bruch
dieser Identität, wenn das Ich in der Einschlafphase des Körpers WACH
bleibt. Dies müsste nun keineswegs Besorgnis erregend sein und als "Zerfall"
bzw. als Dissoziation empfunden werden, als ein Bruch, bei dem gewissermassen
das Band des "IN-DER-WELT-SEINS" zerrissen wird. Zum "Riss"
kommt es nämlich nur, wenn das Ich total "weltbildkonform" bleibt
und selbst die geringste Abweichung gemäss gängiger Vorstellungen zu
kompensieren sucht. Es scheint immerhin einfacher, den "Austritts-ZUSTAND"
als krankhaft einzustufen, weil damit eine Reduktion auf innerkörperliche
Befindlichkeiten (Komplexe usw.) geschehen kann. Aber fatalerweise bilden sich
in Folge dieser Zuordnung nur wieder neue Probleme, Symptome und
Krankheitsbilder. Diese weisen darauf hin, dass der gewohnte Ansatz nicht den
NAGEL AUF DEN KOPF trifft und eigentlich eine Emanzipation des Denkens
erforderlich wäre.
Die OOBE ist keine Dissoziation des Ichs,
sondern bloss ein Wechsel der Erfahrungs- bzw. einer möglichen
Identifikationsebene. Und dieser Wechsel führt - im Falle einer OOBE - zu
einem "ausserkörperlichen Zustand", der das Ich dazu zwingt,
andere "Gesetze" als jene zu akzeptieren, die mit der physischen
Existenz bzw. dem sogenannten "innerkörperlichen Normalzustand"
verbunden sind.
Obwohl sich das Ich in seiner kontinuierlichen
Bewusstheit im Hier und Jetzt andauernd transformiert, scheint dies kaum jemals
bewusst wahrgenommen zu werden. Zwar fliesst und wandelt sich alles, aber das
Geschehen wird nicht hinterfragt und es werden auch keine Konsequenzen aus der
Erkenntnis gezogen, dass das Ich eine fluktuierende Einheit in der Vielheit und
keinesfalls eine konstante und unveränderbare Grösse innerhalb einer
konstanten und unveränderbaren Umgebung ist.
Aber WIE sollen Dinge
eingeordnet werden, die den Anschein machen, als seien sie bestens bekannt?
Haben sie möglicherweise in einer vom Alltag abweichenden Umgebung eine
GANZ andere Bedeutung? Erfordert der "Austritt" nicht ein anderes
Verhalten vom Ich, wenn es als "BK-Einheit" überleben will? Das
als verbindlich betrachtete Bezugssystem löst sich nämlich in der Übergangsphase
in den OOBE-Zustand irgendwie auf. Es stellt sich also sofort die Frage nach dem
Umgang mit dem UNBEKANNTEN angesichts eines völlig veränderten
Bezugssystems. Wie verhält sich z.B. ein Eskimo in der Sahara oder ein
Tuareg in der Arktis? Wie viel Fehlverhalten entsteht, wenn das Ich trotz veränderter
Umgebung mit dem altbekannten System verbunden bleibt? Auch wenn das System
kritisch hinterfragt wird, dürfte es zu Fehleinschätzungen kommen.
Dies
ist kaum zu vermeiden. Es kommt zu einem Hinüberwechseln in den physischen
Körper, worauf dieser "wachbewusst" wird - also zu einem
sogenannten "Erwachen im physischen Körper". Das kann mit einem
Zusammenbruch der BK verbunden sein, worin sich vielleicht eine allzu starke
Identifikation des Ichs mit dem angeeigneten Wissen ausdrückt. Dabei kommt
es beispielsweise zu einem blitzartigen Vergessen oder einem langsamen Dahindämmern
der Bewusstheit. Die ausserkörperliche Erfahrungsebene wird jedenfalls
beendet - und sei es auch nur aufgrund grosser Verwirrtheit und Unsicherheit,
weil sich der bislang erworbene Wissensschatz als unbrauchbar erweist.
Es
wäre dann die Frage nach dem Grund für den Wechsel zu stellen. Die
Antwort auf die Frage «WAS hat die Rückkehr erzwungen?» zeigt möglicherweise,
dass das gewohnte Weltbild sich nicht relativieren liess. Eine Ursache für
den Abbruch der OOBE könnte auch der sein, dass die "linke,
vernunftbetonte Hirnhälfte" alles andere zu überdecken sucht oder
dass die ("rechtshirnigen") Gefühle einfach zu überwältigend
sind. Denn die linke Hirnhälfte versucht unbekannte, nicht einzuordnende
Informationen in den bekannten Bezugsrahmen einzubauen, während die rechte
nach einem erweiterten oder sogar neuen Paradigma Ausschau hält.
2. Bandbreite der Empfindungen
Es wäre irreführend zu meinen, im
OOBE-Zustand könnten weder Kälte oder Hitze, noch Hunger und Durst
verspürt werden. Vielmehr ist es so, dass diese und andere Empfindungen wie
z.B. Schmerz, Trauer, Liebe usw. in unabsehbarer Variationsbreite vorkommen.
Hier soll jedoch vor allem von jenen Empfindungen gesprochen werden, die während
des Wechsels vom inner- in den ausserkörperlichen Zustand, also beim "Austritt"
auftreten.
Ausserkörperliche Wahrnehmungen drücken sich in "Bildern"
und "Empfindungen" aus, die dem Ich von seinem innerkörperlichen
Zustand her bekannt sind. Das Ich kann beim Austritt nicht einfach zu einem "leeren
Feld" werden, denn es verliert beim Übergang seine Erinnerungen nicht.
Demzufolge vereint es automatisch Bekanntes und Unbekanntes in einem sinnlich
fassbares Erlebnis-Bild. Dies erleichtert zwar den Vorgang der Zu- und
Einordnung, aber es erschwert die offene und eher vorurteilslose Haltung. Es
kommt oft zu schwer wiegenden Täuschungen und Irrtümern und damit zu
einer "Zerrüttung der Gelassenheit".
Es wäre sehr
wichtig, sich Kenntnisse über den Erfahrungsbereich "Ausserkörperlichkeit"
zu verschaffen, denn Expertenmeinungen sind in Bezug auf derartige
Eigenerfahrungen völlig nutzlos. Schliesslich geht es nicht darum, ein
Erlebnis mittels einer Theorie zu erklären oder zu deuten, sondern darum,
sich der Situation entsprechend zu verhalten und eine Wechselwirkung einzugehen,
die allen Beteiligten zusagt und es zudem erlaubt, weiterhin
bewusstseinskontinuierlich zu bleiben. Theorien können natürlich
jederzeit beigebracht werden, aber in erster Linie geht es darum, eine Erfahrung
ohne Minderung der Bewusstheit zu bestehen und die "Wissensquelle Erfahrung"
weiterhin fliessen zu lassen. Es besteht kein Grund dafür, die persönliche
Erfahrungewissheit durch traditionell und spekulativ-theoretisches Wissen zu
verstopfen.
Es wäre von Vorteil, Texte zu lesen, die von eigenen
Erlebnissen erzählen. Dazu gehören auch die (Zauber-) Märchen.
Und es wäre klug, gewisse Befindlichkeiten ernst zu nehmen und nicht alles
sofort auf psychosomatische Störungen zurückzuführen und mit
Chemie zu behandeln. Wenn keine sichtbaren Anzeichen und auch keine beweisbaren
Gründe für eine psychosomatische Erkrankung vorliegen, können
z.B. Verspannungen auch mittels Atem- und anderen Yogatechniken gelöst
werden. In der Folge gelingt es denn auch, das Rieseln und Vibrieren, das Pochen
und Dröhnen und die (manchmal) farbigen Schwingungen der Spannungspunkte so
umzusetzen, dass sie zu einem "Sprungbrett" für den Austritt
werden. Dazu gehört allerdings auch das sorgfältige Protokollieren der
Erfahrungen, denn nur so lassen sich Gemeinsamkeiten entdecken und Fehleinschätzungen
beheben. Ein Nebeneffekt ist der, dass die Protokolle den Mitmenschen erzählt
und diskutiert werden können.
3. Hörempfindungen
Beim Übergang in den OOBE-Zustand sind physikalische Geräusche der Aussenwelt wie z.B. Glockengeläut, Hundegebell oder Kindergeschrei ganz deutlich hörbar. Dabei ist das Ich wegen Fehlinterpretationen und falschen Zuordnungen jeder nur denkbaren Täuschung ausgesetzt - vor allem dann, wenn es noch unerfahren ist und mit dieser Art von Hellsichtigkeit und Hellhörigkeit nicht richtig umzugehen weiss - und es in der Folge zu einem Fehlverhalten kommt. Bei meinen ersten Austrittserfahrungen konnte ich diverse Geräusche überhaupt nicht korrekt identifizieren. Das war sehr unangenehm und unheimlich, denn die akustischen Wahrnehmungen waren ausserordentlich stark verfremdet und hörten sich deswegen irgendwie verwirrend und sogar Furcht erregend an. Das war manchmal extrem unangenehm und angsterregend.
Am 25. Juni 1974 versuche ich beim Einschlafen bewusst zu bleiben und willentlich einen Austritt herbeizuführen. Ich werde diesen Versuch machen, um einerseits die prinzipielle Möglichkeit einer Ablösung abzuklären und andererseits die Voraussetzung dafür zu schaffen, die Frage nach den ausserkörperlichen Zuständen bei den Schamanen von der eigenen Erfahrung her anzugehen. Ferner interessieren mich die therapeutischen Verwendungsmöglichkeiten der Ausserkörperlichkeit speziell im Hinblick auf die Wiedergewinnung eines verloren gegangenen Seelenteiles eines Kranken. Aber dazu ist es eben notwendig, dass die willentliche Ablösung gelingt und der ausserkörperliche Zustand nicht zu ichhaften Zwecken ausgenutzt oder für sexuelle Spielereien missbraucht wird. Jede Art von Machtmissbrauch würde mich scheitern lassen, weshalb ich mir dieser Gefahr bewusst bleibe.
Der Übergang vom Wachen zum Schlafen bietet ungeahnte Schwierigkeiten, denn immer wieder wecke ich mich selbst (d.h. den physischen Körper) auf, weil ich zu stark auf die Kontinuität des Ich-Bewusstseins achte und jeden Bewusstseinsverlust zu heftig kompensiere (und die BK mit dem Wachzustand des Körpers identifiziere). Während dreier Stunden schwanke ich hin und her und höre jeden Glockenschlag der Kirchturmuhr in Hegenheim (dem Nachbardorf).
Aber endlich gelingt die Ablösung. Doch bereits beim ersten Versuch, mit dem Zweitkörper aus dem physischen Leib herauszukommen, gibt es ernsthafte Schwierigkeiten. Merkwürdigerweise löst sich nicht alles ab. Deshalb rolle ich wieder ganz in den im Bett liegenden Körper zurück und versuche es ein zweites Mal. Nach dem Abrollen nach links (auf der rechten Seite liegt meine Frau) bleibt der Zweitkörper wiederum an gewissen Stellen hängen. Ich muss es nochmals versuchen. Erst nach mehreren Wiederholungen glaube ich, mich vollständig abgelöst zu haben. Etwas unbeholfen stehe ich auf.
Die Freude über das gelungene Experiment ist gross, aber noch grösser ist meine Zurückhaltung, denn als Erstes gilt es, die Kontinuität des Ich-Bewusstseins zu stabilisieren. Der willentliche Austritt hat viel Kraft gekostet und fordert nun seinen Tribut - ich verliere beinahe meine Luzidität. Um dem 'Schlafsog' des physischen Körpers nicht zu erliegen, konzentriere ich mich ausschliesslich auf das Ich, bis ich mich für den nächsten Schritt stark genug fühle.
Mit geschlossenen Augen - optische Eindrücke könnten in dieser Anfangsphase zu verwirrend sein - achte ich auf die Raumempfindungen. Ich weiss ja nicht, ob mit der Ablösung gleichzeitig die Ebene gewechselt wurde. Dann müsste es aber zu spüren sein. Doch jetzt fühle ich mich nur etwa ein Meter von meinem physischen Körper entfernt. Also werde ich sehr wahrscheinlich immer noch auf der Alltagsebene sein.
Vorsichtig aktiviere ich (durch Verlagerung der Aufmerksamkeit auf die optische Wahrnehmung des Zweitkörpers) den Sehsinn. Das Öffnen der Augen gelingt erstaunlich schnell - im Gegensatz zum letzten Mal. Um mich herum ist es ziemlich dunkel, und es ist schwierig, etwas zu erkennen. Die Dunkelheit scheint mir undurchdringlicher als sonst. Im normalen, d.h. im innerkörperlichen Zustand hätte ich mehr unterscheiden können. Jetzt sehe ich nur die Umrisse des Tisches, die Fenster und draussen den im helleren Licht liegenden Garten. Vielleicht ist mein ausserkörperliches Sehvermögen noch gestört, unangepasst und ungeschult. - Ich gehe langsam bis zum Tisch.
Sachte stütze ich mich ab. Die Hände des Zweitkörpers würden sonst das Tischblatt durchdringen - und ein abruptes Durchsacken könnte mich erschrecken. Was soll ich nun tun? - Da höre ich eine Stimme, die laut und deutlich zu mir sagt:
«In diesem (ausserkörperlichen) Zustand ist es - vor allem für den Anfänger - schwierig, Geräusche mit den sie erzeugenden Gegenständen in Verbindung zu bringen. Man meint, Glockenschläge würden von Schweinen erzeugt und Hundegebell von der Bewegung der Blätter im Wind. Dieses Problem muss man durch Übung in den Griff bekommen. Mit der Zeit wird es dann gelingen, Geräusche korrekt mit dem sie erzeugenden Gegenstand zu verbinden. Sonst gibt es nur Verwirrung!»
Die Unterweisung hat für mich eine ganz praktische Bedeutung, denn ich höre nun den Tisch läuten und die Mauern bellen und bin zunächst völlig verwirrt, da mir diese Zuordnungen unbegreiflich sind. Ohne Unterweisung hätte ich meine Luzidität in diesem Augenblick verloren. Aber jetzt kenne ich das Problem und finde die Angelegenheit nicht besonders aufregend, sondern bloss verblüffend. Ohne mich mit der Geräuschzuordnung weiter zu beschäftigen, durchdringe ich die Verandatür und spüre plötzlich ein Verlangen nach sexueller Betätigung. «Aha, jetzt ist es wieder so weit», denke ich. Doch allein schon das Bewusstsein, dass das Sexuelle überwältigend sein könnte, genügt, um es gar nicht erst zum Ausbruch kommen zu lassen.
Ich drehe mich um meine Achse, um meinen Standort zu verifizieren. Alles deutet auf die Veranda der materiellen Ebene. Dann schaue ich zum Himmel hinauf und bemerke rechts eine deutlich hellere Zone, die mich an das Erlebnis mit dem Pegasus erinnert. Ich rufe laut nach dem geflügelten Pferd und ärgere mich sofort über mich selbst. Bin ich denn naiv? Ein Anfänger, der nicht einmal die Technik der Geräuschzuordnung beherrscht, muss sich an die Grenzen seiner momentanen Fähigkeiten halten! Doch ich scheine sie bereits überschritten zu haben, denn ich werde ohnmächtig und spüre Sekundenbruchteile nach dem totalen 'Blackout' meinen physischen Körper wieder. Das Ich-Gefühl ist dasselbe wie zuvor, nur empfinde ich jetzt einen starren Körper, der sich langsam wieder belebt. Während des Austritts sind vor allem die Arme ganz steif geworden, doch kümmere ich mich nicht darum, denn dieser Effekt scheint mir nebensächlich. Wenn ich mich ein bisschen gedulde, wird sich alles wieder bewegen lassen.
Ich freue mich über den erfolgreichen Versuch und die mir zugedachten Unterweisungen, die mir sehr geholfen haben. Letztere sind das eigentlich Überraschende, denn für mich ist die Stimme auch ein Hinweis auf verborgene Möglichkeiten der Ausserkörperlichkeit.
Nach dem Aufstehen protokolliere ich das Erlebte. Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass ein Uhr knapp vorbei ist. Demnach müssen die Glockentöne, die mich im ausserkörperlichen Zustand verwirrt haben, diejenigen gewesen sein, die eine volle Dreiviertelstunde schlugen. Also bin ich etwa zwanzig Minuten 'draussen' gewesen.
Aber was ist mit dem 'Bellen der Mauern'? Ich stehe (physisch) auf, gehe zum offenen Fenster und lausche in die Nacht hinaus. In der Ferne kläfft ein Hund. Erst jetzt wird mir der Zusammenhang klar!
Wie steht es mit dem Geschauten? Es fällt mir auf, dass einer der Rolläden im Gegensatz zu dem, was ich ausserkörperlich zu sehen glaubte, unten ist. Diese Abweichung gibt mir zu denken. Könnte es sich beim ausserkörperlich gesehenen Umfeld um einen 'psychischen Nahbereich' gehandelt haben, in dem die alltäglichen Eindrücke als beinahe exakte Kopie ein in sich geschlossenes System bilden?
Aber gibt es denn überhaupt verschiedene Ebenen oder ist alles nur eine einzige Wirklichkeit, in der klassifikatorische Netze mit verschiedenen Maschenweiten ausgeworfen werden? Ich weiss es nicht, gehe wieder zurück ins Bett und lege mich hin, denn ich möchte das Experiment ein zweites Mal durchführen. Aber schon nach den ersten Versuchen merke ich, dass zu wenig Energie vorhanden ist, um die Sache durchzustehen. Ausserdem habe ich ein schlechtes Gefühl. Noch habe ich mich nicht mit dem Erlebten auseinander gesetzt. Es hat sich weder gefestigt noch gesetzt. Deshalb wäre es ein Frevel, gleich zur nächsten 'Sensation' zu hasten.
Wenn etwa beim Mittagsschlaf das Radio läuft,
können sich beim Austritt die Meldungen irgendwie mit dem "Traum"
verbinden - und das bewusste Ich sucht krampfhaft, einen Kausalzusammenhang
zwischen den Nachrichten und dem anderweltlichen Geschehen zu konstruieren.
Manchmal haben die beiden Bereiche auch wirklich miteinander zu tun, aber ein
sehr diesseitsbezogenes Ursache-Wirkungsdenken führt automatisch zum
Abbruch einer OOBE.
Während einer OOBE erzwingt ein lautes,
ungewohntes Aussengeräusch eine blitzartige Rückkehr in den
schlafenden Körper und treibt «den Astralkörper schneller in den
physischen Körper zurück als irgend ein anderer negativer Faktor, oft
mit blitzartiger Geschwindigkeit. Wenn dies geschieht, fühlt der physische
Körper immer einen Schock, der manchmal mit Schmerz verbunden ist oder ...
mit einem Gefühl, als würde man in zwei Stücke gerissen»
(S. J. Muldoon & H. Carrington, "Die Aussendung des
Astralkörpers" (Freiburg i.B.: Bauer, [1929] 2. Auflg. 1973 S. 112).
Aber
sogar lauteste Geräusche führen nicht zwingend zum Abbruch einer OOBE
und damit zur Rückkehr in den physischen Körper. Es gelang mir
beispielsweise in einem Haus - es lag etwa 30 Meter neben der
Gotthardbahnstrecke - trotz extrem lauter Bahngeräusche und starken Erschütterungen
aufgrund der vorbeifahrenden Züge - in den OOBE-Zustand zu wechseln und ihn
beizubehalten.
Unbekannte Geräusche erschrecken wegen ihres plötzlichen,
völlig zusammenhanglosen Auftretens. Ob sie nun aufhören oder
andauern, das Ich wird stets auf sie aufmerksam und überlegt sich, woher
sie kommen und in welchem Zusammenhang sie stehen. In manchen Fällen ist es
aber unmöglich, eine Geräuschquelle zu identifizieren. Dies führt
zu einer inneren Unruhe und wirkt sogar Furcht erregend. Zumindest wirkt das Gehörte
aufgrund der Nicht-Identifizierbarkeit unheimlich und sogar grauenhaft. Deswegen
ist die erste Reaktion auf ein Geräusch stets die, dass man es zu
identifizieren sucht.
Meist sind in der Übergangsphase vom Wach-
in den Schlafzustand des physischen Körpers äusserst absonderliche Geräusche
zu hören. Diese werden vom Arzt auch als "Blutrauschen"
bezeichnet, womit sich manche verwirrte Patienten durchaus beruhigen lassen. -
Es rauscht zwar das Blut durch die Adern, aber weshalb wird dies nur zu einem
bestimmten Zeitpunkt gehört und nicht andauernd? Eben - so könnte man
sagen - nur solange, wie die Aufmerksamkeit auf die Geräuschkulisse
gerichtet ist. Man hört das 'Meer" so lange rauschen, wie die Muschel
ans Ohr gehalten wird. Es rauschen die Tannen, wenn der Wind durch die Äste
bläst. Es rauscht ein Wasserfall, der Regen, ein Bach - und es rauschen
beim Flug mit hoher Geschwindigkeit die Flügel. Es brauset und siedet und
zischt - und im Vulkan brodelt die feurige Lava.
Bei einer Assoziation
in diesem Zusammenhang dürften doch sehr "personenspezifische"
Aspekte zum Tragen kommen. Ob sie nun eingebildet sind oder nicht, spielt
eigentlich keine Rolle, denn es geht in erster Linie um die mit der Assoziation
"zugefallene" Ausganssituation. Das Rauschen ist jedenfalls ein
Anzeichen dafür, dass etwas geschieht und geschehen wird. Vormals stille
Welten beginnen sich zu regen. Ein Wind erhebt sich, der Heilige Geist streicht
über das Wasser und macht es lebendig. In den Bäumen flüstern
Geister, die durch die Lüfte schwirren. Um Hausecken und durch Ritzen
pfeift die Luft. Die Zeit der unheimlichen Geräusche, der klapppernden
Fensterläden und knallenden Türen lässt die Geisterstunde
anbrechen.
W.O. Roesermueller erzählt: «Als ich zusammen mit
einem lieben Freunde und einer mit diesem verwandten Dame am Heiligen Abend 1954
um Mitternacht ein Christbäumchen auf deren Familiengrab stellte ... da
wurden wir ... ganz plötzlich von einem gewaltigen Rauschen und Getöse
überrascht und bei wind- und schneefreiem Wetter mit Eiskristallen überschüttet
und bombardiert, so dass wir fluchtartig alle drei den Friedhof verlassen
mussten. Im Januar darauf ... musste dieser liebe Freund hier bestattet werden»
(Gottes Wort gegen den Frevel der Feuerbestattung S. 23).
Das
Rauschen kann durchaus als Zeichen der Ankunft eines mystischen Geschehens
gewertet werden. «Es ist aber häufig vorgekommen, dass es in den Wänden
und Möbeln knackte und krachte, wenn ich mir bestimmte jenseitige Wesen
vorstellte und mich innerlich mit ihnen in Verbindung setzte. Diese Geräusche
haben auch andere Personen ... gehört, und ich habe bemerkt, dass sie diese
Laute von einem gewöhnlichen Geräusch instinktiv unterschieden und
dass sie ihnen unheimlich waren» (Ania Teillard, Die
unbekannte Dimension (Remagen: Reichl, 1959: S. 28)).
Da es bei
einem Ausfall der linken Hirnhälfte zu einer Förderung der rechten
Hirnhälfte kommt, wird die Geräuscherkennung enorm gesteigert.
(Hierzu vgl. "Reise durch das Gehirn" (Unesco Kurier
1/1976 S.13)), woselbst die Ausfallserscheinungen und Steigerungsphänomene
bei Rechtshirnigkeit dargelegt sind.) Alle "Meditationstechniken"
haben letztlich das Ziel, jene Hirnhälfte zu entwickeln und zu fördern,
die bislang "zu kurz gekommen" ist - dabei handelt es sich fast immer
um die rechte. Aber, so sagen "linkshirnige Rationalisten": «sobald
ihr lauschendes Ohr unheilvolles Brausen wahrnimmt, das von heranwogendem Sturm
kündet ... dann muss ... Unflat vernichtet werden» (Klaus
Theweleit, Männerphantasien Bd. 1 (Frankfurt a.M.: Roter Stern, 1977 S.
508)).
In Anbetracht der Tatsache, dass ungewöhnliche Geräusche
nicht nur eine OOBE ankünden, sondern auch mit dem Auftreten paranormaler
Phänomene verbunden sind, scheint diese Forderung durchaus "vernünftig".
Sonst sähe sich der Mensch ja dazu veranlasst, die gewohnte Art des Sehens
und Hörens aufzugeben und die Möglichkeit eines anderen Weltbildes mit
anderen Paradigmen zumindest zuzulassen - und eine Geschichte wie beispielsweise
die von Gutav Meyrink in "Meine merkwürdigste Vision" ernst zu
nehmen.
Meyrink erhält einen Brief von einem Maler, welcher
schreibt: «Ich sass gestern an einem Tisch in meinem Atelier und arbeitete.
Plötzlich hörte ich ein singendes metallisches Geräusch. Ich
drehte mich um und sah einen hochgewachsenen Menschen einer mir fremden Rasse -
eine rote sonderbare Mütze auf dem Kopf - im Raume stehen. Ich begriff
sofort, dass es sich nur um eine Bewusstseinsstörung meinerseits handeln müsste.
Der Mann hielt eine Art Stimmgabel in der Hand, bestehend aus zwei Schenkeln,
mit der er das Geräusch hervorbrachte. In der Mitte der Stimmgabel war ein
Klöppel. Gleich darauf kamen ungeheuere Mengen grosser weisser Insekten aus
dem Boden, die sich gegenseitig zerfleischten, mit ihren schwirrenden Flügeln
den Lärm bis zur Unerträglichkeit steigernd. Noch jetzt höre ich
dieses nervenerschütternde Geräusch in den Ohren»
(Gustav Meyrink: Das Haus zur letzten Latern (München:
Langen Müller, (1927) 1973 S. 283)). - In der Novelle "Das
Grillenspiel" hat Meyrink etwas beschrieben, das er selber in einer Vision
gleich dem Maler gesehen hatte. In dieser Novelle versucht Meyrink, die okkulte
Ursache des Geschehens zu schildern.
Auch von Hitler wird behauptet, er
habe bei wichtigen Entscheidungen eine Art ,Daimonion' gehört, nach dem er
sich richtete. Dabei handelte es sich um ein inneres Rauschen im Ohr. «Wenn
er das spürte, habe er gewusst, dass er auf dem rechten Wege sei. Der
Tiefenpsychologe wird dieses Rauschen wohl durch eine vom Unterbewusstsein
gesteuerte stärkere Durchblutung gewisser Teile des Ohres erklären.
Interessant ist es immerhin, dass ich auch von anderen Menschen weiss, die
dieses Phänomen kennen, es aber nicht als Zustimmung deuten, sondern als höchste
Warnung, dass sie in Gefahr stehen, etwas zu tun, was sich verhängnisvoll
auswirken könnte. Ich weiss, dass solche Leute dabei etwa an das Flügelrauschen
von Odins (Wodans) Raben erinnert werden, wie es ja auch bei Wagner in der 'Götterdämmerung'
an schicksalsschweren Stellen vorkommt» (Gerda Walther,
Der Okkultismus im 3. Reich S. 16).
Das Geräusch des
Rauschens deutet - wie S.B. Kopp in "Triffst du Buddha unterwegs"
(S. 180-181) sagt - auf das Erscheinen des
allumfassenden Geheimnisses des Menschlichen hin: «Einmal am Strand, bin
ich völlig von der Einfachheit der Welt gefangen. ... Kein Geräusch
ausser dem steten Rauschen der Brandung, dem Flüstern des Sandes im Wind
und dem Schreien der fischhungrigen ... Seemöwen. Der Eindruck der Geräusche,
Bilder und Gerüche ist so einfach, dass ich aufschreie vor Staunen über
die plötzliche Erleichterung. Es ist, als hätte die ganze übrige
Zeit ein zu laut eingestelltes Radio eines Nachbarn in meine Ohren geplärrt,
ohne dass ich es bemerkte. Mein Geist ist leer und ich fühle mich wieder
ganz offen und durchlässig.» - Es ist wie das Rauschen eines
Radioteleskopes, das die Schwingungen aus fernsten Galaxien auffängt.
Bereits
aufgrund simpler alltäglicher Ereignisse ist es möglich, auf die
Tatsache aufmerksam zu werden, dass ein seltsames Geräusch das Aufbrechen
einer anderen Erfahrungsdimension ankündigt und begleitet. So entstehen bei
der Überquerung eines Passes mit dem Auto manchmal unangenehme Druckgefühle.
Ein Rauschen im Ohr ist zu hören. Dann klickt es, der Druck ist weg und die
Aufmerkamkeit kann sich vollumfänglich den optischen Eindrücken
zuwenden, die wahrlich überwältigend und wie von einer anderen Welt
sein können.
Vielleicht können die alltäglichen "Bruchstellen"
dazu dienen, den Übergang in den OOBE-Zustand einzuüben, denn die beim
Austritt zu hörenden Geräusche sind eher leise und werden "überhört"
- wie etwa der Flügelschlag eines Nachtfalters (Castaneda) oder das
Trippeln einer Ameise. Aber sie können auch extrem laut und erschütternd
sein.
«Im Augustinerkloster Lough Derg in der irischen Grafschaft
Donegal musste man sich einst zunächst sieben Tage lang reinigen, indem man
fastete, um am achten Tag eine Zelle zu betreten, in der man sich in einen engen
Sarg legte. Am neunten Tag erhielt man die letzte Segnung und stieg sodann in
eine Höhle, ... in deren Tiefe man einen Tag lang verblieb»
(Hans-Peter Duerr, Traumzeit (Frankfurt am Main: Syndikat, 1978
S. 223)). Dann ist ein grässliches Geheul zu hören - und
gleichzeitig kriechen aus der Erde schrecklichste Monster hervor
(vgl. ibid.). Nun - es kann durchaus sein, dass
Derartiges im hypnagogischen Zustand geschieht. Aber zwingend ist es nicht. Die
Erschliessung des OOBE-Zustandes bedarf keineswegs einer durch Kirche und
Glauben erzwungenen Evokation von "schrecklichen Gottheiten". Es sind
nämlich "bloss" die eigenen (und die kollektiven) Vorstellungen,
die den Hervorbruch höllischer Gestalten verursachen oder zumindest begünstigen.
Wenn
es gelingt, in der Übergangsphase vom Wach- in den Schlafzustand des
physischen Körpers bewusst zu bleiben, ist oft eine absolute Finsternis zu
beobachten. Sie kann allerdings von "Bienengesumm" durchsetzt sein.
Dann huschen möglicherweise flimmernde Lichtpunkte herum, die sich zu
Bildern verdichten. Das alles sind Anzeichen dafür, dass sich das ich in
einem "Leerraum" zwischen zwei Welten befindet, dem Alltag und der
Anderwelt. Hier entstehen mit Leichtigkeit die seltsamsten, aber auch die
grauenerregendsten und abscheulichsten Bilder. Nun geht es nicht darum, sich
davon einschüchtern und ins "Bett zurückschleudern" zu
lassen, sondern darum, gelassen und unbeteiligt auf das mayaartige Geschehen
hinzusehen im Wissen darum, dass einem damit etwas völlig Belangloses
vorgegaukelt wird. Es ist allerdings nicht leicht, diese "erste Schwelle"
zu überschreiten und definitiv in den OOBE-Zustand zu gelangen.
Denn
speziell in der "Austrittsphase" kommt es wegen der wesentlich
schnelleren Umsetzung von Gedankenimpulsen beinahe augenblicklich zur
Realisierung einer Vorstellung. Was das Ich aber denken kann, das hängt zu
einem grossen Teil von dem ab, was als Gedächtnisinhalt zur Verfügung
steht - und natürlich auch vom Denkstil. Es gibt gewisse Erinnerungen, die
sich extrem blockierend auswirken oder zumindest einen ungemein prägenden
und formenden Einfluss haben. Solche Wirkungen lassen sich nie vollständig
ausschliessen, sondern nur abschwächen - und zwar durch einen
Wissenszuwachs, der den vormaligen Wissensbestand um ein Vielfaches übersteigt.
In diesem Fall wird das vormalige Wissen zu einer Teilmenge des augenblicklich
zur Verfügung stehenden Wissens. Damit verliert es seine
Ausschliesslichkeit. Es muss nicht überall und jederzeit zum Ausdruck
kommen. Es kann ruhig mal "vergessen" und als überflüssig
aufgefasst werden, weil es nicht mehr identitätsbestimmend ist, sondern nur
noch relativ und situationsbezogen eingesetzt werden kann. Sollte dieses Wissen
in einem Buch festgehalten worden sein, könnte das Buch verbrannt werden.
Bedenklich
wird es, wenn der Zweitkörper beinahe ausschliesslich durch egohafte
Ideoplastie (Gedankenbildekraft) geformt wird und durch die Kraft solcher
Vorstellungen - wie durch plastische Chirurgie - seine äussere Erscheinung
- nicht bloss die Kleidung, auch die Gestalt - erhält. Daraus kann ein "absolut
unintelligentes Phantom" bzw. ein Doppelgänger OHNE jegliches
Bewusstsein oder MIT partieller Bewusstheit enstehen. Solch ein "subtle
body" wütet dann z.B. als Werwolf oder Vampir im OOBE-Zustand in den nächtlichen
Gefilden herum und belästigt andere als Nachtmahr mittels Alpdruck und
sexueller Übergriffe. Tierverwandlungen sind möglich und werden auch
ganz bewusst angestrebt.
Der Werwolf ist ein wenig wandlungsfähiges
Ungeheuer und heult stur den Vollmond an. Wird er "erlöst" bzw. "getötet",
erweist er sich "nur" als Mensch. Wem dies als etwas langweilig
vorkommt, übersieht, dass sich in dieser Gestalt die zyklisch-mondbezogene
Instinktseite des Menschen verkörpert, die jenem Antizyklischen des
Menschseins feindlich gesinnt ist, das sich aufgrund seines sturen
Verhaftetseins mit der physischen Ebene dem transzendenten Erfahrungsbereich
verweigert. Aber weil der Werwolf als Krafttier den Bezug zur Instinktwelt gewährleistet,
scheint eine zyklische Verbindung mit ihm unerlässlich. Sonst kommt es
unweigerlich zu einer Zerfleischung des (schlafenden) "physischen Körpers"
(mit dem sich das Ich identifiert) - und zwar durch den "Zweitkörper"
in Gestalt des Werwolfs. Erst wenn das Ich die "andere Seite" als
Erfahrungsebene akzeptiert, kann der zum Alptraum gewordene Werwolf hilfreich
werden. Es geht um eine Erlösung des Tierkörpers bzw. eine
Transzendierung des physischen Körpers - nicht um eine Erlösung des
Ichs VOM materiellen Leib und einem Absterben desselben.
Wenn der
Schatten als inferiorer Teil der Persönlichkeit und als Summe aller persönlichen
und kollektiven psychischen Dispositionen infolge seiner Unvereinbarkeit mit der
bewusst gewählten Lebensform nicht gelebt werden kann, entwickelt er sich
zu einer relativ autonomen Teilpersönlichkeit. Es kommt zu einem
Zusammenschluss mit konträren Tendenzen im Unbewussten und zu einer
Besetzung des Zweitkörpers, dessen letzte Ausläufer bis ins Reich der
tierischen Ahnen hinunter reichen - der aber auch eine Reihe guter Qualitäten
wie normale Instinkte, zweckmässige Reaktionen, wirklichkeitsgetreue
Wahrnehmungen und schöpferische Impulse aufweist.
Die
Frauenseelen, welche die Schlafenden als Nachtmahre belästigen, irren wohl
deshalb im ausserkörperlichen Zustand als "subtle body" mit
partieller Bewusstheit herum, weil die Frau auf dem "Erdenplan" allein
oft keine Lösung ihrer ("sensitiven") Probleme findet. Eine
solche liesse sich eben nur durch eine Verbindung der verschiedenen
Erfahrungswelten erreichen.
Ein Rauschen, das nur einen Augenblick dauert, entspricht einem Klick, einem Klopfen, einem Knall oder einer Explosion und ist kennzeichnend für einen eher ruckartigen Durchbruch in eine andere Dimension.
Am 12. November 1975 lege ich mich nachmittags um 14:00 Uhr hin und schlafe bis etwa 16:30. Der Übergang in den luziden Traumzustand geschieht eher ruckartig, denn plötzlich stehe ich mitten in einem Bahnhof auf einem Bahnsteig. Nach ein paar Schritten steige ich in den wartenden TEE-Zug und gehe in das hinterste Abteil, d.h. in den rückwärtigen, unbesetzten Lokführerstand. Hier lässt es sich bestens hinausblicken. Alsbald fährt der Zug los.
(April 2002 Mit einem besonderen Dank an Christoph Roos, der das Geschehen mitbedacht und kommentiert hat!) Hier scheint sich doch ein gewisser Zielkonflikt in Bezug auf die Fortbewegungsdynamik im luziden Traumzustand abzuzeichnen. Ein luzides Ich wäre eigentlich kein gewöhnlicher Fahrgast, der sich vom Traumgeschehen nur mittragen lässt und keinerlei Einflussmöglichkeiten hat. Es könnte sogar den Platz eines den Traum mitgestaltenden, LEITENDEN Lokführers einnehmen - also von jemandem, der die "lineare" Strecke bestens kennt und auch frontal angeht. 1975 erkannte ich das in letzter Konsequenz noch nicht, denn ich hatte eben erst begonnen, mich vom Standpunkt der Tiefenpsychologie abzusetzen und selber IM Traumgeschehen den Standpunkt des Zugführers zu übernehmen, die ganze Sache frontal anzugehen und mit beiden Augen bzw. beiden Hirnhälften zu betrachten. Zunächst wollte ich nicht "vorpreschen" und blieb nach hinten d.h. nach "rückwärts" hin orientiert.
Nach wenigen Minuten stoppt der TEE und fährt in die entgegengesetzte Richtung. Nun sitze ich - was ich allerdings erst nach einer gewissen Zeit bewusst realisiere - an vorderster Stelle.
(April 2002) In einem Sackbahnhof wird die Lok "hinten" angehängt und zieht dann den Zug wieder vorwärts. Dieser TEE-Zug lässt sich von "hinten" und von "vorne" steuern. Noch bestehen aber Unklarheiten, denn die gesamte Zugskomposition kann sowohl von vorn (vom "klassischen Konzept" des Traum-Ichs her betrachtet), als auch von hinten (vom luziden Ich aus gesehen) gesteuert werden. Offenbar entscheide ich mich - aus Bequemlichkeit - erst für die passive Fahrgastposition und für ein entspannendes Reisen. Aber irgend etwas kehrt die Sache um, "katapultiert" mich sozusagen nach vorn und bringt mich in arge Verlegenheit.
Der Gedanke «Der Lokführer wird gleich kommen und seinen Platz einnehmen!» ist doch beruhigend. - Er bleibt jedoch - aus Gründen, die mir nicht bekannt sind - "hinten". Das scheint mir ungewöhnlich. Es ist sogar ein bisschen unheimlich, denn der Zug fährt rasend schnell durch eine winterlich verschneite Ebene.
(April 2002) Mir ist nicht sonderlich wohl beim Gedanken, nun als luzides Ich in eigener Verantwortung handeln zu müssen. Vorerst kann ich mich nicht dazu aufraffen, etwas zu unternehmen und beispielsweise den Zug in seiner Eigendynamik und "Eingleisigkeit" zum Stoppen zu bringen.
Die Ebene erstreckt sich bis zum Horizont und bietet einen einmaligen, phantastisch wunderschönen Ausblick. Die Landschaft ist sehr beruhigend, bietet für das Auge eine zutiefst erholsame Sicht und ist minutenlang zu geniessen.
(April 2002) Luzide Träume ermöglichen eine Tiefenentspannung, die ungemein wohltuend sein kann, und entsprechen somit einem tiefen Meditationszustand. Verloren gegangene Energien werden regeneriert. Die Müdigkeit verschwindet und wird vollständig aufgehoben. Viele meinen, nur ein Schlaf ohne Bewusstheit könne Erholung bringen. Dies ist eines der grössten Fehleinschätzungen der "westlichen Welt" in Bezug auf den Traumzustand als solchen. Tatsächlich erholt sich ein im Traumzustand waches Ich wesentlich schneller als ein nicht-luzides "Traum-Ich". - Es gibt allerdings ein grosses Problem, denn Luzidität und Verdrängung schliessen sich gegenseitig aus. Deshalb wird das Ich früher oder später mit all dem, was an individuellen und kollektiven Komplexen vorhanden ist, konfrontiert werden. Das lässt sich prinzipiell nicht vermeiden, denn es gehört unabdingbar zur Bewusstwerdung und zur Bewusstheit. Vermutlich ist diese Notwendigkeit bzw. die Unmöglichkeit der Verdrängung der eigentliche Grund dafür, dass die Luzidität abgelehnt und vor luzidem Träumen gewarnt wird.
Da niemand kommt, lehne ich mich gemütlich im gepolsterten Sitz zurück und verschränke die Arme hinter dem Kopf. Im Armaturenbrett ist ein Radio mit sechzehn beschrifteten Wahltasten. Ich drücke UKW 1, lausche aufmerksam der Musik und schaue weiterhin aus dem Fenster.
(April 2002) Noch habe ich Die Balance des Standpunktes nicht gefunden und wirklich erkannt, dass "luzides Träumen" wesentlich mehr als Wunscherfüllung bedeutet. Und noch wage ich den "Sprung" von der Tiefenentspannung zur eher wertenden "Luzidität versus Verdrängung" nicht.
Nach einigen Minuten schlafe ich ein, werde aber bald durch leise Klopfgeräusche geweckt.
«Könnte das der Schaffner sein, der das Ticket kontrollieren will?»
Aber es ist bloss eine ältere Frau mit ihren Kindern, die vorne rausschauen wollen. Doch die Tür ist etwas verklemmt und niemand kommt rein. So lehne ich mich wieder im Sitz zurück und döse weiter vor mich hin.(April 2002) Musikhören und Schlafen (!) IM luziden Traum sind weitere Entspannungsmöglichkeiten, die weitestgehend unbekannt sind. Es sollte vielleicht mehr darauf geachtet werden, dass Luzidität im Traum die Voraussetzung für Derartiges ist.
Die Klopfgeräusche stammen wahrscheinlich von "draussen", sind jedoch passend ins Geschehen eingebaut. Das Verklemmtsein der Tür zeigt, dass es durchaus möglich ist, derartige "Störungen" - sofern sie leise sind - nicht zum Durchbruch kommen zu lassen. Eine Rückkehr in den Alltag wird vermieden, denn meine Frau und unsere beiden Kinder achten offensichtlich darauf, dass mein Mittagsschlaf nicht unterbrochen wird.
Tatsächlich scheint sich ein "Ebenenwechsel" des subjektiven Erfahrens anzudeuten. Die Klopfgeräusche, der Fahrkarten kontrollierende Schaffner und die Frau mit den Kindern bilden offensichtlich ein Gemisch aus Traumgeschehen und Alltag. Damit werden die verschiedenen Ebeneneinflüsse miteinander zu einem Bild verwoben. Dieses verhindert den Abbruch des Traumgeschehens auf zweifache Art. Es kommt nicht zum Erwachen im Bett und es kommt nicht zu einem "Abtauchen" in einen normalen Traum. Die Luzidität bleibt erhalten! Ein Wechsel scheint sich langsam zu vollziehen, aber noch ist die luzide Ebene nicht stabilisiert und der Übergang ist etwas verklemmt. Irgendwie flippe ich interpretativ hin und her und drohe in einen Normaltraum abzugleiten, döse weiter und achte gleichzeitig darauf, dass der Mittagsschlaf nicht unterbrochen wird.
Der Zug hält an und aus dem Führerhäuschen wird ein kleiner Vorraum mit einer Treppe, die in die Tiefe führt. Ganz bewusst beobachte ich den Verwandlungsprozess und erkenne schliesslich einen Teil eines gigantischen Gebäudes. Es muss sich um ein Wasserkraftwerk handeln.
(April 2002) Jetzt übernimmt das "Unbewusste" die Regie, beendet die bisherige Dynamik und stabilisiert das luzide Ich auf einer anderen Ebene. Der Überblendungseffekt dürfte allerdings ein "ideoplastisches" Konstrukt sein. Ein abrupter Wechsel, der zum Verlust der Bewusstheit hätte führen können, wird damit verhindert. Der Übergang liesse sich insofern steuern, als dabei eine bestimmtes Ziel angepeilt wird. Es ist allerdings klüger, einfach nur hinzusehen und auf eine Kontrolle zu verzichten. So wird es nämlich der Dynamik des "Unbewussten" möglich, sich zu manifestieren. Es kann nie ausgeschlossen werden, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt wichtig wäre, einen bislang unbewussten Komplexbereich bewusst zu erschliessen. Worum es dabei geht, weiss das "Unbewusste" bzw. das "innere Wissen" stets wesentlich besser als das Ich. Für das Ich ist nur von Bedeutung, dass es die Luzidität in diesem Augenblick nicht missbraucht, sondern nur mal still "hinhört" und demütig "hinsieht". Wenn es dabei achtsam bleibt und seiner Verantwortung bewusst bleibt, missbraucht es die Luzidität nicht zu egohaften Zwecken. Ein Ich, das sich so verhält, ist nicht inflationär und wird nicht überfordert.
Das Wasserkraftwerk ist wahrscheinlich ein symbolischer Ausdruck dessen, was vom "Unbewussten" ausgedrückt bzw. dargestellt werden will. Die Dynamik des Unbewussten kann durchaus unterschiedliche Bildananlogien aufbauen. Und zwar so lange, bis sie meint, das Ich hätte nun begriffen WORUM ES GEHT. Die Luzidität muss sich dabei interpretativ zurückhalten und die Dinge entstehen lassen ohne zuviel verstehen zu wollen. Sonst geraten die "Bildekräfte" in Aufruhr und fügen immer neues Datenmaterial zusammen. Was eigentlich ein DIALOG wäre und somit eine gute Sache, scheitert meist an der Luzidität, weil das bewusste Ich die Tendenz hat, alles innerhalb seines bewussten Bezugrahmens zu interpretieren, die Bilder auf Bekanntes zurückzuführen (Kryptomnesie) und innerhalb des alten Paradigmas zu bleiben. Oder - wenn es das nicht mehr schafft - überfordert ist und entweder (im Bett) aufwacht oder in ein unbewusstes Traumgeschehen abgleitet.
Da ich - wie mir plötzlich klar wird - irgend welche Papiere zu überbringen habe, steige ich die vielen Treppenstufen hinab und gelange schliesslich in einen grossen Raum. Kein Mensch war bislang zu sehen, doch nun ist da eine Art von Büro, in dem Männer und Frauen sitzen. Unterwegs zum Grossraumbüro komme ich ins Rutschen und plumpse in einen Wassergraben, denn der Boden an der linken Mauer klafft plötzlich auf.
(April 2002) Wenn ein luzides Ich zurückhaltend bleibt, kommt es nicht zu einem Abblocken "aufkeimender innerer Gegebenheiten" durch eigene Vorstellungen und Wünsche. Dies erfordert natürlich ein Stillwerden der Egohaftigkeit. Sobald das Ego schweigt, kann das Ich das Flüstern der inneren Stimme hören und jene kleinen Dinge sehen, die unscheinbar am Wegesrand liegen. Dabei kommt dem Ich auch ein "inneres Wissen" zu Hilfe und es kann beispielsweise feststellen, dass es gilt, eine Aufgabe zu erledigen.
Aber nur selten wird eine von den gängigen Regeln abweichende Aufgabe innerhalb eines kollektiven Rahmens zu erledigen sein, denn die mit der Aufgabe verbundene Fragestellung fällt durch die Maschen des Vorgegebenen. Es gibt deshalb "Gräben" und "Risse" auch in dieser "unteren Wasserkraftwerk-Welt". Sie zeigen - wie alle "Löcher" in einem Netz -, dass irgend welche Lücken vorhanden sind. Eine der Ursachen hierfür könnte die erzwungene Kollektivierung und NUTZBARMACHUNG der Wasserkraft durch Technokraten sein. Sie haben das Werk erbaut, verwalten es und betrachten es nun als ihren Besitz. Damit dürfte nicht nur die Tiefenpsychologie mitsamt ihren bahnenden Erschliessungs- und Kontrollversuchen gemeint sein, sondern - in einem viel weiteren Umfang - das Delegieren an Fachleute bzw. das Abschieben der Eigenverantwortung.
Ich rutsche etwa 50 Zentimeter hinunter und stehe nun in einem Wasserkanal, der zum grossen Seebecken führt. Jetzt muss ich mich (hier in diesem luziden Traum) bewusst entscheiden. «Soll ich mich fallen und mitreissen lassen, um auf ungewissen Wasserwegen irgendwohin gespült zu werden?» Dies würde wohl einer "religiösen" bzw. rückbezüglich, zurückhaltend-abwartenden Haltung entsprechen, die sich dem Energiegefälle des Wasserlaufes überlässt. Diese Einstellung wird jedoch gefühlsmässig nicht bestätigt und scheint hier nicht angebracht zu sein - im Gegensatz zu diversen anderen gleichartigen Situationen, in denen ich mich dem Geschehen anvertrauen musste und mitzugehen hatte. So steige ich wieder aus dem Graben, gehe ins Büro und nehme - wie mir scheint - den ganz normalen, "prosaischen" Weg.
(April 2002) Die Wasserkanäle wurden künstlich angelegt. Würde ich mich vom strömenden Wasser mitreissen und treiben lassen, müsste der eigene Standpunkt aufgegeben und mit dem Strom geschwommen werden. Das hiesse, innerhalb der vorgegebenen Bahnungen zu bleiben und betonierten Pfaden zu folgen - bis hin zu einem Schulabschluss, d.h. dem Psychotherapie-Diplom. Noch schwanke ich und habe ein schlechtes Gewissen beim Gedanken, mich den bestehenden Energiebahnungen anzupassen und mitzuschwimmen. Denn die Sache stimmt vom Gefühl her gesehen eindeutig nicht. Obwohl sich dies vorerst nicht begründen lässt, entscheide ich mich für den "Ausstieg" und nehme einen "prosaischen" bzw. - wie sich gleich zeigen wird - den erkenntniskritischen Weg.
Im Büro zeigt mir ein Mann eine grossen Stadtkarte und macht mich mit den von mir zu bewältigenden Aufgaben bekannt. Sie scheinen recht absurd, denn es soll als VOR-Übung zu einer nachfolgenden Trockenübung ein ganzes Kraftwerk geplant werden. Mittels Aufkleben einzelner Kartonkärtchen sind auf der Stadtkarte die Geldgeber, Erbauer usw. zu markieren. Mir scheint dies alles irgendwie mit den Studien an der Universität und am Jung-Institut zusammenzuhängen und grundlegend bürokratisch zu sein.
Der Mann zeigt, wie es zu machen wäre und nimmt vom Plan ein Kärtchen, um es an eine andere Stelle zu kleben. Beim Versuch der Umplazierung wird jedoch das Papier zerrissen, weil der Leim zu stark haftet. - Mir scheint diese Art des Vorgehens viel zu umständlich und zu wenig durchdacht. Was soll überhaupt diese VOR-Übung zu einer Trockenübung? In keinem Moment kommt es zu Wechselwirkungen mit realen Verhältnissen. Real wird dann alles anders aussehen. Die Sache ist also ein richtiger Leerlauf. Nachdem mir dies bewusst geworden ist, übergebe ich - gemäss Auftrag - kommentarlos die beiden Papierrollen, gehe aus dem Büro und schnellstmöglich aus dem Gebäude.(April 2002) Diese Sequenz wiederspiegelt vor allem meine Studiensituation am C.G. Jung-Institut. Ich hätte mich am Institut und in der Schulanalyse mit dem GELTENDEN BEZUGSSYSTEM vetraut machen und lernen müssen, Unbekanntes auf "Bekanntes" zurückzuführen. Eine Verdrängung wurde insofern gefordert, als gewisse Daten aus LD's und OOBE's schlicht zu vergessen waren, weil sie NICHT ins vorgegebene Schema passten. Bezugssystemsfremde Daten wurden apriori als wissenschaftlich nicht korrekt bezeichnet. Werden sie dennoch miteinbezogen, müssen sich entweder die Rahmenbedingungen ändern oder es müssen Sachverhalte wie Bewusstseins-Kontinuität, bewusstes Fliegen und bewusstes Handeln auf Widerstände und Infantilismen zurechtgestutzt werden. Das "Zurechtbiegen" ist aber keine Verdrängung im "klassischen" Sinn - aber wahrscheinlich ein noch sehr viel grösserer Stolperstein als diese. Es fiel mir damals sehr schwer, die mit dem Geschehen im Kraftwerk verbundenen Erkenntnisse zu akzeptieren und konsequent zu handeln.
Bei den Papieren dürfte es sich um LD- und OOBE-Protokolle handeln. Erstaunlich ist, dass das "Unbewusste" klar Position bezieht und mich - trotz all meiner Bedenken und Widerstände - deutlich darauf hinweist, worum es geht. Es wird gezeigt, dass ein derartiges Kraftwerk-Konstrukt einem - von einer institutionalisierten Bürokratie organisierten - LEERLAUF gleichkommt.
Bevor ich definitiv gehe, ist noch ein "Nachspiel" zu bestehen, das mir gewisse Schwächen verdeutlicht.
Auf dem Vorplatz des Kraftwerkgeländes betätigen sich Angestellte sportlich und trainieren vor allem eine sehr harmlose Art von Karate - eher so etwas wie Gymnastik und nicht Tai Chi. ... Nach einigen hundert Metern komme ich zu einer Sandgrube, in der ein Karatekämpfer hart trainiert. ... Da es nicht leicht sein dürfte, dem Sog dieser "Kraftwerkwelt" zu entkommen, muss ich etwas tun. Denn geheime Kräfte zerren an mir, die mich zurückzuhalten suchen und mich sogar in ihren Bann ziehen wollen.
So springe ich am Rand der Sandgrube hoch in die Luft mit einem Yoko Tobi Geri und vollführe beim Hinunterfallen eine kreisende Bewegung wie bei einem tiefen Mawashi Geri, wobei ich mit dem rechten Fuss den Sand vom Rand gegen die Mitte zu schiebe. Auf diese Weise wird bei der Ausführung der beste Karatekämpfer der Kraftwerkbelegschaft unter Sand derart begraben, dass er total kampfunfähig wird.
Der Gegner wird dabei nicht verletzt. Meine Technik ist insofern der Normaltechnik überlegen, als der Gegner nicht unterliegen kann. Sie bewirkt bloss, dass er und alle Zuschauer sofort sehen können, dass meine Art des Vorgehens es dem Gegner total verunmöglicht, kampfmässig innerhalb des normalen Regelsystems zu reagieren. Die technischen Unterschiede sind viel zu gross. Und sie wären auch zu gross, um ins gewohnte Schema zu passen. Würde ich versuchen, meine Technik in Konkurrenz mit der anderen zu setzen, müsste meine Kampfweise gemein und unfair werden. Ich selber wäre dann ein hinterhältiger "Spieler", der nur danach trachtet, besser als andere zu sein, seinen Gegner "fertig" machen zu wollen und ihm die menschliche Würde zu nehmen. - So bin ich denn doch recht froh, korrekt gehandelt zu haben - in einer bestmöglichen adäquaten Weise. Jetzt ist alles so weit erledigt, dass mich niemand mehr beachtet.(April 2002) Praktisch ging es darum, eine Metatheorie zu konzipieren und die BK als (wünschenswerten) Normalfall zu postulieren. Die BK kann (und soll) während 24 Stunden pro Tag bestehen bleibt. Das von der Psychologie als "Traum" bezeichnete Geschehen wird aber von einem Ich erlebt, das KEINE 100%ige BK aufweist. Damit beschäftigt sich die Psychologie - und nicht mit LD's und OOBE's.
Die besten "fernöstlichen Kämpfer" am Jung-Institut waren wohl Heinrich Zimmer, Richard Wilhelm und J.W. Hauer. Es könnte durchaus sein, dass sich diese irgendwie in der paradigmatischen Falle der Komplexen Psychologie verheddert haben. Denn der Versuch, fernöstliche Meditations-Techniken psychologisch zu erfassen, führte dazu, dass sowohl LD's wie OOBE's nicht problematisiert werden konnten. Das "Fremdartige" wurde in bekannte Kategorien eingeteilt, entwurzelt und durch die Jungsche Psychologie vereinnahmt.
In Bezug auf das Karate wäre noch anzumerken, dass jene "Traditionalisten" in Japan, die allzu starr an der förmlichen Ausübung der Kampfkunst hingen, etliche schwere Niederlagen einzustecken hatten - von Kämpfern, die das klassische Regelsystem "umgingen" und freier interpretierten. Die "Neuen" waren unbelastet vom traditionalistischen Ballast. Und der kann ja auch zu einem "Klotz am Bein" werden.
Das sogenannte "Unbewusste" drückt sich sehr deutlich aus und bedient sich hier einer stark "jungianisch" geprägten Traumsprache. Da ich diese "linkshirnig" einigermassen beherrsche, fällt es mir relativ leicht, sie zu verstehen. Die "andere, rechtshirnige Seite" bestätigt letztendlich meine Sichtweise. Der ganze Aufwand dient wohl dazu, Bekanntes bildlich in verstärkter Form darzustellen. Die Luzidität wird stabilisiert und die ganze Sache wird für mich plastisch greifbar, denn das Ich erhält zusätzlich zum intellektuellen Wissen die Möglichkeit, die Problematik auch wirklich "bildlich" zu begreifen. Der tiefenpsychologische Begriff "Unbewusstes" mitsamt seinen Implikationen scheint - wie im Traumgeschehen dargestellt - problematisch, denn innerhalb eines solchen Regelsystems ist keine Lösung zu finden. Das Denkmodell ist und bleibt in sich selber geschlossen. Ihre Vertreter sind durchwegs mit Planspielen und "Risse flicken" beschäftigt.
Es geht jedoch für mich nicht darum, das Konzept "Normaltraum" gegen das Konzept "Luzidität im Traum" auszuspielen und mich innerhalb eines universitär-jungianischen Rahmens zu profilieren. Ich muss den Sachverhalt bloss korrekt einzuschätzen.
Ich verlasse den Ort und gehe. Aufgeschreckt durch ein merkwürdiges Geräusch blicke ich nochmals zurück. Mir ist sofort klar, dass das gewaltige Wasserwerk zusammenfallen wird. Und mit rasender Geschwindigkeit stürzt es tatsächlich ein, das Dach zuerst und dann die Mauern. Ich erwarte ein gewaltiges Beben und sogar eine Springflutwelle, denn die schweren Gemäuer werden in das riesige Wasserbecken stürzen.
Noch bebt die Erde nicht, noch entquillt ihr kein Wasser. Die Leute auf dem Platz können sich deshalb problemlos in Sicherheit bringen, denn es gilt, möglichst schnell aus diesem Tal wegzukommen. Ich laufe ein Stückchen weiter - auf demselben Weg wie alle anderen. Doch plötzlich fühle ich mich unbehaglich, denn dieser Fluchtweg scheint gefährlich - das Wasser wird hier durchkommen und alle werden ertrinken.
Ich halte inne und schaue mich um. Rechts hetzen Rehe und Hirsche und andere Tiere einen steilen Hang hoch. Auch von der anderen Talseite kommen aufgeschreckt Tiere angerannt. Ich schliesse mich dem Zug an - im Wissen darum, dass Tiere ihrem Instinkt folgen.
Einigen Leuten um mich herum erzähle ich von meiner Beobachtung. Nur wenige achten darauf und schlagen denselben Weg wie die Tiere ein. Alle anderen setzen sich über die Reaktionen der Hirsche und Rehe hinweg - mit und ohne Begründung. Manche sagen "Es sind nur Tiere!", andere äussern sie sich so: "Vom Kraftwerk kam keine diesbezügliche Order!". Einer der Gründe ist auch die "Ablehnung meiner Person".
Nur wenige Leute laufen schliesslich zum steilen Hang. Zunächst rennen wir durch einen lichten Herbstwald, der schön und sehr friedlich ist. An einem der Bäume steht ein grosser Braunbär. Mich wundert, dass Rehe und Hirsche furchtlos nahe am Grizzly vorbeirennen. Nun denn, die Katastrophe bettrifft ja alle gleichermassen.
Die Kletterei wird zu einem extrem mühsamen Unterfangen, denn es wird immer steiler und steiler. Eine Gemse versucht etwa zwanzig Meter vor mir hochzuklettern und hat dabei grösste Schwierigkeiten. Endlich bin ich - wie auch andere - knapp unterhalb der etwas überhängenden oberen Kante. Es gibt kein Weiterkommen mehr!
Verzweifelt umklammere ich gelbe, verdorrte Grasbüschel und versuche mich hochzuziehen. Aber die Gräser geben nach! Schon will ich resignieren, da reagieren die Erde und das Wasser auf den Zusammensturz des Kraftwerkes. Ein Beben erschüttert den Untergrund und pflanzt sich wie eine Welle bis zu uns hinauf. Das ist unsere Rettung! Die Wand, an der wir "kleben" kippt um beinahe 9O Grad zurück. Wir können aufstehen und problemlos weitergehen. Wir sind gerettet!
Bald sehe ich im Tal Häuser. Sie scheinen alt und zerfallen. Als hätte seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten niemand mehr diesen Ort betreten - ausser den Tieren. Die Holzbalken der Gebäude sind vom Alter total schwarz.
Konvertierung zu HTML April 2002
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©Werner Zurfluh